Der Blutkönig: Roman (German Edition)
einer gründlichen Auspeitschung. Rot und angeschwollen wiesen sie bereits erste Anzeichen von Entzündung auf. Automatisch legte Carina ihre Hände darauf. Einige der Striemen begannen sofort, zu verblassen, verloren Farbe und schwollen ab. Sie wies Carroway an, ihn wieder hinzulegen.
»Wie schlimm ist es?«, fragte Tris. Jolie stand hinter ihm, ihr Gesichtsausdruck sprach Bände. Diejenigen, die für Vahanians Verletzungen verantwortlich waren, hätten den Tod verdient.
»Er wurde ein paar Mal geheilt. Tiefenheilung, verflucht seien sie!«
»Das verstehe ich nicht«, sagte Kiara.
»Sie haben nicht geheilt, um die Schmerzen zu beenden, sondern um sie zu verlängern. Sie haben gerade genug geheilt, damit er nicht allzuschnell stirbt und ihnen den Spaß verdirbt.«
»Kannst du ihm helfen?«, fragte Jolie.
Carina nickte. »Wer auch immer ihn vorher geheilt hat, er wusste, was er tat. Was wir hier sehen, ist schlimm, aber nicht lebensbedrohlich. Ein paar gebrochene Knochen, eine Menge schwerer Prellungen, ein paar gerissene Muskeln und Sehnen, tiefe Schnitte – sein Rücken ist eine Katastrophe«, zählte sie leidenschaftslos auf, in dem Versucht, sich selbst genug zu distanzieren, um ihre Gabe arbeiten zu lassen. »Sie müssen zugeschlagen haben, um ihn zu verstümmeln, nicht, um ihn zu töten. So wie es aussieht, hatten sie ja die Möglichkeit, es anders zu machen.«
Tris stellte sich neben sie. »Nimm dir Energie von mir, wenn es hilft.«
»Kannst du das tun, ohne dass es Arontala alarmiert?«
Tris zuckte die Achseln. »Ich habe ihn noch nie gespürt, wenn ich dir beim Heilen geholfen habe – ich bin nicht sicher, ob es genug Energie ist, damit er sie lesen kann. Und du hast Energie auch von Cam und Carroway bezogen, und sie sind keine Magier. Ich würde es riskieren.«
Sakwi erschien an Carinas Seite mit dem Kessel voll dampfender Kräuter und einem frischen Stück Tuch. Für die nächsten Kerzenabschnitte arbeitete Carina schweigend, linderte Stück um Stück die Verletzungen an Vahanians Körper. Zuerst heilte sie alles, so gut ihre Kraft dies konnte, dann legte sie Sakwis Umschläge auf und verband die Wunden, die noch übrig waren. Alles, was die Heilerin benötigte, wurde ihr auf ein kurzes Wort von Jolie an die Wachen draußen hin gereicht, die die benötigten Dinge in Minuten herbeischafften.
Nyall kauerte nahe dem Feuer und war offenbar überwältigt von der Gesellschaft, in der er sich befand. Die anderen standen bereit, um die mit wachsendem Unmut geäußerten Befehle Carinas zu befolgen, deren Wut sich zunehmend mit der Müdigkeit verband, die die Heilung verursachte. Carina arbeitete mehr als drei Kerzenabschnitte lang, bis sie blass von der Strapaze war, und sie und Tris vor Anstrengung schwankten.
Endlich gebot Sakwi Einhalt und nahm Carinas zitternde Hände in seine eigenen. »Du bist erschöpft. Heute Nacht gibt es nichts mehr, was du tun kannst.«
Carina befreite sich mit einem wütenden Blick. »Es gibt immer etwas zu tun.«
»Ich bin noch zu ausgelaugt von den Zaubern, die ich gewirkt habe, um dir zu helfen.« Sakwi legte eine Hand auf ihren Arm. »Aber ich kann spüren, was du getan hast. Er ist nicht in Gefahr und er hat es so bequem, wie es nur möglich ist. Jetzt musst du ruhen.«
Unwillig ließ sich Carina von der Pritsche wegführen. Kiara drückte noch einmal Tris’ Schulter, dann sprang sie ihrer Cousine bei und schlang einen Arm um sie. »Ich bringe sie in unser Zimmer«, sagte Kiara und runzelte die Stirn, als Carina begann, leise zu widersprechen. Carroway sah ebenfalls so aus, als könne er Erholung von seinem Martyrium gut gebrauchen und ließ sich auf einem Stuhl nah am Feuer nieder.
»Astir.« Jolie rief den Vayash Moru von dort, wo er schweigend an der Tür stand. »Bring Jonmarc hinauf. Ich habe für ihn ein Zimmer vorbereitet. Anjela wird ihn dir zeigen. Dort kann er ungestört ruhen.«
»Jemand sollte bei ihm bleiben«, bat Carina. »Er sollte nicht allein sein.«
»Nyall kann die Nacht im Sessel verbringen«, entschied Jolie und der Steuermann widersprach nicht. »Der Rest von euch sieht schlimmer aus, als in dem Moment, als ihr euch aus dem Fluss gezogen habt. Ab mit euch, ins Bett. Schlaft, so lange ihr wollt. Es wird Essen genug geben, wann immer ihr aufsteht.«
Die anderen machten sich der Reihe nach auf in die oberen Räume. Das Spielhaus war still, die Herren und seine Damen schliefen und der Barkeeper beendete gerade das Auswischen. Nach all der
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