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Der böse Wulff?: Die Geschichte hinter der Geschichte und die Rolle der Medien

Der böse Wulff?: Die Geschichte hinter der Geschichte und die Rolle der Medien

Titel: Der böse Wulff?: Die Geschichte hinter der Geschichte und die Rolle der Medien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Götschenberg
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Spekulationen ins Kraut, dass
in Koalitionskreisen bereits nach einem Nachfolger gesucht werde. Das
hat vor allem damit zu tun, dass die maßgebliche Person in der Bundesregierung, nämlich die Kanzlerin, zunächst schweigt. Bis zum 4.
Januar 2012 hört man von Angela Merkel kein Wort, dabei geben
Wortmeldungen aus der Koalition durchaus einen Hinweis darauf,
dass die Kanzlerin Wulff noch nicht aufgegeben hat. Diejenigen, die
sich äußern, signalisieren allerdings eindeutig, dass von Wulff eine
öffentliche Erklärung erwartet wird. „Die Pressefreiheit ist ein sehr
hohes Gut in unserer Demokratie", stellt Gerda Hasselfeldt, die Chefin der CSU-Landesgruppe, am 3. Januar fest. Sie sei sicher, dass der
Bundespräsident die gegen ihn erhobenen Vorwürfe aufklären könne.
„Und das kann auch nur er selbst." CDU-Generalsekretär Hermann
Gröhe meint in einer dürren Erklärung, Wulff habe sich für seinen
Anruf bei Bild entschuldigt und die Entschuldigung sei angenommen
worden. Bei der FDP achtet man bereits darauf, einen größeren Sicherheitsabstand zu Wulff einzuhalten. Der designierte Generalsekretär
der FDP, Patrick Döring, erklärt, dass es an Wulff selbst liege, „die
entstandenen Irritationen aus dem Weg zu räumen".
    Die Opposition wird noch deutlicher: „Die politische Schonfrist
geht zu Ende", sagt Thomas Oppermann von der SPD. Wenn der
Bundespräsident versuche, Berichterstattung zu verhindern, sei das
absolut unangemessen. SPD-Chef Gabriel beginnt in diesen Tagen,
seine Kommentare zum Bundespräsidenten über Facebook zu kommunizieren. Dort liest man, dass sich zwar „niemand den zweiten
Rücktritt eines Bundespräsidenten innerhalb von zwei Jahren" wünsche, allerdings wünsche man sich auch keinen, „der seinem Amt weder
politisch noch stilistisch gewachsen" sei. Da die Kanzlerin selbst zunächst schweigt, liegt in diesen ersten Januartagen der Rücktritt des
Bundespräsidenten in der Luft. Doch die Realität ist eine andere:
Wulff ist entschlossen, im Amt zu bleiben, und Merkels Schweigen
täuscht, denn sie hat Wulff mitnichten aufgegeben. In Merkels Umfeld heißt es allerdings in diesen Tagen: „Er muss sich noch einmal
erklären."

    Das Fernsehinterview
    m Mittwoch, dem 4. Januar 2012, gegen 10 Uhr bekommt
Ulrich Deppendorf, der Chef des ARD-Hauptstadtstudios,
einen Anruf aus dem Bundespräsidialamt. Am Telefon ist Petra Diroll, die Sprecherin des Bundespräsidenten. Mit Ausbruch der
Krise schon hatte die ARD wegen eines Interviews mit Christian Wulff
angefragt. Jetzt, so erfährt Deppendorf, sei der Bundespräsident bereit,
auf dieses Angebot zurückzukommen. Am Abend vorher hatten sich
Wulff und seine engsten Berater zu einer Krisensitzung getroffen und
den Entschluss gefasst, dem Druck nach einer neuerlichen Erklärung
des Bundespräsidenten mit einem Interview im Fernsehen nachzugeben. Deppendorf wird gebeten, sich mit Bettina Schausten vom ZDF
in Verbindung zu setzen, denn das Interview soll gleichzeitig bei ARD
und ZDF ausgestrahlt werden. Beide, so die Bitte, mögen doch eine
Stunde später zu einer Vorbesprechung ins Bellevue kommen. Um
kurz nach 11 Uhr sitzen Deppendorf und Schausten im Amtszimmer
des Bundespräsidenten im Bellevue und besprechen den Ablauf des
Interviews mit dem Chef des Präsidialamts, Lothar Hagebölling, und
der Präsidentensprecherin.
    Deppendorf und Schausten machen klar, dass es keine Tabus geben
dürfe und alle Fragen erlaubt sein müssten, die von Interesse seien.
Tatsächlich finden keinerlei Absprachen statt, es werden keine Themen ausgeklammert. Nur bei der Frage, wo das Interview geführt werden
soll, wird man sich nicht direkt einig. Das Präsidialamt plädiert für
Schloss Bellevue, während Deppendorf und Schausten auf einem Fernsehstudio bestehen. Schließlich kommt der Bundespräsident hinzu.
Wulff hört sich an, was geplant ist, und lenkt bereitwillig ein: Man
einigt sich darauf, das Interview im ARD-Hauptstadtstudio zu führen,
und zwar noch am selben Nachmittag. Als Christian Wulff in Begleitung seiner Sprecherin Petra Diroll und von Präsidialamtschef Hagebölling vor dem ARD-Hauptstadtstudio in Berlin vorfährt, erwartet
ihn eine ganze Armada von Kameras und Mikrofonen. Drinnen bittet
Wulff darum, eine Viertelstunde lang einen Raum nutzen zu können.
Man entscheidet sich für die Maske. Die erbetene Auszeit verbringt
der Bundespräsident völlig alleine in dem Raum, auch seine Begleiter
sind

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