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Der Botschafter

Der Botschafter

Titel: Der Botschafter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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ihr gelungen, sich ihr Image als Verteidigerin eines unterdrückten Volkes zu bewahren.
    Blake wollte die britische Nordirlandpolitik vom Kopf auf die Füße stellen. Er wollte der Weltöffentlichkeit vor Augen führen, daß die protestantische Lebensart in Ulster sich im Belagerungszustand befand. Und um das zu erreichen, war er bereit, die Terrorkarte auszuspielen - nachdrücklicher und besser, als die IRA sich jemals hatte träumen lassen.
    Blake bog in eine Seitenstraße ab und betrat McConville's Pub. Das Lokal war düster, überfüllt und bläulich verqualmt.
    Entlang der holzgetäfelten Wände waren Sitznischen mit hohen Trennwänden und Türen, die jeweils einem halben Dutzend Gäste Platz boten.
    Der Barkeeper hinter der polierten Messingtheke sah auf, als er hereinkam. »Hast du die Meldung gehört, Kyle?«
    Blake schüttelte den Kopf. »Welche Meldung?«
    »Ein Anrufer hat die Verantwortung übernommen. Es sollen Prods gewesen sein. Irgendeine neue Gruppe, die sich Ulster Freedom Brigade nennt.«
    »Was du nicht sagst, Jimmie.«
    Der Barkeeper nickte zur hintersten Ecke des Lokals hinüber.
    »Gavin und Rebecca warten auf dich.«
    Blake nickte dankend und schlängelte sich durch die Reihen der Gäste. Er klopfte einmal an die Tür der Sitznische und trat ein. An dem kleinen Tisch saßen zwei Personen: ein großgewachsener Mann, der einen schwarzen Rollkragenpullover und ein Sportsakko aus grauem Cordsamt trug, und eine attraktive Frau in einem dicken beigen Wollpullover. Der Mann war Gavin Spencer, der Operationsoffizier der Brigade. Die Frau war Rebecca Wells, der Nachrichtenoffizier der Brigade.
    Blake zog den Mantel aus und hängte ihn an einen Wandhaken. Der Barkeeper tauchte auf.
    »Drei Guinness, Jimmie«, sagte Blake.
    »Wenn ihr Hunger habt, kann ich nach nebenan laufen und ein paar Sandwiches holen.«
    »Sandwiches wären gut.«
    Blake gab Jimmie einen Zehnpfundschein; dann verriegelte er die Tür und setzte sich an den Tisch. Die drei saßen einen Augenblick lang schweigend da und betrachteten einander. Dies war seit den Anschlägen das erste Mal, daß sie sich zu treffen wagten. Obwohl sie vom Erfolg des Unternehmens begeistert waren, waren sie auch nervös. Ihnen war bewußt, daß es jetzt kein Zurück mehr gab.
    »Was sagen deine Männer?« erkundigte Blake sich bei Gavin Spencer.
    »Sie wollen unbedingt weitermachen«, antwortete Spencer. Er hatte die kräftige Statur eines Hafenarbeiters und leicht konfuse Art eines Dichters. Sein schwarzes Haar war grau meliert, und eine üppige Tolle fiel ihm ständig in die Stirn über seinen leuchtendblauen Augen. Wie Blake hatte er in der britischen Armee gedient und später der Ulster Volunteer Force angehört.
    »Aber sie machen sich verständlicherweise Sorgen, ob unsere Zeitzünder auch wirklich zuverlässig arbeiten.«
    Blake zündete sich eine Zigarette an und rieb sich müde die Augen. Er hatte die Entscheidung getroffen, die Bombenleger von Dublin und London durch zu kurz eingestellte Zeitzünder ihrer Bomben zu opfern. Dahinter steckte eine ebenso einfache wie machiavellistische Überlegung. Er hatte es mit dem britischen Geheimdienst-und Sicherheitsestablishment zu tun, das in Europa zu den tüchtigsten und skrupellosesten gehörte.
    Die Ulster Freedom Brigade mußte überleben, wenn sie ihren Terrorfeldzug weiterfuhren wollte. Wäre einer der beiden Bombenleger der Polizei in die Hände gefallen, wäre die Brigade ernstlich gefährdet gewesen.
    »Schieb's auf die Bombenbauer«, sagte Blake. »Erklär ihnen, daß dieses Spiel für uns noch neu ist. Die IRA hat eine eigene technische Abteilung, die nichts anderes tut, als immer noch bessere Bomben zu entwickeln. Aber sogar die IRA macht Fehler. Als sie sechsundneunzig den Waffenstillstand gebrochen hat, haben ihre ersten Bomben versagt. Ihre Bombenbauer sind außer Übung gewesen.«
    »Das sage ich meinen Männern«, bestätigte Gavin Spencer.
    »Einmal glauben sie es uns, aber falls es sich wiederholt, werden sie mißtrauisch. Wenn wir diesen Kampf gewinnen wollen, brauchen wir Männer, die bereit sind, den Abzug durchzudrücken und die Bombe zu legen.«
    Blake wollte etwas fragen, aber in diesem Augenblick wurde leise an die Tür geklopft. Er stand auf und zog den Riegel zurück. Der Barkeeper reichte ihm eine Tüte mit Sandwiches.
    »Und was ist mit Bates?« fragte Blake, als sie wieder allein waren.
    »Mit dem kann's Probleme geben«, sagte Rebecca Wells.
    Blake und Spencer sahen sie

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