Der Blutkönig: Roman (German Edition)
»Ich will nicht, dass du einsam bist. Also werden wir uns vielleicht heute Nacht freigeben?«
»Ich werde nie aufhören, dich zu lieben, das weißt du.«
»Ja, ich weiß. Aber da ist mehr Platz in deinem Herzen als nur für eine Liebe.«
Tris streckte seine magischen Sinne nach Rics Geist aus und fühlte, wie sich Vollständigkeit und ruhige Ergebenheit in ihm ausbreitete.
Eine kleine Bitte noch, M’Lord, bevor Ihr mich zur Ruhe schickt , bat der Geist, als Tris das Übergangsritual begann. Gebt mir die Macht, ich bitte Euch, mich noch einer Person sichtbar zu machen .
Tris blieb auf den Ebenen der Geister stehen und verstand. Ich werde dir helfen , versprach Tris. Wenn du bereit bist, dann komm zu mir zurück und ich werde dich zur Ruhe schicken .
Carina stand schweigend da und starrte immer noch auf die Stelle, an der Rics Geist verschwunden war.
Tris nahm sie in die Arme und ließ sie sich an seiner Schulter ausweinen. »Warum gehen wir nicht in unsere Räume zurück? Ich werde Kiara bitten, dass sie bei dir bleibt.«
»Danke«, murmelte sie und sah auf zu Tris. »Danke von uns beiden.«
E S WAR EIN sehr langer Tag gewesen. Vahanian warf seinen Umhang über einen Stuhl in seinem Raum und goss sich ein Glas Brandy ein. Durch den Hof der Geister und den bitterkalten Wind, der draußen heulte, glaubte er, ihm würde nie wieder warm werden. Vahanian nippte am Brandy und rückte näher ans Feuer.
Plötzlich sank die Temperatur im Raum noch weiter und Vahanian spürte ein Prickeln im Nacken. Er hatte das den ganzen Abend gespürt, als er über Tris am Hof der Geister gewacht hatte.
»Wer ist da?«, fragte Vahanian herausfordernd und seine Hand fiel aus alter Gewohnheit auf sein Schwert.
Gerade am Rand des Feuerscheins materialisierte sich ein Geist, bis das Abbild eines jungen Mannes in der Uniform der Ostmark-Söldner vor ihm stand. Es war der gleiche Geist, den er während des Sonnenwendfestes in der Menge gesehen hatte. Vahanian nahm die Uniform in sich auf, den Fleck der tödlichen Wunde und die unübersehbare Ähnlichkeit mit Gregor. Er spürte gleichzeitig Begreifen und Eifersucht.
»Du weißt, wer ich bin?« Der Geist hob seine Hände, die Handflächen nach oben, als wolle er um einen Waffenstillstand bitten.
»Ja.«
»Achte gut auf Carina. Behüte sie und beschütze sie vor allem Unglück.« Der Geist hob eine Hand in einer Abschiedsgeste und verblasste zu Vahanians Überraschung ohne ein weiteres Wort.
Allmählich wärmte das Feuer wieder den Raum und ließ damit den einzigen Beweis dafür, dass der Geist hier gewesen war, verschwinden. Aber Vahanian saß, in die Funken starrend, den Brandy unberührt, noch bis tief in die Nacht.
KAPITEL ACHTZEHN
I M P ALAST WURDEN die Vorbereitungen für den Angriff auf Margolan fortgesetzt. Tris, Vahanian und Kiara trafen sich jetzt öfter mit den Söldnern und Stadens militärischen Ratgebern. Carina und Carroway dagegen fanden die eine oder andere Lücke in ihren Tagen. Tris’ Übungen bei der Schwesternschaft nahmen immer noch einen Teil seiner Zeit ein, aber da seine Fähigkeiten in Magie und Selbstverteidigung immer besser wurden, wurden Carinas Talente immer seltener gebraucht. Ihr selbst gab das die Gelegenheit, sich von den Anstrengungen der letzten Zeit ein wenig zu erholen. Carroway fand zum Ende der Festlichkeiten, den Lustbarkeiten und dem ständigen Verlangen nach Unterhaltung ebenfalls auf einmal mehr Zeit.
Carroway und Carina leisteten sich gegenseitig Gesellschaft in einem Wohnzimmer nahe des Speisezimmers, wo Carina ihre Tränke und Pulver zubereitete. Carroway nutzte die Pause, um an neuen Liedern zu arbeiten und versuchte, einige besonders packende Balladen und bewegende Melodien zu komponieren, die helfen würden, sein Publikum mitzureißen. Royster gesellte sich häufig hinzu, um mit Carroway sowohl an den Liedern als auch an der Geschichte zu arbeiten. An einigen Abenden kam noch Berry auf ein Kartenspiel hinzu, aber sie war heute früh zu Bett gegangen und hatte Carina und Carroway allein gelassen.
Für mehrere Kerzenabschnitte arbeitete Carina an ihren Pülverchen, zermahlte frisch getrocknete Blätter und Wurzeln mit Mörser und Stößel und erhitzte sie über dem Feuer. Carroways Melodien waren lebhaft und ließen die Kerzenabschnitte schnell vergehen. Später wurden seine Lieder nachdenklicher. Eine, eine rührende Weise, erzählte von einer hübschen Musikantin mit einer Silberflöte, die so schön spielte, dass die Geister
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