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Der Blutrichter

Der Blutrichter

Titel: Der Blutrichter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans G. Stelling
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dass er im Auftrag von Wilham von Cronen gekommen ist und dass er Hinrik vom Diek töten soll. Von mir wollte er wissen, wo der Ritter sich aufhält. Ich wusste, dass er Claas Störtebeker begleitete. Mehr nicht. Danach hat Thore Hansen mich mit einem Messer umzubringen versucht. Er hat sich aus dem Staub gemacht, als er glaubte, ich wäre tot.«
    »Wir haben Thore Hansen heute verhaftet«, teilte Nikolaus Schocke dem Richter und Handelsherrn mit. Er warf Fieten Krai einen flüchtigen Blick zu und gab ihm mit einer Geste zu verstehen, dass er entlassen war. »Der Däne hat mittlerweile gestanden. Er hat zugegeben, dass er einen Wachmann am Fleet ermordet und versucht hat, diese Tat Hinrik vom Diek in die Schuhe zu schieben. Wir wissen, dass Ihr, Wilham von Cronen, darüber informiert seid und dass Ihr Thore Hansen mit diesem Wissen erpresst habt.«
    |536| Wilham von Cronen rang mit der Fassung. Zu tief war der Sturz, den er hinnehmen musste. Gerade erst war er in den Gassen der Stadt als Held gefeiert worden. Man hatte ihm als dem Sieger über die Piraten applaudiert. Er hatte sich auf dem Weg nach oben gewähnt, hatte geglaubt, der Stuhl des Bürgermeisters wäre greifbar nahe. Und nun musste er um sein Leben bangen. Plötzlich hatte er die Bilder der vergangenen Woche vor sich, die Köpfe der Piraten, die durch den Sand rollten, die Füße des Henkers, die in einer riesigen Blutlache standen.
    »Das ist ein Komplott«, stammelte er. »Das ist alles erstunken und erlogen.«
    »Wenn Ihr möchtet, können wir Euch einem Gottesurteil unterwerfen«, erwiderte Nikolaus Schocke und ordnete die Manschetten seines Hemdes, die aus den Jackenärmeln heraussahen.
    »So weit sind wir noch nicht«, wehrte von Cronen erschrocken ab.
    »Ihr wisst genau, dass Ihr verloren habt, Wilham. Ihr habt Euch allzu sicher gefühlt und Euch auf Euren Schergen, den Henker Thore Hansen, verlassen. Aber Hansen ist ein Feigling. Als wir ihm die Folter angedroht haben, hat er geredet und uns alles erzählt, was wir wissen wollten.«
    »Das ist ... das ist . . .«
    »Das ist das Ende«, stellte der Bürgermeister gelassen fest. Er tupfte die Tischplatte vor sich mit einem Taschentuch ab. »Ihr könnt es drehen, wie Ihr wollt, am Ende seid ihr immer der Verlierer. Wir können aber auch auf den Hof hinausgehen. Dort brennt bereits ein Feuer. Ein glühendes Eisen liegt darin. Wenn Ihr es mit bloßen Händen herausnehmen und bis zum Tor tragen könnt, ohne Euch zu verbrennen, wollen wir gerne an Eure Unschuld glauben.«
    |537| »Können wir verhandeln?«, fragte der Richter. Für ihn ging es um Kopf und Kragen. Er musste eine schwere Niederlage hinnehmen, ohne etwas dagegen tun zu können. Jetzt kam es darauf an, Zeit zu gewinnen und diese kritische Situation durchzustehen. Er war kein Mann, der sich nur auf einen Pfeiler stützte. Von Jugend an wusste er, dass es gut war, sich mehrfach abzusichern.
    Sein zweiter Pfeiler war das Femegericht, von dem Bürgermeister Schocke und die Ratsherren nichts ahnten. Als Vorsitzender und Freigraf des Femegerichtes hatte er Verbindungen zu vielen anderen Gerichten bis nach Süddeutschland und Sachsen. Dadurch verfügte er über eine Macht, die ganz anderer Art war als jene des Bürgermeisters der Stadt Hamburg, eine Macht, die im Unsichtbaren wirkte und die eine unmittelbare Bedrohung für jeden seiner Feinde darstellte.
    Wilham von Cronen gab vor, sich Nikolaus Schocke zu beugen. Er tat, als wäre er auf ganzer Linie geschlagen – dabei bereitete er in Gedanken bereits einen Gegenschlag vor. Er gedachte, den Bürgermeister mit Hilfe der geheimen Organisation vor ein Femegericht zu führen. Es würde nicht weiter schwierig sein, ihn anzuklagen. Sein abergläubisches Verhalten und seine sorgfältig inszenierten Rituale würden ihm vor dem Gericht zum Verhängnis werden. Man würde sie für einen heidnischen Glauben halten. Dass Nikolaus Schocke dennoch Gott anrief, würde ihm vor dem Gericht nicht helfen, sondern als Blasphemie ausgelegt werden.
    Wilham von Cronen war sicher, dass er am Ende seines ganz persönlichen Angriffs wieder sein gesamtes Vermögen in Händen halten würde. Und damit nicht genug. Er wusste, dass Claas Störtebeker und die Likedeeler eine Art eiserne Reserve in Friesland versteckt hatten, und er glaubte zu wissen, wo er danach suchen musste. Nikolaus |538| Schocke und die Stadt Hamburg würden sich noch wundern. Mit einem Wilham von Cronen legte man sich nicht an. Einen Mann wie ihn konnte

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