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Der böse Geist vom Waisenhaus

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Titel: Der böse Geist vom Waisenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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hat sich bewährt. Ich
fahre die Jungs zum Tatort. Ich stehe Schmiere. Sie steigen ein. Die Bürschchen
können klettern wie die Affen. Sie gehen immer über die Balkone ins Haus. Oder
durch Dachluken. In den oberen Stockwerken ist oftmals ein Fenster geöffnet.
Wir brauchen nichts aufzubrechen. Die Jungs rollen die Teppiche zusammen und
reichen sie mir im Parterre durchs Fenster raus. Was den Einbruch betrifft,
hinterlassen wir meistens keine einzige Spur.“
    „Nur die Teppiche fehlen.“
    „Nur die Teppiche fehlen.
Natürlich nehmen wir auch Schmuck mit oder Bargeld. Falls was herumliegt.“
    „Was ich dich schon immer mal
fragen wollte, Dansik: Womit belohnst du die Jungs?“
    „Weshalb sollte ich?“
    „Sie arbeiten für dich.“
    „Dafür wohnen sie in meinem
Heim. Sie haben ein Dach über dem Kopf und bekommen zu essen. Naja, ein bißchen
Belohnung gibt es schon. Unsere Portionen sind knapp. Aber die drei dürfen in
der Küche helfen. Und da kratzen sie die Töpfe aus. Das macht satt.“

10. Brutales Verbrechen
     
    Über die Felder peitschte der
Wind. Dunkelheit. Mischte sich Schnee in die Regentropfen?
    Es war schneidend kalt. Tim und
Klößchen radelten die letzten Meter zum großen Internatsgelände, das
bekanntlich südlich der Stadt liegt, schlappe 20 Minuten im Laufschritt. Durchs
Tor. Sie ließen die Drahtesel beim Fahrradschuppen. An allen Gebäuden waren die
Fenster erleuchtet, aber die Höfe und Grünanlagen leer.
    „Wetterweiche Typen!“ meinte
Tim. „Keiner traut sich vor die Tür. Der Direx behauptet, Internatsleben härte
ab. Halte ich für ein Gerücht.“
    „Sicherlich sind wir die
einzigen Verrückten“, meinte Klößchen, „denen dieses Grippewetter nichts
anhaben kann. Die aus der Oberstufe fahren heute abend auch in die Stadt. Aber
mit dem Wagen.“
    Sie liefen zum Hauptgebäude. Im
Speisesaal wurde zum Abendessen gedeckt. Geschirr klapperte. Es würde
Fischsalat geben zu den Butterbroten — und mehrere Käsesorten.
    Tim haßte den Salat. Man konnte
nie erkennen, was drin war. Manche Zutat schmeckte nach Chemie. Außerdem roch
er penetrant.
    „Gibt wieder Fischsalat“, sagte
Klößchen. „So spießbürgerlich, was den Freitagsfisch betrifft, ist Karls Mutter
Gott sei Dank nicht. Sie wird uns mit Metzgerwaren verwöhnen.“
    „Aber erst gehen wir zu
Schengmann.“
    „Verdammt! Ja. Mann, da liegt
eine Durststrecke vor mir.“
    „Eher eine Hungerstrecke.“
    Am Treppenabsatz kam ihnen Dr.
Beule entgegen, ein junger Lehrer, heute eingeteilt als EvD.
    Er war sympathisch, aber
ungelenk, auch äußerlich — und fand sich noch nicht zurecht mit seinen
Pflichten.
    Jetzt wirkte er aufgeregt.
    „Kommt ihr aus der Stadt?“
    „Schlankweg“, nickte Tim.
    „Ihr habt nicht zufällig
Christian Reithl gesehen? Ich meine den Sohn vom Schulzahnarzt. Ich glaube, ihr
kennt den Jungen.“
    „Wir kennen ihn und haben ihn
gesehen. Was ist denn?“
    „Verschwunden ist er.“
    „Verschwunden? Am frühen
Nachmittag war er noch da. Am Wende-Park sind wir ihm begegnet. Was heißt
verschwunden? Ist er nicht nach Hause gekommen?“
    Beule seufzte und lehnte sich an
die Wand. Dabei nahm er eine Haltung ein, als werde er gleich zu Boden sinken.
    „Dr. Reithl rief eben an.
Christian hätte um halb fünf zu Hause sein müssen. Und im allgemeinen ist er
pünktlich. Heute kam er aber nicht. Reithl hat am Freitag nachmittag keine
Praxis. Sofort hat er nach Christian gesucht. Und dessen Fahrrad gefunden. Es
lag 200 Meter vom Haus entfernt — neben der Straße.“
    Das hörte sich nicht gut an.
Tim runzelte die Stirn.
    „Christian liebe sein Rad über
alles, sagt Reithl“, fuhr Beule fort. „Freiwillig lasse er das nicht zurück.
Reithl will erst nach ihm suchen, bevor er die Polizei einschaltet. Hier rief
er an, weil er weiß, wie Christian an euch hängt. Hat zu Hause oft von euch
erzählt. Er schwärme, sagt Reithl, von TKKG.“
    „Als Fan“, sagte Klößchen, „ist
er wie eine Klette. Aber wir wimmeln ihn ab — freundlich natürlich. Heute
allerdings...“ Er stockte.
    „Heute war er anscheinend
schlecht drauf“, sagte Tim. „Er brach in Tränen aus, weil er nicht mit durfte.
Wir haben uns dann Gedanken gemacht, als er weg war. Offenbar fehlt ihm eine
Leitfigur, eine Bezugsperson. Seltsam! Er hat doch seine Eltern.“
    „Nicht alle Eltern“, sagte
Beule, „werden dieser Rolle gerecht.“
    Tim sagte: „Wenn er sein
Fahrgestell liegen läßt, ist was passiert. Da hat Dr. Reithl

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