Der Bodyguard: Zwischen High Society und Unterwelt (German Edition)
Leute, die den Club verlassen wollten. Unter anderem derjenige, der den Streit vorhin angezettelt hatte.
Mein Türsteher öffnete also vorsichtig die Tür. Von hinten schubsten sie so sehr, dass gleich ein ganzer Tross rausstolperte. Da holte der Typ aus, mit der Machete in der Hand und zog durch. Überall spritzte Blut. Schreie. Draußen liefen sofort zwei Zivilpolizisten herbei, die an dem Abend vor Ort waren. Ohne dass der Verrückte weitersäbeln konnte, brachten wir ihn gemeinsam mit ausgestreckter Waffe zu Boden. Parallel versorgten wir die Verletzten. Zum Glück war »nur« der zweite Streithahn schwer von der Machete getroffen worden. Es war offensichtlich die Armarterie. Also Druckverband anlegen und den Typen wach halten, bis die Feuerwehr kommt.
Die ganze Aktion haben wir auf Video, mein Kameramann im Auto hatte ja alles gefilmt. Etwas verwackelt, denn als unser Hund spürte, dass da draußen was passiert, hat er das ganze Auto zusammengebellt und -geknurrt. Der Mann war froh, dass zwischen Kofferraum und Personenbereich ein Gitter war. So einen Dobermann »lächeln« zu sehen, ist ja kein sonderliches Vergnügen.
Aber jetzt, vor dem »Adagio«, ist es ruhig. Nur lange Warteschlangen. Nette Gäste. Keine wirklichen Stressmacher. Also fährt uns Aliyou auf einen Abstecher ins »Soho House«, Torstraße, Berlin Mitte. Seit es 2010 aufgemacht hat, sind wir für die Security zuständig. Aliyou wartet wieder im Auto.
Das »Soho House« ist ein Hotel mit Member-Club. Dieses Konzept stammt aus England. Man wird nur eingelassen, wenn man Mitglied ist. Oder von einem Mitglied eingeladen wurde. Mitglied kann nur werden, wer »kreativ« ist: Schauspieler, Filmemacher, Leute aus der Musikbranche, Werber, Journalisten. Und alles sehr britisch: Der Club soll dein zweites Zuhause sein, mit Hotelzimmern, Sauna, Bar, Swimmingpool, Partys. In London und New York laufen die Soho-Häuser sehr gut. Sogar die Mädels aus Sex and the City haben da gefilmt.
Das Haus, in dem der Soho-Club residiert, hat eine lange Geschichte: Es wurde Ende der 20er Jahre von einem Juden als Kreditkaufhaus gebaut, im Bauhausstil, mit geschwungener Fassade. Dann enteigneten die Nazis den Besitzer und die NSDAP quartierte dort die Hitlerjugend ein. Nach dem Krieg übernahm die SED das riesige Gebäude, und Wilhelm Pieck saß da in seinem Dienstzimmer. Dieser Raum heißt heute »Politbüro« und wird für Partys genutzt.
Wenn ich nicht so weit weg wohnen würde – 40 Minuten Fahrzeit –, wäre ich oft da. Ich kann das Soho House auch gut für meine Arbeit nutzen, für Kundenbesprechungen.
Letztens, während der Berlinale, war Madonna da. Ich bekam ein paar Tage vorher einen Anruf: Wir sollen uns bereithalten für einen »Geheimgast«. Dafür waren drei Suiten in drei verschiedenen Hotels gebucht worden. Zur Irreführung. Madonna übernachtete dann mit ihrem Lover im Soho. Sie gab keine Interviews. Trotz unserer Verschleierungstaktik standen draußen zig Journalisten und hofften auf ein Foto. Nichts. Sie fuhr mit dem geheimen Lastenaufzug zu ihrer Suite. Pech für die Presse.
Das Soho House ist angesagt. Oft weiß keiner, welche Promis da ein und aus gehen. So soll es sein. Sie sollen sich wie zu Hause fühlen und nicht ständig von Paparazzi verfolgt werden.
Einmal hat Thomas Sabo, der Schmuckkönig, dort seine Party ausgerichtet. Viele Promis. Großes Spektakel, selbst für ihn. Ich habe mir die Lokalitäten einen Tag vorher nochmal angeschaut. Den Auftraggeber hat das verwundert, dass der Chef selbst kam, um die Lage zu sondieren. Ich mache das, damit ich weiß, was beziehungsweise wer gebraucht wird. Dann kann ich Mitarbeiter schicken, die zur Veranstaltung und zur Szene passen. Ich stellte Thomas Sabo ein Security-Team zusammen, von dem er hinterher richtig beeindruckt war.
Als ich das Soho House betrete, ist es erst 2 Uhr. Meine Mitarbeiter hier sind seit drei Stunden im Einsatz und haben sich einen guten Überblick verschafft. Ich quatsche ein bisschen mit ihnen: Wie es so läuft, wer da ist, was man so redet. Durch solche Gespräche erfährt man viel. Denn auch meine Mitarbeiter kennen natürlich die Leute der Szene. Von den Türen, aus den Clubs, manchmal aus ihrem Alltag, denn einige kommen aus der gleichen Welt: Viertel, Schule, Muckibude. Bevor wir gehen, zeige ich Ivan kurz den Blick von der Soho-House-Dachterrasse, der ist gigantisch.
Direkt vor uns steht riesengroß der Fernsehturm, rundherum die dunklen Dächer der
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