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Der böse Geist vom Waisenhaus

Der böse Geist vom Waisenhaus

Titel: Der böse Geist vom Waisenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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gelernter Einzelhandels-Kaufmann und ehemals
Abteilungsleiter in einem Supermarkt. Der Mann war verheiratet, sein Sohn
Tobias ist jetzt acht. Vleske wurde dreimal verurteilt — immer wegen des
gleichen Deliktes. Er ist gewalttätig — aber nie gegen ebenbürtige Gegner,
sondern ausschließlich gegen seine Frau und vor allem gegen seinen Sohn, den
Tobias. Unkontrollierte Wutanfälle gehörten bei ihm wohl zur Tagesordnung. Den
kleinen Tobias hat er regelmäßig geschlagen und zwar auf brutalste Weise. Seine
eigene Frau erstattete Anzeige. Aber die erste Strafe wurde zur Bewährung
ausgesetzt.“
    „Ist ja — ist ja grauenvoll“,
murmelte Reithl.
    „Sie sagen es. Vleske besserte
sich nicht. Einmal schmetterte er den Jungen so gegen die Wand, daß der Kleine
sich den Arm brach. Wieder eine Verurteilung. Diesmal nicht zur Bewährung. Aber
die Strafe fiel mild aus. Gudrun Vleske trennte sich von ihrem Mann und
beantragte Scheidung. Vleske drang dann gewaltsam bei ihr in die Wohnung ein, sperrte
seine Frau ins Schlafzimmer und prügelte Tobias so furchtbar, daß der Junge
zwei Tage im Koma lag — also in tiefer Bewußtlosigkeit. Zwei Jahre Gefängnis
erhielt Vleske dafür. Aber seit Juli ist er wieder auf freiem Fuß. Die Ehe
wurde inzwischen geschieden. Er wohnt jetzt in einem Hinterhofzimmer in der
Prisnauer-Straße, also gar nicht weit von Ihnen, ist arbeitslos und scheint
abzugleiten in die Penner-Szene.“
    Offenen Mundes hatte der
Zahnarzt zugehört.
    Jetzt tauschte er Blicke mit
seiner Frau.
    „Dann ist ja alles klar“, rief
Reithl.
    Heuser nickte. „Die Tat paßt zu
Vleske.“
    „Haben Sie ihn verhaftet?“
    „Wir waren natürlich gleich bei
ihm. Aber er ist nicht zu Hause. Zwei meiner Leute warten dort.“
    „Also sowas!“ Reithl strahlte
über sein Feistgesicht.
    Worüber freut der sich? dachte
Tim. Daß es dem Täter an den Kragen geht, kann doch allenfalls Genugtuung
bereiten.
    „Hast du das gehört, Carola“,
Reithls Lippen schmatzten. „Dieser Vleske war’s wirklich.“
    Heuser schien nachzudenken und
starrte dabei auf die Zimmerpalme.
    „Ungewöhnlich ist es trotzdem.“
    „Was? Wieso?“
    „Vleske hat bisher nur seine
Familie geprügelt.“
    „Na und?“
    „Aus welchem Grund mißhandelt
er Christian?“
    „Braucht so ein Rohling Gründe?
Der ist eben so. Er hat unser Kind geschlagen.“
    Heuser schüttelte kaum merklich
den Kopf, sagte aber nichts.
    Reithl rieb sich die Hände und
grinste dabei. Als er sich dessen bewußt wurde, ließ er die Arme zwischen die
Knie baumeln und senkte den Kopf.
    Tim sah zur Uhr. Es hatte
keinen Sinn, länger zu warten. Wie es um Christian stand, würden sie erst
morgen erfahren.
    „Brauchen Sie uns noch?“ fragte
er Heuser.
    „Ihr könnt gehen.“
    Die TKKGler verabschiedeten
sich höflich, was aber nur kurzes Nicken auslöste. Die Frau reagierte gar
nicht.
    Die Kids marschierten zum Lift,
fuhren hinunter, durchquerten die Vorhalle, nickten dem Portier zu, der in
seinem Kabuff saß, und traten in die schwadige Abendluft.
    Die Drahtesel lehnten an der
Mauer.
    Gaby, die seit einer Weile sehr
still war, pustete gegen ihren Pony.
    „Kommt mal mit“, sagte sie.
„Ich zeige euch was.“
    Sie stieg auf ihr Rad.
    „Ist es eßbar? „fragte
Klößchen. „Trinkbar? Oder wenigstens zum Lutschen? Ich hungere seit zwei
Stunden, will aber meinen Schoko-Vorrat dort in der Tasche erst morgen
angreifen.“
    „Denk nicht immer ans Fressen!“
sagte Gaby, was aus ihrem zarten Mund ungewöhnlich derb klang.
    Die Fahrt dauerte zwei Minuten.
    Tims Freundin hielt vor dem
Schaufenster einer kleinen Buchhandlung.
    Sie hatte geschlossen, aber in
der Auslage brannte Licht.
    Hinter der Glastür hing ein
Plakat.
    Gaby deutete darauf. „Das ist
vom BMFJ. Habt ihr sicherlich schon gesehen, aber noch nicht verinnerlicht.“
    Keiner der Jungs kannte das
Plakat.
    Aus der Entfernung sah man nur
den darauf abgebildeten Teddybär.
    „BMFJ“, fragte Klößchen. „Was
heißt denn das? Bär mit fescher Jacke?“
    Gaby seufzte.
„Bundesministerium für Frauen und Jugend.“
    Tim schob sein Rennrad bis
dicht vor die Glastür.
    Der Teddybär auf dem Plakat war
rostbraun und lag auf dem Rücken. Erschreckend war: In seinem Bauch steckte —
tief hineingerammt — , eine Schere. Sie hatte rote Plastikgriffe und stellte
eine tödliche, mörderische Waffe dar. Armer Bär! Sein wolliges Eingeweide quoll
aus der Wunde.
    Auf schwarzem Grund, der aussah
wie ein zerlaufener Tintenfleck,

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