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Der Botschafter

Der Botschafter

Titel: Der Botschafter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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Passanten am Hans Crescent.
    Als die Fußgängerampel auf Grün umsprang, überquerte sie die kleine Straße, bahnte sich ihren Weg durch eine Horde japanischer Touristen, die zu Harrods wollten, und erreichte den Abgang zur U-Bahn-Station Knightsbridge. Sie zögerte einen Augenblick und sah die kurze, geflieste Treppe zu den Fahrkartenschaltern hinunter. Dann setzte sie sich wieder in Bewegung und zog dabei ihren Koffer hinter sich her, so daß er von der obersten auf die nächste Stufe krachte.
    Auf diese Weise hatte sie erst drei Stufen bewältigt, als ein junger Mann mit schütterem blonden Haar hinter ihr die Treppe herunterkam. Er lächelte sie an, als wolle er mit ihr flirten, und sagte: »Kommen Sie, ich helfe Ihnen mit Ihrem Koffer.«
    Sein Akzent klang mitteleuropäisch, leicht skandinavisch, als sei er Deutscher oder Holländer, vielleicht Däne. Sie zögerte.
    Durfte sie sich von einem Unbekannten mit dem Koffer helfen lassen? War es verdächt iger, sein Angebot auszuschlagen?
    »Oh, vielen Dank«, antwortete sie schließlich. Sie sprach mit flachem, tonlosem amerikanischen Akzent. Sie hatte lange Zeit in New York gelebt und konnte ihren nordirischen Akzent nach Belieben ablegen. »Das wäre großartig.«
    Er packte den Koffer am Griff und hob ihn hoch.
    »Großer Gott, was haben Sie da drin, Ziegelsteine?«
    »Tatsächlich gestohlene Goldbarren«, behauptete Dame, und sie lachten beide.
    Er trug ihren Koffer die Treppe hinunter und stellte ihn dort ab. »Noch mal vielen Dank«, sagte Dame, nahm den Griff wieder selbst in die Hand, wandte sich ab und ging weiter. Sie spürte seine Gegenwart dicht hinter sich. Sie ging rascher und warf einen betont auffälligen Blick auf ihre Uhr, um zu signalisieren, sie habe es eilig. Sie erreichte den Vorraum und fand einen freien Fahrkartenautomaten. Sie warf drei Pfund dreißig ein und drückte auf den entsprechenden Knopf. Der hilfsbereite junge Mann trat an den Automaten neben ihr und warf ebenfalls einige Münzen ein, ohne noch einmal zu ihr hinüberzusehen. Er kaufte eine Fahrkarte für ein Pfund zehn, was bedeutete, daß er nur eine kurze Strecke fahren würde, wahrscheinlich zu irgendeinem Ziel im Stadtzentrum. Er nahm seine Fahrkarte aus dem Automaten und verschwand im Gewühl des Berufsverkehrs.
    Sie ging durchs Drehkreuz und fuhr auf der langen Rolltreppe zum Bahnsteig hinunter. Im nächsten Augenblick spürte sie einen starken Luftzug und hörte das Rattern der einfahrenden U-Bahn. Wie durch ein Wunder waren noch ein paar Sitzplätze frei. Sie ließ ihren Koffer in der Nähe der Tür stehen und setzte sich. Als der Zug Earl's Court erreichte, war der Wagen dicht besetzt, und Dame hatte ihren Koffer aus den Augen verloren.
    Der Zug tauchte aus dem Untergrund auf und raste durch die westlichen Vororte von London. Auf windigen Bahnsteigen in Boston Manor, Osterley und Hounslow East stiegen müde Pendler aus.
    Als der Zug sich seinem ersten Halt in Heathrow näherte - dem Bahnsteig von Terminal Vier -, sah Dame sich die in ihrer Nähe sitzenden Fahrgäste an. Zwei junge englische Geschäftsleute, von deren Korrektheit einem fast übel werden konnte, eine mürrische Gruppe deutscher Touristen und vier Amerikaner, die lautstark darüber diskutierten, ob die Londoner Aufführung von Miss Saigon wirklich besser als die am Broadway sei. Dame sah wieder weg.
    Der Plan war einfach. Sie hatte Anweisung, am Terminal Vier auszusteigen und den Koffer zurückzulassen. Bevor sie den Zug verließ, würde sie auf den Knopf eines kleinen Senders in ihrer Jackentasche drücken. Dieser als Fernbedienung für die Zentralverriegelung einer japanischen Luxuslimousine getarnte Sender würde den Zeitzünder aktivieren. Fuhr der Zug fahrplanmäßig weiter, würde der Sprengsatz detonieren, sobald er einige Sekunden am Bahnsteig für die Eins, Zwei und Drei gehalten hatte. Der bei der Detonation angerichtete Sachschaden würde Hunderte von Millionen Pfund betragen und die Flugreisenden monatelang behindern.

    Der Zug wurde langsamer, als er sich dem Halt für Terminal Vier näherte. Sobald das Schwarz des Tunnels dem grellen Licht der Bahnsteigbeleuchtung wich, stand die Frau auf. Als die Türen aufgingen, drückte sie den Knopf des Senders und machte die Bombe scharf. Sie trat auf den Bahnsteig hinaus und ging rasch in Richtung Ausgang davon. Dann hörte sie jemanden gegen eines der Zugfenster hämmern. Sie drehte sich um und sah, daß einer der jungen englischen Geschäftsleute mit

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