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Der Blutrichter

Der Blutrichter

Titel: Der Blutrichter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans G. Stelling
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sie ihm ins Ohr.
    Er umschlang sie voller Zärtlichkeit und Hingabe. Später endlich entspannte er sich, und der ersehnte tiefe und traumlose Schlaf stellte sich ein.
    Am Nachmittag überraschte Heiner Wolfen sie, indem er in die Hände klatschte. Der verführerische Geruch von gegrilltem Fleisch lockte sie an.
    »Das sieht nach einem Rebhuhn aus«, staunte Hinrik. Der Steuermann hatte ein Feuer entzündet. Darüber hatte |541| er das Huhn gegart. »Wie ist das möglich? Habt Ihr es mit bloßen Händen gefangen?«
    Heiner Wolfen zuckte mit den Achseln und grinste. Er verteilte das Fleisch, und Hinrik und Greetje verzehrten es heißhungrig. Nie zuvor in ihrem Leben hatten sie etwas so Köstliches gegessen.
    Als Heiner Wolfen das Feuer löschte, zogen tiefschwarze Wolken auf, und es begann erneut zu regnen. Sie blieben eine Weile unter den Bäumen stehen, beschlossen dann aber, weiterzugehen.
    »Wilham von Cronen darf uns nicht zuvorkommen«, sagte Hinrik, und dann bereitete er Greetje und den Steuermann darauf vor, dass sie einen sehr schwierigen Weg zurückzulegen hatten. Der Regen hatte den Boden durchweicht und zwang sie auch hier ins Landesinnere, so dass sie ihrem fernen Ziel nur sehr langsam näher kamen. Den Hunger stillten sie mit wilden Früchten, die es überall in reichlichem Maße gab.
    Zügiger kamen sie erst voran, als sie das Gebiet der Elbmündung erreichten. Hier kannte Hinrik sich aus. Er führte Greetje und den schweigsamen Heiner Wolfen über die Sandbänke bis in die Nähe von Cuxhaven, um dann dem Weg zu folgen, den er schon einmal eingeschlagen hatte.
    »In der Festung gibt es Fallen für das Niederwild«, berichtete er, als sie durch die Dünen gingen und das westliche Wattenmeer vor ihnen auftauchte. »Sobald wir dort sind, gehe ich auf die Jagd, und dann essen wir uns erst mal richtig satt.«
    »Darauf freue ich mich«, seufzte Greetje, die sich bei allen Strapazen erstaunlich gut hielt, während die beiden Männer, die durch die entbehrungsreiche Zeit im Kerker geschwächt waren, immer wieder Pausen einlegen mussten, um sich zu erholen. »Ich würde die Arbeit übernehmen |542| , wenn ich könnte. Leider habe ich noch nie Fallen aufgestellt.«
    »Dein Reich ist die Küche«, lächelte Hinrik. »Und dabei soll es bleiben.«
    Heiner Wolfen nickte. Er war der gleichen Ansicht.
    Am Nachmittag hörte es endlich auf zu regnen. Der Steuermann blieb stehen, sah zur Sonne hinauf und begann seine Kleider abzulegen, um sie auszuwringen und in der Sonne auszubreiten. Bevor er das letzte Stück fallen ließ, führte Hinrik Greetje zur Seite, um sich in deutlicher Entfernung von ihm ebenfalls auszuziehen. Es wurde Zeit, die vom Regen vollkommen durchnässten Sachen zu trocknen. Fröstelnd schmiegte sich Greetje an ihn.
    »Mir ist kalt.« Sie erschauerte. »Die Sonne scheint, und ich friere.«
    »Das gibt sich«, erwiderte er und zog sie an sich. »Ich kann etwas dagegen tun.«
    »Dann tu etwas«, flüsterte sie.
    »Ich wüsste nicht, was ich lieber täte.« Zärtlich ließ er seine Hände über ihren schönen Körper gleiten.
    Als sich der Abend herabsenkte, pfiff Heiner Wolfen auf den Fingern, um sie zu sich zu rufen.
    »Die paar Meilen schaffen wir auf jeden Fall«, sagte er, wartete ihre Antwort nicht ab, sondern marschierte los. Sie folgten ihm in einigem Abstand.
    »Ich denke, es ist nicht gut, wenn wir in der Dunkelheit ankommen«, gab Hinrik zu bedenken. »Wir könnten Wilham von Cronen in die Falle gehen.«
    Heiner Wolfen runzelte die Stirn, dachte eine Weile nach, nickte schließlich zustimmend und ging wortlos weiter. Er schlug eine andere Richtung ein und führte sie zu einer Hütte in einem kleinen Wald.
    »Ein guter Platz zum Schlafen«, lobte Hinrik ihn. »Morgen brechen wir in aller Frühe auf.«
    |543| Er wachte als Erster auf und weckte Greetje und den Steuermann. Sie erfrischten sich an einem Wassergraben und machten sich erneut auf den Weg. Die Sonne stand tief über dem Horizont, und die Dünen warfen lange Schatten. Die Flut kam, füllte zunächst den Priel und ließ danach das Watt verschwinden. Zahllose Möwen und Austernfischer zogen bei ihrer Jagd nach kleinen Fischen, Krebsen und Würmern über das flache Wasser hinweg.
    Als sie etwa eine halbe Meile von der versteckten Festung entfernt waren, drang Heiner Wolfen in den Wald ein und ermahnte sie mit einer Geste, leise zu sein.
    »Was machen wir, wenn Wilham von Cronen schon da ist?«, wisperte Greetje.
    »Keine Ahnung«,

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