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Der böse Geist vom Waisenhaus

Der böse Geist vom Waisenhaus

Titel: Der böse Geist vom Waisenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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Geld in der Tasche.
    An einem Imbißstand, wo es
klebrige Pizza-Stücke gab und Bier, machte er Halt. Er kaufte zwei Flaschen
Bier.
    Als er zum Bezahlen in die
Tasche griff, fühlte er den Brief.
    „Heh, Sie! Macht zwei-achtzig!“
sagte der Mann hinter der Theke.
    Vleske legte drei Markstücke
hin und ließ sich zwei Groschen herausgeben.
    An dem Stehtisch, wo er die
erste Flasche leerte, betrachtete er den Brief.
    Mit kindlicher Schrift war die
Adresse geschrieben: An das Jugendamt der Stadt ... Auf der Rückseite der
Absender: Christian Reithl.
    Vleske runzelte die Stirn.
    Woher hatte er den?
    Ach so! Der Junge hatte ihm den
Brief gegeben, hatte gebeten, ihn zu befördern — einzuwerfen in den nächsten
Postkasten.
    Wie der Kleine sich das
vorstellte!
    Die Adresse war unzureichend.
Und nicht mal eine Briefmarke klebte auf dem Kuvert.
    Vleske schob die leere Flasche
beiseite und trank einen Schluck aus der zweiten.
    Dabei bemerkte er, daß der
Brief nicht ordentlich zugeklebt war.
    Hm. Warum nicht mal reinsehen?
Jetzt war doch sowieso alles egal. Auf ein so geringes Vergehen kam es nun
nicht mehr an.
    Ein zweifach gefaltetes Blatt,
beschrieben mit Kugelschreiber. Christian hatte viele Rechtschreibungsfehler
gemacht in seinem Brief an das Jugendamt. Aber ausdrücken konnte er sich, der
Junge. Er formulierte klar und deutlich, worum es ging. Und das...
    Erschrocken hielt Vleske inne.
    Um Himmels willen! Dieser Brief
war brisant. Falls zutraf, was Christian schrieb... Nicht auszudenken!

12. Seltsame Eltern
     
    Im Warteraum vor der Station IV
des Schweitzer-Krankenhauses war die Beleuchtung matt.
    Sparen die? dachte Tim. So ein
trübsinniges Licht. Wer hier rumlungert, hat ja meistens Sorgen genug —
jedenfalls gesundheitliche Probleme. Entweder hat er sie selbst, oder der, auf
den er hier wartet. Dazu dieses Gefunzel! Macht ja alles noch schlimmer.
    Er und Klößchen warteten.
    Christian war eingeliefert worden
in Station IV, die offenbar zuständig war für Kopfverletzungen oder für Kinder.
Aus der Aufschrift an der gläsernen Doppeltür dort ging’s nicht hervor. STATION
IV — KEIN ZUTRITT — mehr stand da nicht.
    Tim hatte telefoniert — mit
Karl und mit Gaby. Sie wollten herkommen. Gaby war entsetzt über das
Verbrechen.
    Bei den Polizisten hatte er
eine erste Aussage gemacht, was jenen Rotbart mit Namen Vleske betraf.
    Allerdings war das ein Fall für
die Kripo und nicht für die Schutzpolizei.
    „Da wird jemand aus dem
Präsidium herkommen“, hatte einer der Polizisten verkündet. „Ich glaube,
Kommissar Heuser hat Spätdienst.“
    Tim hatte sich jeden Kommentar
verkniffen, aber Klößchen konnte ein Stöhnen nicht unterdrücken.
    Jetzt sagte er: „Vielleicht,
Tim, ist ihm sein Taschengeld zum Verhängnis geworden.“ Gemeint war Christian.
    „Du vermutest, er hat damit
geprotzt?“
    „Macht er doch immer.“
    „Rotbart muß ein Mann sein,
denn Kinder tragen keine Bärte. Ein Erwachsener also, zumindest ein
Jugendlicher mit Bartwuchs, was auf mindestens 16 oder 17 Jahre schließen läßt
— je nach hormoneller Veranlagung. Ich will damit sagen: Rotbart ist Christian
körperlich haushoch überlegen. Er hätte ihm das Taschengeld wegnehmen können.
Einfach so. Weshalb schlägt er ihn derart? Der Arzt hat gesagt, es müssen
wuchtige Faustschläge gewesen sein ins Gesicht. Mindestens vier oder fünf.“
    „Vielleicht ist er ein
Sardinier — oder wie das heißt?“
    „Du meinst Sadist? Jemand, der
andere gern quält.“
    „Sage ich doch.“
    Tim schüttelte den Kopf. „Kann
ich mir nicht vorstellen.“ Klößchen starrte bedrückt vor sich hin. „Vier oder
fünf Faustschläge? Das muß man sich vorstellen. Bei einem Würstchen wie
Christian.“
    „Ich finde, es sieht nach einem
Wutanfall aus. Aber das ist ja alles nur Vermutung.“
    Beide blickten auf, denn in
diesem Moment stürmten Christians Eltern herein.
    Tim und Willi kannten den
Zahnarzt. Wer im Internat Zahnweh hatte, ließ sich bei ihm behandeln. Außerdem
war Reithl zuständig für gelegentliche Reihenuntersuchungen.
    Groß war er und feist, ein
Gebirge aus Speck. In glupschigen Augen stand keine Freundlichkeit. Rötliche
Haut — infolge kleiner, geplatzter Äderchen, Kupferglanz auf der Nase. Tim
hatte mal gelesen, daß starke Trinker so aussehen.
    Jetzt schwitzte Reithl, und
seine Kinnlade zitterte.
    Er stürmte auf Tim zu, wobei er
seine Frau fast umstieß. „Du! Du bist doch dieser... dieser Tim. Du hast ihn
gefunden, nicht

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