Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Blutkelch

Der Blutkelch

Titel: Der Blutkelch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
Vom Netzwerk:
sein.«
    »Hat sie schon immer so einen Hang zu Büchern gehabt?«
    »Ich glaube, den hat sie erst, seit ihr Sohn, Bruder Donnchad, von der Pilgerfahrt zurück war. Seither nimmt sie an all diesen Dingen auffallend lebhaften Anteil.«
    »Was meinst du mit ›all diesen Dingen‹?«
    »Ich habe gehört, sie lässt sich sämtliche Bücher und Manuskripte aus unserer Bibliothek bringen, die von den Grundsätzen unseres Glaubens handeln.«
    »Dann hat sie wohl eine Übereinkunft mit dem Abt getroffen, sich von Zeit zu Zeit Handschriften aus der Bibliothek auszuleihen?«
    »Mit dem Abt?« Bruder Máel Eoin grinste. »Ich nehme an, der weiß nichts davon. Nein, wahrscheinlich hat sie mit Bruder Lugna so eine Vereinbarung. Bruder Donnán musste ihr schon Bücher nachtragen, die sie selber hätte mitnehmen können.«
    »Wie kommst du darauf?« Fidelmas Neugier war geweckt.
    »Das war an dem Abend, als sie hier war, um mit Bruder Donnchad zu reden, an dem Abend, als er später tot aufgefunden wurde. Sie war in der Abtei, aber kurz darauf musste Bruder Donnán ihr Handschriften hinterhertragen.«
    »Woher weißt du das?«
    »Ich hab’s von Bruder Gáeth. Der hat auf dem Feld neben der Straße gearbeitet und hat Lady Eithne vorbeireiten sehen auf dem Weg zu ihrer Burg. Bald danach ist er zur Abtei zurückgegangen und ist dabei Bruder Donnán begegnet, der mit Büchern aus der Bibliothek zu ihr hintrabte. Als Herrin über unsere Region hier steht ihr das wohl zu, aber mir tutder arme Bibliothekar leid, der auf diese Weise als Botenjunge benutzt wird.«
    Eine Glocke läutete zum
etar-shod
, zum Mittagsmahl.
    Im
refectorium
traf Fidelma nur auf Gormán. Glassán und Saor nahmen das Essen offenbar mit ihren Arbeitern ein, so saßen sie beide allein am Gästetisch. Fidelma war nicht zum Reden aufgelegt, zu vieles ging ihr durch den Kopf. Nach dem Mittagessen zog es sie wieder zum Hospital, sie fand dort aber nur den Arzt vor. Das Krankenbett war leer.
    »Ich hab ihn nicht halten können«, erklärte Bruder Seachlann, als sie eintrat und sich umschaute. »Er ist ein solcher Dickkopf. Kaum war er wach, da wollte er zurück ins Gästehaus. Ich bestand darauf, dass er wenigstens Suppe und Brot zu sich nahm, um zu Kräften zu kommen. Das hat er dann auch getan, bevor er loszog. Ich habe eine Salbe für den Stirnverband bereitet, und in dem Krug hier ist ein Aufguss, falls ihn noch Kopfschmerzen plagen. Bring ihn dazu, dass er beides nimmt. Er hätte eigentlich bis zum Abend hierbleiben müssen.«
    Fidelma bedankte sich rasch, eilte zur Gästeherberge und dort sofort in Eadulfs
cubiculum
.
    Eadulf lag halb aufgerichtet auf seiner Bettstatt.
    »Kannst du mir schildern, was dir zugestoßen ist?«, bat sie ihn und setzte sich ans Bett. Er schien kräftig genug, mit ihr zu reden.
    »So richtig eigentlich nicht, abgesehen davon, dass ich irgendwie niedergestreckt wurde.« Er schnitt eine Grimasse. »Scheint, so was passiert mir öfter.«
    Sofort dachte auch Fidelma an die herabstürzende Statue, die beide um ein Haar erschlagen hätte im Frühsommer in der alten Abtei von Autun. Damals hatte jemand das Mauerwerk gelockert, um sie beide umzubringen.
    »Mach schon, Eadulf«, drängte sie, »erzähl mir genau, was los war. Was hast du nachts auf der Baustelle gewollt? Du weißt doch, wie gefährlich so was ist.«
    »Also wenn du es wissen willst, ich bin einer Idee nachgegangen.«
    »Nämlich?«
    »Als ich hier so lag, fielen mir die langen Leitern ein, die zum Bau von Mauern gebraucht werden. Ich wollte prüfen, ob eine so lang war, dass sie bis zu Bruder Donnchads Fenster reichte.«
    »Hatten wir den Gedanken nicht längst verworfen?«
    »Du hast gesagt, nur ein kleines Kind würde es schaffen, durch das Fenster zu klettern.«
    Fidelma seufzte. »Glaubst du immer noch, der kleine Gúasach hätte durch das Fenster einsteigen und Bruder Donnchad töten können?«
    »Habe ich angenommen, und außerdem …« Er schwieg und zuckte die Achseln. »Die Geschichte mit Glassán hat mir keine Ruhe gelassen. Was, wenn Donnchad hinter Glassáns geheimnisvolle Vergangenheit gekommen war und gedroht hatte, den Abt zu unterrichten? Glassán hätte ein gutes Motiv gehabt und den Jungen zwingen können …«
    Fidelma unterbrach ihn mit einem energischen Kopfschütteln.
    »So geheimnisvoll ist Glassáns Vergangenheit gar nicht. Bruder Lugna kennt sie bestimmt, ich brauche nur an seine Reaktion zu denken, als ich vorgestern Abend Laighin erwähnte. Ich glaube

Weitere Kostenlose Bücher