Der Blutkönig: Roman (German Edition)
mit einer kurzen Verneigung, die Soterius und Mikhail erwiderten. »Ihr habt Glück, dass Ihr gerade jetzt ankommt. Soldaten sind unterwegs und das Tageslicht dämmert schon.«
»Warum?«, fragte Soterius.
»König Jared hat sie ausgeschickt, um die Schwesternschaft zu jagen und zu zerstören.«
Soterius stieß einen leisen Pfiff aus. »Jared verfolgt die Schwesternschaft? Kann er Euch Schaden zufügen?«
»So stark wir auch sein mögen, wir bluten und sterben«, sagte Schwester Fallon sorgenvoll.
»Könnt Ihr sie aufhalten?«
»Oh ja, wenigstens lange genug. Die Dörfler machen mir am meisten Sorgen. Einmal, bevor wir erkannten, was vor sich ging, zerstörte eine Gruppe von Soldaten ein ganzes Dorf nur auf das Gerücht hin, dass eine von unseren Schwestern unter ihnen war.« Sie wies auf die Mauern der Zitadelle. »Ich habe Schwestern losgeschickt, um die Dorfbewohner in der Zitadelle zu versammeln. Die meisten sind bereits hier. Wir versuchen, sie hier in Sicherheit zu behalten, bis die Soldaten wieder vertrieben werden können.«
»Das verstehe ich nicht«, drängte Soterius. »Wie können die Soldaten hoffen, zu gewinnen? Es sind doch letztendlich nur normale Männer, gegen Magier!«
Soterius entdeckte ein kurzes Aufblitzen von Traurigkeit in Fallons Augen. »König Jared, fürchte ich, kennt unsere Schwächen. Die Schwesternschaft verdammt es, Leben zu nehmen, wenn es vermieden werden kann. Arontala weiß, dass wir versuchen, die Soldaten auf unsere Seite zu ziehen, und nicht sie zu zerstören. Darauf lässt er es ankommen – und so können uns die Truppen vielleicht überwinden.«
Mikhail kratzte sein stoppliges Kinn. »Aber warum?«, fragte er. »Warum will Jared überhaupt die Schwesternschaft bekämpfen, geschweige denn zerstören?«
»Wegen Bava K’aa.«
»Bava K’aa ist tot.«
»Eine Magierin mit ihrer Macht hört nicht einfach auf zu existieren«, erklärte sie. »Immerhin bleibt jede Seele unter uns, wenn sie diese Absicht hegt. Das gilt umso mehr für eine Geistermagierin. König Jared fürchtet, dass der Geist von Bava K’aa Rache für das nehmen wird, was er getan hat. Er fürchtet sogar noch mehr, dass sie ihre Kraft in einen anderen Magier übertragen hat, der sich jetzt gegen ihn erhebt. Arontala hat einen Bann über Shekerishet gelegt, um die Geister zu hindern, den König zu schützen. Nur deshalb war er in der Lage, Bricen zu töten.« Sie schwieg kurz und die Sorge in ihren Augen war klar zu erkennen. »Jared fürchtet womöglich, dass sein Bruder eine größere Bedrohung ist, als er erwartet hat.«
»Aber warum greift Jared die Schwesternschaft an, wenn keiner von euch Arontala aufhalten kann?«, insistierte Mikhail.
Fallon rang ihre Hände vor Verzweiflung. »Weil er glaubt, dass Bava K’aas Körper in einer unserer Zitadellen begraben ist«, erwiderte sie. »Er glaubt, wenn er ihn findet und ihn zerstört, kann er ihren Einfluss und ihre Macht brechen.«
»Kann er das denn? Ich meine, wäre es möglich?«, fragte Soterius.
»Wer kann das sagen?«, erwiderte sie. »Bava K’aa war die größte Magierin ihrer Generation, abgesehen vom Obsidiankönig selbst. Ich weiß nicht, ob eine Magierin von diesem Format den Gesetzen unterliegt, die die geringeren Zauberer binden. Es gibt Wege, den Körper zu entweihen, die auch die Seele binden.«
»Wenn die Schwesternschaft weiß, was in Margolan passiert, warum im Namen der Vettel tun sie nicht etwas, um zu helfen?«
»Die Schwesternschaft hat sich nie wirklich von den Magierkriegen erholt. Wir fürchteten, dass Bava K’aa die letzte der großen Magierinnen war. Die Zauberer, die den Krieg überlebt haben – und die, die seitdem geboren wurden –, waren längst nicht so mächtig wie die Magier, die in diesem Krieg gekämpft haben. Wir haben keinen Magier mehr mit solch großer Macht gesehen – bis jetzt. Bis Martris Drayke.
Während also meine Schwestern viele schöne Worte finden, um das Thema herumzureden, mischt sich die Schwesternschaft nicht ein, weil viele der ihren Angst haben. Sie glauben nicht, dass sie die Macht dazu haben, Arontala oder gar dem Obsidiankönig entgegenzutreten. Die Schwestern haben sich immer auf einem schmalen Grat zwischen Einschreiten und Einmischen bewegt – viele würden nicht einmal zugeben, dass es da einen Unterschied gibt. Jetzt fürchte ich, dass ihre Angst sie dazu gebracht hat, sich ganz zurückzuziehen. Diejenigen unter uns, die sich willentlich in Gefahr begeben – wie ich und
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