Der Blutmond
zählte, wenn er die beiden ausgeflogenen Vampirdamen zu sich zurückholen, und das bevorstehende Übel noch irgendwie abwenden wollte.
Als Ardric die Landstraße erreichte, konnte er sich wieder etwas entspannen, denn auf einer offenen Fahrbahn hatte man mehr Spielraum und musste nicht auf so viele Details achten, wie in dem dichtbewachsenen Wald. Endlich konnte er seinem Geschwindigkeitsrausch frönen und den Wagen voll ausfahren. Die Tachonadel ging bis zum Anschlag. Euphorisch von dem hohen Tempo überkam ihn der Eindruck, nicht mehr zu fahren, sondern zu fliegen. Ein sinnfreudiger Zustand, indem er gerne noch länger verweilt wäre. Jedoch hatte er sein Ziel schneller erreicht, als erwartet. Kurz vor der Stadt musste er sein Tempo drosseln und stark abbremsen, um sich in den Straßenverkehr einzureihen. Dennoch schlängelte er sich weitgehend schnell und geschickt zwischen den abendlichen Sonntagsfahrern hindurch. Schließlich war er auf einer Mission, in der er seine kostbare Zeit nicht mit Einhaltung der Straßenverkehrsordnung vergeuden konnte.
Seine erste Anlaufstelle war das Wolf's Howl, denn dort lebte der Köter, dem Mimma so sehr verfallen war, dass sie sogar beschlossen hatte, ihn bis zu ihrem Tod um sich zu haben. Es tat ihm ein wenig leid, seinem Abkömmling einen Strich durch die Rechnung machen zu müssen. Doch war sich Ardric sicher, er könne sie besser beschützen, als Raven Black. Immerhin hatte er mehrere hundert Jahre an Lebenserfahrung vorzuweisen. Im Gegenteil zu dem Welpen, der gerade erst aus seinen Windeln war. Es war nicht so, dass er ihre Liebe zu dem Werwolfsspross infrage stellen wollte. Vielmehr traute er dem Muskelpaket und seinen Absichten Mimma gegenüber nicht über den Weg. Einmal ein Werwolf, immer ein Werwolf. Und schließlich wollte der Bruder von Mimmas Auserwähltem die Rasse der Vampire ausrotten. Obwohl Raven Mimma vor Baddos Machenschaften gewarnt hatte, war dies in den Augen ihres Machers, nicht genug Beweis für seine aufrichtige Zuneigung.
Ihn überkam ein ungutes Gefühl bei dem Gedanken, erneut die Stätte aufsuchen zu müssen, in der er damals Mimmas menschliches Ende mit dem Todeskuss der Unsterblichkeit besiegelt hatte. Zwar hatte er ihr damals die Wahl gelassen, als sie in seinen Armen lag und sich bereits vor den Pforten des Jenseits befand. Doch hätte sie sich gegen das Leben als Vampir entschieden, hätte er ihren letzten Wunsch übergangen und ihr seinen Willen aufgezwungen. Niemals wäre er dazu in der Lage gewesen sie gehen zu lassen. Glücklicherweise war ihm dieses Los erspart geblieben.
Wäre seinem eigenwilligen Abkömmling etwas zugestoßen, hätte er es als ihr Macher gespürt. Dennoch beunruhigte es ihn, als er die Bar völlig verdunkelt vorfand. Der Hinterhof war ebenso verlassen, wie die Kneipe. Da fiel ihm eine offenstehende Tür auf. Er betrat das Treppenhaus und folgte den Stufen hinauf zu einer weiteren Tür, die ebenfalls nur angelehnt war. Als er dieser mit der Fingerspitze einen Schubs gab, kam ihm ein Schwall von Gerüchen entgegen, die das verstörende Bild, das das zertrümmerte Apartment abgab, auf schreckliche Art und Weise untermalten. Ardric schlussfolgerte aufgrund der Lage, dass es sich um Ravens Junggesellenwohnung handeln musste, da sich diese direkt über seiner Bar befand.
Mit seiner hochsensiblen Nase nahm er die unterschiedlichen Aromen wahr. Blut, Holz, Schweiß und Speichel. Der zarte Hauch von Mimma, der gerade noch so in der stickigen Luft lag und von den anderen und um einiges intensiveren Gerüchen, überlagert wurde. Der charakteristische Odeur von Colin Black, alias Baddo und noch ein Geruch einer fremden Person, die er nicht erkannte, aber eindeutig der Rasse der Werwölfe angehörte. Dann war da noch ein seltsamer Duft. Weder war dieser menschlich, noch von einem Vampir oder gar einem Werwolf. Ardric sog die Luft immer wieder tief ein und tränkte seinen Gaumen damit. Er versuchte, das Wesen auf seiner Zunge zu erschmecken, jedoch gelang es ihm nicht.
Sollten das Ravens Ausdünstungen sein? Zumindest war dieser Duft vorherrschend und haftete an jedem Möbelstück und an jedem Gegenstand, den Ardric zur Hand nahm, um daran zu riechen.Zwar hatte er bereits mit ihm zu tun gehabt, jedoch erinnerte er sich nicht mehr an seinen Geruch. Ardric verstand sowieso nicht, wie Mimma es mit ihm aushielt, schließlich konnten Vampire den Geruch von diesen Viechern nicht ertragen und umgekehrt eigentlich auch nicht. Natürlich
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