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Der Botschafter

Der Botschafter

Titel: Der Botschafter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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Häusern flattern ausgebleichte Union Jacks, und die Randsteine sind mit roten, weißen und blauen Streifen bemalt.
    Kyle Blake hielt nichts von demonstrativen Treuebekundungen, sondern neigte dazu, seine politischen Überze ugungen und übrigens auch alles andere, was er für wichtig hielt - bewußt für sich zu behalten. Er gehörte keiner unionistischen Vereinigung an, ging nur selten in die Kirche und sprach niemals in der Öffentlichkeit über Politik. Trotzdem wußte oder vermut ete man innerhalb der Mauern von Brownstown relativ viel über ihn: Er war ein harter Bursche, ein ehemaliger hoher Offizier der Ulster Volunteer Force, der wegen der Ermordung von Katholiken im Gefängnis »the Maze« gesessen hatte.
    Kyle Blake sah den Aufmacher der heutigen Nine O'Clock News.
    Vor wenigen Augenblicken ist bei der BBC der Anruf einer protestantischen Gruppe eingegangen, die sich Ulster Freedom Brigade nennt. Die Gruppe bekämpft das Karfreitagsabkommen.
    Sie hat die Verantwortung für die Attentate übernommen und ist entschlossen, mit Terroranschlagen weiterzukämpfen, bis das Friedensabkommen a ußer Kraß gesetzt wird.
    Kyle Blake hielt es für überflüssig, sich den Rest der Sendung anzusehen, deshalb stellte er sich an die offene Terrassentür, die in den verwilderten Garten hinausführte, und rauchte eine der unzähligen Zigaretten, die er täglich qualmte. Die Luft roch nach feuchter Erde mit einem Hauch von Meeresduft. Blake warf den Zigarettenstummel in ein mit Unkraut überwuchertes Blumenbeet und hörte dabei mit halbem Ohr die Reaktion eines Nordirlandexperten des Londoner University Colleges. Er schloß die Terrassentür und schaltete den Fernseher aus.
    Dann ging er in die Küche und führte mehrere kurze Telefongespräche, während seine Frau Rosemary, mit der er seit zwanzig Jahren verheiratet war, das Geschirr abwusch. Da sie wußte, was ihr Ehemann machte - sie hatten keine Geheimnisse voreinander, außer was die exakten operativen Einzelheiten seiner Arbeit betraf -, kamen ihr solche Telefongespräche in verschleierter Sprache völlig normal vor. Nach dem vierten Anruf legte er den Telefonhörer auf und nahm seinen Regenmantel vom Haken an der Tür.
    »Ich gehe noch mal weg.«
    Rosemary nahm seinen Schal vom Haken, band ihn ihm um den Hals und sah ihm dabei ins Gesicht, als sehe sie es zum ersten Mal. Er war ein kleiner Mann, nicht viel größer als sie selbst, und durch sein Kettenrauchen hager wie ein Langstreckenläufer. Er hatte wachsame graue Augen, die tief in ihren Höhlen lagen, und markant hervortretende Backenknochen. In seinem scheinbar schmächtigen Körper steckten Riesenkräfte, und als Rosemary ihn jetzt umarmte, konnte sie seine Schulter-und Rückenmuskeln als sehnige Stränge fühlen.
    »Sei vorsichtig«, flüsterte sie ihm ins Ohr. Blake zog seinen Mantel an und küßte sie auf die Wange. »Schließ die Tür ab, und wart nicht auf mich.«
    Kyle Blake hatte eine kleine Druckerei, und das einzige Auto des Ehepaars, ein kleiner Ford Kombi, war mit dem Namen seiner Firma in Portadown beschriftet. Er sah automatisch unter den Wagen, um eine etwa dort angebrachte Autobombe zu entdecken, bevor er einstieg und den Motor anließ. Dann fuhr er durch die Wohnsiedlung Brownstown. Das riesige Gesicht Billy Wrights, eines fanatischen protestantischen Killers, der im »Maze« von katholischen Attentätern ermordet worden war, starrte von der Außenwand eines der Terrassenhäuser. Blake sah stur geradeaus. Er bog auf die Armagh Road ab und folgte einem britischen Schützenpanzer in Richtung Stadtmitte.
    Er stellte Radio Ulster an, das eine Sond ermeldung über die Übernahme der Verantwortung für die jüngsten Bombenanschläge durch die Ulster Freedom Brigade brachte.
    Die RUC hatte für Teile der Counties Antrim und Down verschärfte Kontrollen angeordnet. Autofahrer wurden gewarnt, sie müßten wegen der Straßensperren mit Verzögerungen rechnen. Anderswo bringt das Radio Staumeldungen, dachte Kyle Blake, in Ulster wird vor Straßensperren gewarnt. Er stellte das Radio ab und hörte dem gleichmäßigen Rhythmus der Scheibenwischer auf der regennassen Windschutzscheibe zu.
    Obwohl Kyle Blake nicht studiert hatte, war er ein profunder Kenner der Geschichte Nordirlands. Er mußte lachen, wenn es hieß, die Unruhen in der Provinz hätten 1969 begonnen; im Norden des Countys Armagh hatten Protestanten und Katholiken sich gegenseitig seit Jahrhunderten ermordet.
    Weltreiche waren entstanden und

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