Der Blutkönig: Roman (German Edition)
»Ich habe dich aufgenommen, als du von deinen Schatten davongelaufen bist, habe dir beigebracht, wie man schmuggelt und habe dir die Kontakte überlassen, die man braucht, um auf diesem Fluss zu überleben.«
»Und was hast du dafür von mir erwartet? Oder hast du gedacht, dass du mich ebenfalls besitzt?«
»Nein«, antwortete sie und ihre Stimme klang rau und bitter. »Niemand hier ist Besitz. Nicht in meinem Haus. Nicht, solange ich lebe.« Ihre Wut verrauchte plötzlich. »Dann geh, wenn du es tun musst. Deine Freunde werden hier sicher sein. Wenn Arontala allerdings damit fertig ist, Magier und Vayash Moru zu jagen, wird er nach meinesgleichen suchen. Das tun sie immer.«
»Danke«, sagte Vahanian mit rauer Stimme.
»Manchmal werden die Kleinen flügge, hmm, cheche? «
Vahanian gab ihr einen flüchtigen Kuss auf die Wange. »Du bist allererste Klasse, Jolie.«
»Verdammt richtig«, sagte sie und wandte sich jetzt wieder an Tris und Kiara. »Kümmert euch nicht um den kleinen Familienstreit. Jonmarc ist mein Temperament gewöhnt. Kommt. Oben gibt es Räume, wo ihr sicher schlafen könnt.« Sie beäugte Kiara. »Es sei denn, du hast vielleicht Einwände gegen einen Raum in meinem Haus.«
»Ich bin mit einer Armee marschiert und habe mit Söldnern gelagert«, erwiderte die Prinzessin von Isencroft und legte die Hand auf den Schwertknauf. »Ich bezweifle, dass Euer Haus da mithalten kann.«
Jolie warf den Kopf mit einem kehligen Lachen zurück. »Endlich. Noch jemand mit der richtigen Einstellung!« Sie schlang einen Arm um Kiara. »Ich denke, wir werden hervorragend miteinander auskommen. Komm mit.«
KAPITEL FÜNFUNDZWANZIG
A M M ORGEN WIRKTE Jolies Haus völlig verändert. Die Spieltische standen still in der Morgensonne. Wo die Musikanten gespielt hatten, lagen zwei Bedienstete in Stühlen herum und schnarchten, während ein Dritter den Abfall in einem Korb zusammensammelte. Jolies Mädchen, in der Nacht zuvor so elegant und festlich gekleidet, kamen mit dunklen Ringen unter den Augen und gähnend an den langen Frühstückstisch, nur bekleidet mit einfachen Gewändern, die Haare in einen einfachen Zopf geflochten.
Nyall und Kiara saßen bei den Mädchen und aßen bereits. Jae setzte sich auf den Tisch neben Kiara, sehr zur Freude der Mädchen und fraß gierig aus jeder Hand, die ihm etwas anbot. Sogar ohne ihre Bewaffnung wäre Kiara nie als eine von ihnen durchgegangen, dachte Tris, den der Geruch nach Frühstück aufgeweckt hatte. Gebräunt und schlank, enthüllte Kiaras Haltung und ihr Gang ihr Training selbst dann, wenn ihr Schwert noch nicht zu sehen war.
Er sah, dass ihr Schwert an diesem Morgen an ihrem Gürtel hing, wie eine Erinnerung, dass sie sich hier nur wenig erleichtert fühlte. Tris nahm an, dass Sorge sie davon abgehalten hatte, viel zu schlafen. Sie sah ausgezehrt aus und als sei sie mit den Gedanken woanders. Neben ihr rollte Jae ein Stück Brot mit der Schnauze in Richtung ihrer Hand, als wolle er sie zum Essen auffordern, aber sie ignorierte den Gyregon.
»Du siehst nicht gerade so aus, als hättest du viel Schlaf bekommen«, sagte Tris, als er sich setzte.
»Kaum. Nicht, solange Carina da draußen ist«, antwortete sie und sah auf den Fluss.
»Wir werden uns schon etwas ausdenken. Jonmarc wird nicht allein nach ihr suchen müssen.«
»Ich habe schon entschieden, mit ihm zu gehen. Danke.«
»Das kommt nicht in Frage.« Sie wandten sich um. Vahanian stand hinter ihnen.
»Wir stecken gemeinsam da drin. Wir gehen mit«, sagte Tris.
»Nein, das tut ihr nicht«, wiederholte Vahanian, als Jolie einen Teller in seine Hand zwang. »Zum einen sind die einzigen Magier in Nargi die Priester. Sie hätten dich und Sakwi schon entdeckt, noch bevor wir den Fluss überquert haben. Und Prinzessin, nimm es nicht so schwer, aber Frauen tragen in Nargi kein Schwert.« Er schwang ein Bein über einen Stuhl und setzte sich. »Sie haben zu viele Bälger an ihren Röcken hängen.«
»Was ist mit den Vayash Moru?«, fragte Kiara. »Können sie uns helfen?«
»Nargi hassen Vayash Moru mindestens genauso sehr, wie sie Magier hassen. Überall gibt es magische Schutzkreise, um sie von ihren Siedlungen fernzuhalten. Wir könnten nicht einmal in Spuckweite an ein Nargi-Lager herankommen, ohne sie auf uns aufmerksam zu machen.«
»Du kannst nicht allein gehen«, protestierte Tris.
»Allein bin ich sicherer. Ihr sprecht kein Nargi. Ihr kennt die Nargi nicht. Ihr könntet nicht als solche durchgehen,
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