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Der böse Geist vom Waisenhaus

Der böse Geist vom Waisenhaus

Titel: Der böse Geist vom Waisenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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Aufsehen
vermeiden, unnützen Ärger. Ich bin schließlich jemand. Es wäre das gefundene
Fressen für die Sensationspresse.“
    „Allerdings. Als Zahnarzt und
auch gesellschaftlich könnten Sie dann einpacken. Oder möchten Sie mit jemandem
zu tun haben, der beinahe sein Kind umbringt.“
    „Ich... ich war das nicht.“
    „Hören Sie, Reithl. Die
Vorgänge liegen klar auf der Hand. Sie müssen irgendwie gewußt haben, daß
Christian diesen Brief geschrieben hat. Ihnen ist bekannt, daß er im Stadtwald
eine Baumhütte hat. Sie sind ihm nach, haben ihn erwischt und die Kontrolle
verloren über sich. Daß Sie ihn liegenließen, erkläre ich mir so: Sie hielten
ihn für tot.“
    Es blieb still am anderen Ende
der Leitung — zehn Sekunden, 20 Sekunden, eine Minute.
    Als Reithl dann sprach, klang
seine Stimme, als hätte er sie freigemacht mit Alkohol.
    „Sie spinnen ja.“
    „Dann spinne ich mal weiter:
Ich habe Christian nicht geschlagen. Also ein Unbekannter? Nein. Sie waren es,
auch wenn es dafür keinen Zeugen gibt.“
    „Na, also! Wieso verfallen Sie
dann auf mich?“
    „Weil Christian mich
beschuldigte, als er zu sich kam. Die Angst vor Ihnen war jetzt so riesengroß,
daß er es um nichts in der Welt gewagt hätte, Sie als seinen Peiniger zu
entlarven. Der Junge ist neun. Er ist abhängig von Ihnen und völlig verstört.
Also hat er denjenigen beschuldigt, den er vor Ihnen als letzten sah: mich.“
    „Unsinn!“
    „Ich nehme an, Sie haben seine
Taschen gefilzt. Aber da war ja kein Brief. Den hatte ich. Und ich habe ihn
noch.“
    Wieder schwieg der Zahnarzt
eine lange Minute.
    Vleske vermeinte, ein Gluckern
zu hören.
    Trank Reithl aus der Flasche?
    Offenbar. Denn jetzt stolperte
seine Zunge.
    „Der... verdammte Bengel hat...
hat alles erst ins Unreine geschrieben. Die Schmierschrift in ‘ner Kladde...
lag in seinem Zimmer auf dem Tisch. Daneben Briefpapier und Kuverts. Aber...
ich war mir nicht sicher, ob er den Brief... den Brief wirklich geschrieben
hat. Natürlich bin ich hinterher... zur Baumhütte.“
    „Und als Sie Christian
eingeholt hatten, sind Ihnen die Sicherungen durchgebrannt.“
    „Doch nur weil... weil... Ich
wußte hinterher nichts mehr. Ich hatte nachmittags ein bißchen gefeiert. Aber
glauben Sie mir... ich liebe meinen Sohn.“
    „Selbstverständlich.“ Vleske
verzog das Gesicht. „Saufen Sie jetzt nicht weiter, damit Sie mitkriegen, was
ich will. Oder ist Ihre Frau da?“
    „Die ist oben. Schläft schon.
Hat Schlaftabletten genommen. Braucht ihren Schönheitsschlaf. Das mit
Christians Operation — das erfahren wir erst morgen.“
    „Mir ist nicht daran gelegen,
Sie fertigzumachen. Aber ich stecke in der Klemme. Ich muß raus aus
Deutschland. Irgendwohin, wo man frei atmen kann. Dazu brauche ich Geld. Sie
haben das. Ich will 300 000. Ist für Sie doch ein Klacks. Dann halte ich den
Mund, und Sie kriegen den Brief.“
    Reithl überlegte nicht lange.
„Einverstanden.“
    „Wann und wo?“
    „Das Geld habe ich natürlich
nicht im Haus.“
    „Können Sie’s bis morgen
beschaffen?“
    „Morgen ist... ist Samstag. Die
Banken haben geschlossen. Aber... eine gewisse Summe könnte ich mir borgen von
Bekannten.“
    „Wieviel?“
    „Weiß ich noch nicht.“
    „Ich will 50 000 als Anzahlung.
Bis morgen nachmittag 17 Uhr. Kommen Sie zum Freizeit-Park. Und zwar zu den
Bänken vor dem Musikpavillon. Bringen Sie das Geld in einer Aktentasche und
nehmen Sie, damit ich Sie erkenne, eine gefaltete Zeitung in die andere Hand.
Klar?“
    „Geht in Ordnung“, murmelte
Reithl.
    Vleske legte auf.

19. Mord-Komplott
     
    Das Kaminzimmer der Reithls
besaß eine Grundfläche von 62 Quadratmetern. Trotzdem wirkte es eng, war
nämlich vollgestopft mit einem geschmacklosen Durcheinander von modernen,
futuristischen und antiquarischen Möbeln.
    Wertvolle Sammler-Waffen hingen
an den Wänden, Gemälde, Kunstgegenstände.
    Reithl, groß und fleischig,
wirkte dazwischen wie ein feilschender Händler in seinem Vorratslager.
    Aber der Zahnarzt wollte nicht
verkaufen, sondern hatte gekauft — und das meiste sehr günstig, sozusagen unter
der Hand: für einen Preis, den nur heiße Ware so tief drückt.
    Reithl nannte so was
Gelegenheiten.
    Rechtlich war es Hehlerei.
    Denn er wußte, daß er
gestohlene Ware kaufte. Aber er konnte seinem Lieferanten vertrauen.
    Der hieß Dansik, Hugo Dansik,
hatte ein Gesicht, das man nicht vergißt wegen einer Muskelschwäche der Lider,
und leitete ein privates Heim für

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