Der böse Wulff?: Die Geschichte hinter der Geschichte und die Rolle der Medien
Verhältnis zwischen
Wulff und Merkel jedoch nie von offener Konkurrenz geprägt. Im
Gegenteil: Wulff war zwar dafür bekannt, in Hintergrundgesprächen
mit Journalisten gelegentlich über Merkel zu lästern, doch als es für
Merkel darauf ankam, hielt er zu ihr: Als Wolfgang Schäuble im Februar 2000 im Zuge der CDU-Spendenaffäre als Parteichef zurücktrat, war Wulff der Erste, der sich mit seinem Landesverband für die
damalige Generalsekretärin Merkel als neue Parteichefin aussprach
und damit die Linie vorgab. Wulff als Konkurrent von Merkel war vor
allem eine Inszenierung der Medien, auch wenn sie ihm geschmeichelt
haben dürfte. Die Kanzlerschaft aber hat Wulff nie gezielt angestrebt.
In einem Interview mit dem Stern sagte er im Sommer 2008, anders
als Angela Merkel oder Franz Müntefering sei er kein „Alphatier". Bundeskanzler oder Bundesminister zu werden, reize ihn nicht. „Mir
fehlt der unbedingte Wille zur Macht und die Bereitschaft, dem alles
unterzuordnen." Das wird ihm seinerzeit vor allem als Koketterie ausgelegt, vermutlich war es das auch, im Kern stimmte die Äußerung
aber. Zwar besaß Wulff in Hannover zweifellos einen Willen zur
Macht, den er, wenn es darauf ankam, auch eingesetzt hat, dennoch
fehlte ihm das letzte Stück Selbstvertrauen, um Kanzler werden zu
wollen. Im Kern blieb er immer ein Zauderer und Zweifler - ein Charakterzug, der auch in seiner Amtszeit als Bundespräsident sichtbar
werden sollte.
Der Präsidentenflüsterer
Is Olaf Glaeseker mit Christian Wulff nach Berlin kommt,
geht ihm ein Ruf wie Donnerhall voraus. „Mephistopheles"
wird Glaeseker in Hannover ab und zu genannt, was vor allem
an seinem kahlen Schädel und den dunklen Anzügen liegt, die er meist
trägt, aber auch daran, dass das, was er seinem Chef einflüstert, Gewicht hat. Glaeseker ist der wohl wichtigste Vertraute aus Hannover,
den Wulff mit nach Berlin nimmt, mehr noch als Lothar Hagebölling,
der Chef der Staatskanzlei, den der neue Bundespräsident in Berlin
zum Chef des Präsidialamts macht. Glaeseker ist Wulffs Kompass in
der Medienwelt. Die Hauptstadtpresse ist im Sommer 2010 gespannt
auf den neuen Präsidentensprecher, der sich in Hannover als Regierungssprecher einen legendären Ruf erworben hat. Die Süddeutsche
Zeitung bezeichnet Glaeseker seinerzeit als den „Erfinder" von Christian Wulffs Image und den „Macher" des Präsidenten. In Hannover
gelten die beiden als unzertrennlich.
Allerdings ist das Verhältnis zwischen Wulff und Glaeseker keinesfalls spannungsfrei. Zwischen den beiden kommt es in Hannover immer
wieder zu heftigen Auseinandersetzungen. Wulff ist häufig wütend
über die offene Art, mit der sein Sprecher ihn intern immer wieder kritisiert. Zwar folgt er am Ende meist doch Glaesekers Rat, aber
beide haben ein unterschiedliches Verständnis von der Natur ihrer
Zusammenarbeit. „Für Wulff war das kein Verhältnis auf Augenhöhe",
erinnert sich ein ehemaliger Mitarbeiter der Staatskanzlei, doch Glaeseker nimmt für sich in Anspruch, mit seinem Chef Klartext zu reden.
So hält Glaeseker auch nicht mit Kritik hinter dem Berg, als es zum
Bruch in Wulffs Familienleben kommt: Für das Image des katholischen Ministerpräsidenten mit CDU-Parteibuch bedeutet die Trennung von Frau und Tochter und schließlich die neue Beziehung zu
einer deutlich jüngeren Frau, die dazu bereits ein eigenes Kind hat,
eine Belastung. Und für Glaeseker bedeutet sie Arbeit. Es gilt als sein
Meisterstück in Hannover, wie er diesen Bruch öffentlich zu inszenieren versteht, ohne dass Wulffs Ansehen dabei nennenswerten Schaden
nimmt. Glaeseker sorgt für eine wohlwollende mediale Begleitung der
Trennung und gelungene Inszenierung der neuen Beziehung vor allem
mithilfe der Bild-Zeitung.
Doch als Bettina Körner schwanger wird, kurz bevor in Niedersachsen im Januar 2008 der Landtag neu gewählt wird und bekannt wird,
dass Wulff sich scheiden lassen will, um Bettina zu heiraten, kommt es
zu einer schweren Auseinandersetzung zwischen Wulff und Glaeseker.
Der Sprecher wirft dem Regierungschef vor, dadurch den Wahlsieg aufs
Spiel zu setzen. Der Streit führt zu einer nachhaltigen Verstimmung
zwischen den beiden, die das Verhältnis verändert: Wulff entscheidet
sich, fortan Privates für sich zu behalten. So erfährt Glaeseker nichts
von dem Privatkredit, den Wulff aufnimmt, um für seine neue Familie
ein Haus zu kaufen. Schon von den Flitterwochen, die Christian
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