Der Blutkönig: Roman (German Edition)
das Lager herumlief. Er drückte sich tief auf den Boden der Grube und zog sich den Mantel über den Kopf. In der Ferne hörte er erschrockene Schreie, als das Summen der Elementaren Kraft immer lauter wurde. Soterius versuchte, sich so klein wie möglich zu machen und sich zu einem engen Ball zusammenzurollen.
Über das Kreischen des Windes hinweg hörte Soterius Schreie in der Dunkelheit. Er fühlte, wie die Macht des Sturms über ihn hinwegfegte. Selbst hier am Rand des Lagers, so weit entfernt vom Zelt des Magiers, wie er nur hatte kommen können, riss der Wind an seinem verzauberten Mantel. Er hielt den Stoff fest, bis seine Hände verkrampften und seine Finger bluteten. Schutt und Sand traf ihn und gegen diese bot der Mantel keinen Schutz. Soterius unterdrückte einen Schrei, als Holz und Steine gegen ihn krachten und betete zur Lady, dass nichts von den Trümmern den Mantel zerriss. Er schloss die Augen und bereitete sich aufs Sterben vor.
Plötzlich legte sich der Wind und im Lager war es still.
Sein Herz pochte bis zum Hals und langsam stand Soterius auf. Als Erstes sah er die von den verstreuten Kohlen der außer Kontrolle geratenen Lagerfeuer angezündeten Zelte. Die Elementare Kraft hatte einen Pfad der Verwüstung durch das Herz des Lagers gerissen. Wo sich das Zelt des Magiers befunden hatte, war der Boden nackt und verbrannt.
Soterius rannte um sein Leben. Sein Atem dampfte in der kalten Luft. Er schlug Haken und benutzte die Trümmer, um sich vor den überlebenden Soldaten zu verstecken, die sich um ihre panischen Kameraden kümmerten. Als Soterius sich hinter einen zerstörten Wagen flüchtete, um zwei Soldaten vorbeizulassen, fiel ihm ein Farbfleck mitten im Schlamm auf. Das von der Elementaren Kraft zerrissene und vom Heerzug befleckte Banner, das er aus dem Matsch zog, war immer noch erkennbar. Es ließ einen Klumpen in Soterius’ Kehle entstehen und trieb ihm die Tränen in die Augen. In seinen Händen hielt Soterius das margolanische Banner.
Er musste nicht weiter darüber nachdenken, den Turm der Zitadelle zu erklimmen, um wieder hineinzukommen, denn Mikhail wartete bereits am Fuße des Wachturms auf ihn, um ihn in Empfang zu nehmen. Erfreute Bauern kamen ihnen entgegen. Soterius ging zwischen ihnen her und ignorierte ihre Schadenfreude und brachte erst dann ein Lächeln zustande, als sie sich um ihn drängten und ihn auf ihre Schultern hoben, um ihn im Siegeszug davonzutragen.
Bei der erstbesten Gelegenheit zog er sich zurück. Mikhail folgte ihm, als er sich auf den Weg zum Dach des Turms machte.
»Du bist ein Held«, meinte Mikhail. »Da unten findet ein Fest zu deinen Ehren statt.«
Soterius versuchte, seine Erinnerungen zu verscheuchen. »Du hast die Soldaten nicht sterben hören, als die Elementare Kraft kam.«
»Ich habe schon Schlachten geschlagen, Ban. Du weißt, für welchen Zweck wir das tun.«
»Sie hatten keine Chance.«
»Hatten die Dorfbewohner im Außenhof eine?«, konterte Mikhail. »Der Magier, der die Elementare Kraft rief, hatte im Sinn, uns auszuhungern und die Dorfbewohner vor Durst in den Wahnsinn zu treiben.
»Es war ein Massaker«, erwiderte Soterius ruhig. Über ihnen leuchteten die Sternbilder des Winters am Himmel. Er zog die Fetzen der Flagge aus seiner Manteltasche und sah wieder über das Tal mit dem ruinierten Lager der Soldaten; nur eine Silhouette von zusammengefallenen Zelten und beinahe niedergebrannten Feuern.
»Du hast diese Dorfbewohner da unten gerettet und die Schwestern und die Zitadelle. Das ist etwas, worauf man stolz sein kann«, meinte Mikhail. »Sie sind ebenfalls Margolaner.«
»Ich fühle mich so stolz, als hätte ich diese Soldaten im Schlaf erstochen. Das waren margolanische Truppen, Mikhail.« Er schüttelte den Kopf. »Fallon hat mir gesagt, dass die Elementare Kraft wieder zum Lager zurückkehren könnte. Sie hat mich gewarnt, es könnte gefährlich werden. Aber dort zu sein, es zu hören … Es ist schwer, stolz auf einen Sieg zu sein, wenn es kein fairer Kampf ist.«
»Diese Soldaten haben ihre Wahl getroffen, als sie dem Mörder und Heuchler die Treue schworen. Sie haben Jareds Befehlen gehorcht, ihre eigenen Leute anzugreifen. Jared ist diese Flagge nicht wert. Und die Truppen, die seinen Befehlen gehorchen, sind dein Mitleid nicht wert.«
»Ich will den Bastard weg haben«, sagte Soterius. »Ich will nach Hause.«
»Ich auch. Aber nicht, bis nicht ein König, dem ich vertraue, auf dem Thron sitzt. Wir müssen Tris dort
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