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Der böse Geist vom Waisenhaus

Der böse Geist vom Waisenhaus

Titel: Der böse Geist vom Waisenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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elternlose Kinder, also ein Waisenhaus.
    Wenn Dansik Teppiche stahl im
Auftrag von Wolpert, ließ er gelegentlich auch andere Beute mitgehen. Manches
behielt er für sich, aber die besten Stücke bot er Reithl an; und der — von
Natur aus der Typ des gierigen Sammlers, für den Besitz gleichbedeutend ist mit
Macht und Unantastbarkeit — kaufte alles.
    Seit Jahren ging das so.
    Sie kamen gut aus miteinander.
    Dansik leistete auch andere
Gefälligkeiten.
    Auf Reithls Weisung hatte er
den Porsche eines Patienten in Brand gesteckt — eines Patienten, der im Begriff
war, einen Prozeß anzustrengen gegen den Zahnarzt wegen eines groben
Kunstfehlers.
    Der Anschlag tat seine Wirkung.
Der genervte Patient verzichtete auf Klage. Man einigte sich gütlich.
    Ein anderes Mal hatte Dansik
den Hund eines Nachbarn erschlagen, eines Nachbarn von Reithl. Den hatte das
Bellen gestört.
    Carola, dachte Reithl, würde
nicht mitmachen. Gut, daß sie schläft. Das ist ‘ne Sache, die läuft nur
zwischen Dansik und mir.
    Er nahm noch einen großen
Schluck aus der Flasche mit Himbeergeist. Ein Drittel davon hatte er intus.
Anfangs bewirkte das eine leichte Betrunkenheit, danach wurde er klarer im Kopf
— wie bei allen Alkoholikern — , konnte besser denken und schneller handeln.

    Er griff zum Telefon.
    Dansik meldete sich. Seine
Stimme klang etwas gequetscht. „Stimmt was nicht?“ fragte Reithl.
    „Ist noch mal gutgegangen. Wir
wären beinahe erwischt worden.“
    „Warst du heute abend
unterwegs?“
    „Bei dem günstigen Wetter.“
    „Ich habe was für dich. Diesmal
‘ne ernste Sache, Hugo.“
    „Hört sich an, als sollte ich
wen beseitigen.“
    „Bingo. Ins Schwarze
getroffen.“
    „Hm.“
    „Der Kerl verdient es nicht
besser.“
    „Darum geht’s nicht. So eine
Sache wiegt schwer.“
    „20 000 Mark auch.“
    „Naja.“
    „Mann, Hugo! Laß mich nicht
hängen. Für mich geht es um Kopf und Kragen.“
    „Für mich auch, wenn ich
erwischt werde.“
    „Wirst du nicht. Kann gar nicht
schiefgehen. Außerdem kannst du die Sache als Unfall tarnen. Verdammt noch mal,
ich fühle mich nicht mehr sicher, solange der Kerl mich erpressen kann. Nicht
nur mit dem Brief. Den verkauft er mir ja. Aber dann? Er weiß, was drin steht.
Die Bullen suchen ihn. Ein Penner wie er hat keine Chance. Der wird erwischt.
Wenn er dann auspackt, wenn die Presse davon Wind bekommt — Hugo, die Folgen
wären nicht auszudenken für mich.“
    „Ich habe nichts begriffen.
Würdest du freundlicherweise sagen, worum es geht.“
    „Also, das ist so...“
    Reithl erzählte und hielt sich
an die Wahrheit. Sie war gut aufgehoben bei Dansik.
    „Kann dich verstehen“, meinte
der schließlich. „300 000 sind ein Schweinegeld. Und sicher — da hast du recht
— bist du deshalb noch lange nicht vor dem. Vielleicht kann man dir rechtlich
nicht an den Kragen ohne Beweis. Aber Rufmord kann noch schlimmer sein. Du
hättest keine Patienten mehr, wenn sich das rumspricht. Wärst gesellschaftlich
geächtet. Keine Einladung mehr, die Nachbarn würden mit Fingern auf dich
zeigen, die Hunde dich anpinkeln…“
    „Genug!“ fiel Reithl ihm ins
Wort. „Es reicht. Ich weiß, was auf mich zukäme. Also? Machst du’s?“
    „50 000, Matthias. Für 50 000 —
ja. Sparst immer noch eine Viertelmillion und schläfst weiterhin ruhig.
Vorausgesetzt natürlich, dein Söhnchen hält die Klappe und macht nicht noch mal
Front gegen dich.“
    „Keine Sorge“, murmelte der
Zahnarzt. „Dafür sorge ich. Im Grunde mag ich ihn ja. Ich habe nur zuviel
Temperament.“
    „Also morgen, 17 Uhr,
Freizeit-Park, bei den Bänken am Musikpavillon mit Aktentasche und gefalteter
Zeitung.“
    „Falls er dich erkennen soll.“
    „Muß ich mir noch überlegen“,
erwiderte Dansik.

20. Samstagmorgen
     
    Professor Vierstein, Karls
Vater, war schon sehr früh in die Uni gefahren.
    Für einen Moment hatte Tim den
Verdacht, der große Wissenschaftler — der bisweilen auch zerstreut war — könnte
vergessen haben, daß heute, am Samstag, der Universitäts-Betrieb ruhte. Aber
dem war nicht so.
    Karl erklärte, sein Vater
arbeite an einem Experiment, dessen Ergebnis für die Raumfahrt bedeutungsvoll
wäre, treffe sich außerdem mit einem Studenten zur Besprechung eines Themas für
dessen Doktor-Arbeit.
    Die Jungs frühstückten,
verwöhnt von Karls Mutter.
    „Ihre Kochkunst und Ihr
Service, Frau Vierstein“, lachte Tim, „sind besser als im Grand-Hotel. Viel
besser. Karl ist zu

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