Der Blutmond
Moment nicht mehr daran erinnern müssen", gestand ihm Mimma und hoffte, dass er das verstehen würde. Raven nickte und schenkte ihr ein verständnisvolles Lächeln.
Doch dann sah er plötzlich besorgt aus, als er sie näher betrachtete, denn erst jetzt war ihm ihr blutverschmiertes Dekolletee aufgefallen und das viel zu große und schlampig zugeknöpfte Herrenhemd, das sie am Leib trug.
"Warum hast du überall getrocknetes Blut an dir und was ist das für ein Hemd?", wollte er wissen. Mimma folgte seinen kritischen Blicken und sah an sich hinunter. In der Eile hatte sie völlig vergessen, wie verstörend ihr Erscheinungsbild wohl auf andere wirken musste.
"Ach das.
Ich hatte ein unschönes Zusammentreffen mit Vampirjägern.
Stümperhafte Amateure, mit selbstgebauten Equipment, die sich einmal wie "Buffy, die Vampirjägerin" fühlen wollten!", erwiderte sie knapp und ließ die andere Hälfte, was der Auslöser für das Angreifen der Vampirjäger gewesen war, außen vor, denn sie wollte Raven nicht erschrecken. Doch er konnte den verächtlichen Tonfall in ihrer Stimme heraushören und war sich sicher, dass sie ihm nicht die ganze Geschichte erzählt hatte. Plötzlich begannen Ravens Augen gefährlich zu funkeln und sein Herzschlag beschleunigte sich.
"Haben sie dich verletzt? Ist das etwa dein Blut?", fragte er besorgt und tastete Mimmas Körper nach Wunden ab.
"Wenn ich diese Vampirjäger in die Finger bekomme, werde ich ihnen jeden Knochen in ihrem Körper einzeln brechen!", fügte er verbittert hinzu.
"Beruhige dich wieder! Mir ist nichts passiert. Und selbst wenn, bei Vampiren verheilen Verletzungen in Sekunden.
Ich bin nur mit dem Schrecken davon gekommen", versicherte ihm Mimma und war insgeheim von seiner Reaktion geschmeichelt. Zwar kochte er innerlich wegen den Vampirjägern, jedoch lag es vielmehr daran, dass er nicht da gewesen war, um Mimma zu beschützen. Sobald er in ihre tiefblauen Augen schaute, die wie der Grund eines stillen Sees, innerhalb weniger Wimpernschläge, ihre unheimliche und zugleich mystische Anziehungskraft offenbarten, verblasste seine Wut augenblicklich.
Seit Mimma ein Vampir geworden war, schienen ihre Augen eine schier unendliche Tiefe zu besitzen, die einen in ihren Bann sog und erst dann wieder frei gab, wenn sie ihren Blick abwendete, sodass ihr Gegenüber genug Zeit hatte, um wieder zu Sinnen zu kommen.
"Du kannst dich gerne bei mir waschen und ich gebe dir dann etwas von mir zum Überziehen. Meine Bude ist gleich über der Bar", bot er Mimma an und nickte mit dem Kopf in Richtung Zimmerdecke.
"Das ist wirklich nett von dir, doch ich sollte lieber wieder nach Hause gehen", beinahe schon fluchtartig sprang sie vom Barhocker auf. Raven sah auf die Wanduhr.
"Ich glaube nicht, dass du das noch schaffst.
Ich habe mich ein wenig schlau gemacht, was die Vampirgepflogenheiten betrifft und soviel ich weiß, vertragen Vampire kein Sonnenlicht.
Falls es dir noch nicht aufgefallen ist, aber in wenigen Minuten wird die Sonne aufgehen.
Es wäre unverantwortlich von mir, wenn ich dich jetzt gehen ließe!", wandte er störrisch ein. Nun warf auch Mimma einen Blick auf die Uhr. Obwohl sie als Vampir ein natürliches Empfinden für den Sonnenauf- und Untergang hatte, verlor sie bei Raven jegliches Zeitgefühl.
"Du hast recht, das schaffe ich nie!", stammelte sie erschrocken und bekam es mit der Angst zu tun. Nur zugut konnte sie sich daran erinnern, wie sich die Sonnenstrahlen schon einmal in ihre zarte Haut eingebrannt hatten.
"Keine Sorge, mein Angebot steht noch immer.
Ich verdunkle sämtliche Fenster und du kannst solange bei mir bleiben, bis es wieder Nacht wird", schlug er ihr vor und freute sich insgeheim, dass er noch mehr Zeit mit ihr verbringen konnte. Mimma willigte ein, denn es blieb ihr nichts anderes übrig und so abgeneigt davon, mit Raven mehrere Stunden alleine zu sein, war sie auch nicht. Das Einzige, das ihr ein wenig Sorge bereitete, war ihr Hunger, der sich langsam bei ihr meldete und es ihr erschwerte, sich so zu benehmen, wie sie es getan hätte, bevor sie zum Vampir geworden war.
Für den Jungen, dessen Haar im Licht ein ähnlich facettenreiches Farbspiel darbot wie das geschmeidig glänzende Gefieder eines Raben, wollte sie so menschlich wie möglich wirken, so wie er sie kennen gelernt hatte.
Ob ihm bewusst war, dass er mehr mit den fliegenden und unheilverkündenden Boten der Unterwelt gemeinsam hatte, als ihm lieb war?
Raven schloss die Bar ab und
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