Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der böse Geist vom Waisenhaus

Der böse Geist vom Waisenhaus

Titel: Der böse Geist vom Waisenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
Vom Netzwerk:
Haut.
    Dann hörte er die Sirenen.
Durch die Bäume sah er Blaulicht. Zwei Wagen. Sie hielten vorn an der Schranke.
    Klößchen redete. Ein
Handscheinwerfer gleißte über den Waldweg. Zwei Sanitäter kamen im Laufschritt
mit faltbarer Trage. Ein junger Notarzt schleppte seine Tasche. Den
Handscheinwerfer bediente einer der beiden uniformierten Polizisten.
    Der Notarzt verlor nicht viel
Worte und untersuchte den Jungen nur kurz.
    „Sofort ins Krankenhaus!“
befahl er.
    „Steht es schlimm?“ fragte der
TKKG-Häuptling.
    „Bist du verwandt mit ihm?“
    „Nein. Willi und ich haben ihn
gefunden. Wir kennen ihn. Er heißt Christian Reithl. Schlimme Verletzungen,
oder?“
    „Im Gesicht könnten Knochen
gebrochen sein. Außerdem deutet es hin auf eine schwere Gehirnerschütterung.“
    Sie legten Tempo vor, die
Sanitäter mit Christian auf der Bahre, der Arzt, die Funkstreifen-Mannschaft
und Tim sowie Klößchen.
    „Wir kommen mit ins
Krankenhaus“, sagte Tim zu den Polizisten. „Erstens haben wir eine Aussage zu
machen, zweitens sorgen wir uns um Christian. Und da wollen wir doch hören, daß
es nicht ganz so schlimm um ihn steht.“

11. Der vergessene Brief
     
    Vleske, genannt Rotbart, hielt
es nicht aus in seinem Hinterhofzimmer.
    Immer wieder irrte der Blick
über den Hof, zum Vorderhaus, zur Wohnung der Breukhoffs, wo aber alle Fenster
dunkel waren. Noch war niemand zu Hause.
    Vor seinem inneren Auge sah
Vleske die Müsli-Dose. Der Inhalt, jetzt vermischt mit tödlichem Gift, würde
Katrin schmecken wie immer.
    Es ist Mord, dachte Vleske.
Aber was bleibt mir übrig. Ich muß mich doch wehren. Eine Schuld zieht die
nächste nach sich, eine böse Tat löst eine noch schlimmere aus. Ich habe mich
verstrickt in meine Verbrechen. Ich kann nicht zurück. Katrin würde mich
verraten. Nicht heute, nicht morgen — aber sobald sie merkt, daß sie das
versprochene Geld nicht bekommt. Ihr ekelt vor mir. Schon deshalb wird sie...
Und dann... Ich komme aus dem Knast nicht mehr raus. Wahnsinn!
    Die Bude erstickte ihn.
    Vleske hatte seine Joppe
genommen und den verbeulten Hut und war hinausgelaufen in den Regen.
    In den Straßen schien es ihm,
als blickten die Menschen ihn an. Sah er gehetzt aus? Verriet ihn seine Miene?
Am liebsten hätte er sich versteckt. Aber es war ja nicht weit bis zum
Stadtwald. Dort, im Schutz der Bäume, lief er umher, bis es dunkel wurde.
    Seine Gedanken verwirrten sich.
Beim Grillplatz lief er im Kreis, dann zurück zur Ottern-Straße. Er dachte an
Katrin — und an Christian Reithl, dem er eben begegnet war. Er kannte den
Jungen. Auch der kam oft hierher, hatte sich irgendwo im Wald eine Hütte
gebaut. Jedenfalls erzählte er das, immer wenn er ihn, Vleske, traf.
    Katrin!
    Rotbart blieb stehen! Wo war er
hier? Wie hieß die Straße? Er merkte kaum noch, wohin er lief.
    Katrin! dachte er. Sie ist 13.
Nein, ich darf es nicht tun. Ich bin menschlicher Abschaum, aber ich bin kein
Mörder. Sie soll leben — und wenn ich sie auf Knien bitten muß, mich nicht zu
verraten.
    Er stand vor einem Schaufenster
und rieb sich mit beiden Händen die Schläfen. Ihm war, als erwache er aus einem
bösen Traum.

    Jetzt wußte er auch, wo er hier
war. Nur zehn Minuten bis nach Hause. Er mußte da sein vor den Breukhoffs, vor
Katrin — mußte das Müsli wegschütten und auch, wie ihm einfiel, den restlichen
Beerensamen vernichten. Davon lag noch was in seinem Zimmer auf dem Tisch.
    Er schritt aus.
    Schnell, schnell! Manchmal
rührte Katrin sich auch abends einen Müsli-Brei an.
    Vleske war noch 500 Meter vom
Ziel entfernt, als Notarzt und Polizei an ihm vorbei preschten. Rotierendes
Blaulicht. Jetzt gellte auch die Sirene.
    Er verharrte wie angewurzelt.
    Die Wagen verschwanden hinter
der Kreuzung.
    Kein Zweifel! Die fuhren zu
Breukhoffs.
    Aus! Katrin war tot. Oder rang
mit dem Tod. Der Notarzt. Und Polizei! Also war sein Anschlag schon entdeckt,
hatte man die becherförmigen Scheinbeeren in seinem Zimmer gefunden.
    Er war erledigt.
    Er, der vorbestrafte
Gewalttäter — gewalttätig gegen sein eigenes Kind. Der Kinderverderber — denn
vor dem Gesetz galt Katrin noch als Kind. Und jetzt — o ja, er hatte sich
gesteigert! — jetzt war er sogar ein Mörder.
    Vleske machte kehrt, floh die
Straße hinunter in Richtung Innenstadt, ohne darauf zu achten, daß die Sirene
immer noch gellte — daß die Wagen also vorbeigefahren waren und nicht bei den
Breukhoffs hielten.
    Ihm war elend zumute, aber er
hatte noch etwas

Weitere Kostenlose Bücher