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Der böse Geist vom Waisenhaus

Der böse Geist vom Waisenhaus

Titel: Der böse Geist vom Waisenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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erforderlichen Geldmitteln,
die er einzusetzen und zu verwalten hatte zugunsten der Schutzbefohlenen.
    Dabei war nicht viel zu
verdienen. Aber Hugo Dansik hielt sich schadlos auf andere Weise.
    „Sei so lieb, Schatz“, sagte
Wolpert zu Edith, „und kümmere dich ums Abendessen. Habe richtig Appetit auf
die Kalbsleber. Wir essen heute schon um sechs. Ich muß dann noch mal zu einem
Kunden. Der richtet eine Villa neu ein und braucht ein Dutzend Teppiche.“
    Edith lächelte und schob ab in
die Küche, wo ihr gleich wieder die Tränen kamen — wegen der Zwiebeln.
    Dansik hatte geklingelt.
    Wolpert trat auf den Hof.
    „Hallo, Dansik.“
    „Hallo, Wolpert.“
    Der Waisenhausleiter legte den
Kopf etwas zurück. Offenbar erleichterte das den Blick durch die Sehschlitze.
    „Gut gelaufen?“ fragte Wolpert.
    „Wie immer.“
    „Nämlich?“
    „Sechs Brüche, neun Matten.“
    Das war Dansiks Jargon und
hieß: sechs Einbrüche, neun Teppiche.
    „Bei wem?“
    „Baronski, Neumann, Wuzkoben,
Oblacher, Meier-Heimholz und Seidenschwung.“
    Wolpert lächelte. „Das sind
also der persische Nain mit Seide, 420 000 Knoten, verkauft für 70 000 Mark;
der feine Birdjand, ebenso viele Knoten, gleicher Preis; außerdem der Veramin
Scherkat für 50 000; der Keschnan für 15 000; der Täbris alt für 50 000; der
indische Isfahan für 5000; der Bachtiar für 10 000; ein preiswerter Ouzgit aus
Marokko und noch der große sandfarbene Dalian aus China.“
    Wolpert hatte kostbare Teppiche
aufgezählt.
    Alle stammten aus seinem
Geschäft.
    Verkauft hatte er sie an die
Kunden Baronski, Neumann, Wuzkoben, Oblacher, Meier-Heimholz und Seidenschwung.
    Natürlich hatte er dabei fetten
Gewinn gemacht. Aber das allein genügte ihm nicht.
    Wolperts Trick war der
einfachste der Welt und funktionierte seit mehr als drei Jahren.
    Er ließ, einige Zeit nach dem
Verkauf, die Teppiche stehlen.
    Dazu war es nötig, in die
Häuser und Villen einzubrechen. Ein Job, für den Dansik der geeignete Mann war.
Reibungslos arbeiteten die Komplizen Hand in Hand.
    Die gestohlenen Teppiche wurden
dann eine Weile in Wolperts Haus versteckt, dann tauchten sie wieder auf in
Wolperts Geschäft, versehen natürlich mit anderen Plomben und geänderten
Ziffern im Echtheits-Zertifikat.
    Darum kümmerte sich allerdings
keiner der Käufer; und welcher Laie kann in einem Berg Teppichen einen
bestimmten wiedererkennen?
    So war es mehrmals vorgekommen,
daß bestohlene Kunden genau jenen Teppich wieder kauften, den sie schon einmal
erstanden hatten.
    Wuzkoben und Seidenschwung
hatten diese Lachnummer gebracht.
    Bei Wuzkoben freilich wäre
Wolpert das heimliche Grinsen beinahe vergangen, als der sich nämlich über den
winzigen Tintenfleck wunderte — einen Tintenfleck in den Fransen, den Wolpert
übersehen hatte.
    Aber Wuzkoben, ein
Klebstoff-Hersteller, hatte keinen Verdacht geschöpft. Und zur Strafe für das
Herzklopfen, das der Kunde dem Teppichhändler bereitet hatte, wurde er nun zum
zweitenmal bestohlen.
    Selbstverständlich versteuerte
Wolpert die Zweitverkäufe nicht; und den Gewinn teilte er fifty-fifty mit
Dansik.
    Steinstufen führten zur
Kellertür hinunter. Sie war aus Stahl. Einbruchsicher.
    Wolpert zog sein Schlüsselbund
aus der Tasche und öffnete von außen.
    Dansik lenkte seinen grauen
Lieferwagen rückwärts bis dicht an die Stufen.
    Hier waren die beiden
unbeobachtet.
    Zusammen trugen sie die
Teppiche in den Kellerraum, wo 50 andere lagerten. Der Raum hatte einen
Holzboden, war beheizt und trocken. Die Teppiche litten nicht.

    „Was machen deine Helfer?“
fragte Wolpert.
    Dansik strich sich über die
Halbglatze. In dem scheinbar müden Gesicht zuckte kein Muskel.
    „Jan tut, was ich ihn heiße,
und denkt nicht darüber nach. Sascha braucht ab und zu Prügel. Dann geht’s eine
Weile. Otto macht Schwierigkeiten. Jedesmal wieder weigert er sich. Aber er ist
der geschickteste von allen. Auf ihn kann ich nicht verzichten. Deshalb fasse
ich ihn besonders hart an.“
    „Dank deiner Stellung kannst du
das.“
    Dansik nickte. „Sie sind von
mir abhängig. Und das wissen sie.“
    „Daß dich keiner verpfeift!“
    „Niemand würde ihnen glauben.
Das habe ich ihnen klargemacht. Sascha ist elf, die beiden andern sind zwölf.
Ihre Aussagen hätten kein Gewicht.“
    „Aber deine“, lachte Wolpert.
„Du giltst als selbstloser Wohltäter bei Polizei und Behörden.“
    „Den Ruf habe ich mir
erworben.“
    „Bleibst du bei deiner
Einbruchsmethode?“
    „Sie

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