Der Blutkönig: Roman (German Edition)
Moment verschwunden zu sein.
Die Nachtluft war kalt genug, um Soterius’ Atem gefrieren zu lassen und er war dankbar für den schweren Mantel. Er sah auf. Solange ich nicht wieder hinaufklettern muss, dachte er und fügte ein kurzes, intensives Gebet für die Göttin hinzu.
Der kühle Dunst eines dicken Bodennebels begrüßte ihn und Soterius kauerte sich nieder. Er hob die verzauberte Kapuze über den Kopf. Er bahnte sich seinen Weg durch den Matsch und verfluchte dabei im Stillen die Effektivität des Spruches der Schwestern, der für diesen Zustand gesorgt hatte. Der Mantel hielt den größten Teil der Kälte von ihm ab. Vor ihm brannten hell die Feuer des Lagers, ihr Licht wurde allerdings von den dichten Bäumen gedämpft. Aus den Wäldern jenseits des Lagers hörte Soterius das Heulen eines Wolfs und das antwortende Jaulen des Rudels. Ein Schauder rann ihm den Rücken herunter, trotz Fallons Versicherung, dass die Wölfe über sein Kommen Bescheid wussten. Er hatte sich auf der Jagd oft mit Wölfen auseinandersetzen müssen und das Blitzen ihrer Fänge und der Hunger in ihrem Knurren waren in seiner Erinnerung klar genug.
Mit klopfendem Herzen erreichte Soterius das Lager, vorsichtig darauf bedacht, nicht in den Lichtschein der Feuer zu geraten, sondern tief in den Schatten zu bleiben. Woher weiß ich eigentlich, wer der Zauberer ist? Die Truppen trugen die Uniform Margolans, erkannte er bitter. Er war nahe genug, um ihre Gesichter zu sehen, sah, wie die Soldaten sich zwischen den Zelten bewegten und hielt Ausschau nach jemandem, den er kannte. Es überraschte ihn, wie kalt sich sein Inneres bei dem Gedanken anfühlte, dass er darüber nachdachte, gegen die Krieg zu führen, die er einst ausgebildet hatte. Die Zelte der Offiziere lagen in der Mitte des Lagers, die des Fußvolks waren eher um den Rand gruppiert. Soterius konnte das Kochzelt erkennen und die Latrine, und eine kleine hölzerne Einfriedung, die als zeitweilige Palisade diente. Es waren mehr als genug Soldaten, um die Zitadelle für einige Zeit zu belagern. Zu seiner Erleichterung schienen die Kriegsmaschinen und die Katapulte im tiefen Schlamm versunken zu sein. Es war offensichtlich, dass sich die Kommandanten darauf vorbereiteten, einfach abzuwarten.
Soterius drehte beinahe eine komplette Runde, bevor er den Magier sah, eine einzelne Gestalt nahe dem Zentrum des Lagers. Das Licht in seinem Zelt zeigte seinen Schatten, die Arme hatte er erhoben, neben ihm erkannte Soterius die Silhouette einer Kristallkugel. Soterius lächelte kalt, sein Zielobjekt im Blick. Diesen Teil seiner Aufgabe verstand er sehr gut.
Es machte Freude, wieder einmal die Arbeit eines Soldaten zu tun und er stellte sich der Herausforderung. Mit geübtem Auge legte Soterius seinen Pfad fest und nutzte dabei das wenige an Möglichkeiten zur Deckung, die das Lager bot. Er holte tief Luft und machte sich bereit, offen durch das Lager zu gehen, als gehöre er hierhin.
Hinter ihm heulten die Wölfe lauter. Die Fledermäuse flogen so eng am Himmel, dass sich ihre Flügelspitzen beinahe berührten und kreischten und flatterten über ihm, tauchten immer wieder auf die Soldaten herab, zu schnell und zu klein, um die Schwerter zu fürchten. Die Fledermäuse beanspruchten die Aufmerksamkeit der herumsitzenden Soldaten und ermöglichten Soterius, an den Wachen vorbeizuhuschen.
Soterius kam dem Zelt näher und bewegte sich lautlos, Carroways Kügelchen in der einen, die Tonscheibe in der anderen Hand. Er erreichte die Schatten hinter dem Zelt des Magiers und kniete sich hin. Er wollte gerade unter den Saum der hinteren Zeltwand gleiten, als er ein Knacken auf dem Boden und das Spannen eines Bogens hinter sich hörte.
»Wirf deine Waffen weg und steh auf.«
Soterius spannte sich an und streckte seine Schwerthand aus, so als wolle er die Klinge übergeben. Doch sein Handgelenk zuckte plötzlich und er warf seine Kugeln. Als sie den Boden trafen, blendeten sie die Wache mit rotem und grünem Feuer und gaben Soterius genügend Deckung, ein kleines Messer zu werfen, das sich bis zum Heft in die Brust der Wache senkte. Wohl wissend, dass er kaum noch eine Chance hatte, tauchte Soterius unter der Zeltbahn hinweg und warf die Scheibe nach dem verwirrten Magier. Die Tonscherbe streifte das Bein des Magiers.
Lautes Donnergrollen war zu hören, dann das Heulen eines entfernten Sturms. Als im Lager draußen das Chaos ausbrach, rannte Soterius um sein Leben. Er lief eine Rinne entlang, die um
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