Der Botschafter
und ging zur Tür. »Ich weiß nicht, wie's euch beiden geht, aber ich brauche etwas Schlaf. Weckt mich bitte nur, wenn's ganz dringend ist.«
Die erste Nacht war klar, windstill und bitterkalt gewesen.
Kyle Blake und Gavin Spencer beschlossen, noch zu warten; vierundzwanzig Stunden machten keinen Unterschied, und die Wettervorhersage klang vielversprechend. Die zweite Nacht war ideal: Eine dichte Wolkendecke beeinträchtigte die Wirksamkeit der Nachtsichtgeräte der SAS-Männer; Wind und Regen trugen dazu bei, die Geräusche ihrer Annäherung zu tarnen. Kyle Blake war einverstanden, und Spencer schickte zwei seiner besten Leute los, um sie den Auftrag ausführen zu lassen. Einer der beiden war ein Veteran der britischen Armee, der einige Jahre als Söldner im Ausland gewesen war. Der andere war ein ehemaliger UDA-Killer: der Mann, der Ian Morris erschossen hatte. Spencer hatte ihnen die Decknamen Yeats und Wilde gegeben. Er schickte sie einige Stunden nach Sonnenuntergang los und befahl ihnen, erst kurz vor Tagesanbruch anzugreifen - genau wie die Peep O'Day Boys.
Das Farmhaus stand in einem kesselförmigen kleinen Tal. Es war von einigen Morgen Weideland umgeben, aber jenseits der Zäune erhoben sich dicht bewaldete Hügel. Auf einem dieser Hügel, der fast genau östlich des Farmhauses lag, hatten die E4-und SAS-Männer ihren Beobachtungsposten eingerichtet. In dieser zweiten Nacht war er in tiefhängende Wolken gehüllt.
Yeats und Wilde trugen Schwarz. Sie hatten ihren blassen Ulsterteint mit Kohlenstaub geschwärzt. Sie schlichen sich von Osten durch den dichten Nadelwald an, folgten den Steigungen und Gefallen des hügeligen Geländes und legten kaum mehr als einen Meter in der Minute zurück. Manchmal lagen sie minutenlang unbeweglich still, preßten ihre Körper an die nasse Erde und beobachteten ihr Ziel durch Nachtgläser. Als sie bis auf eine Viertelmeile herangekommen waren, trennten sie sich: Yeats bewegte sich nach Norden, Wilde nach Süden.
Um vier Uhr waren beide Männer erschöpft, bis auf die Haut durchnäßt und kältestarr. Yeats, der seine Ausbildung in der britischen Armee erhalten hatte, war körperlich und geistig besser auf eine Nacht auf einem eiskalten Hügel vorbereitet.
Wilde war das nicht; er war in West Belfast in Shankill aufgewachsen und hatte seine Erfahrungen auf den dortigen Straßen, nicht im Feld gesammelt. In den letzten Minuten vor dem Überfall fragte er sich, ob er überhaupt dazu imstande sein würde. Er litt an Unterkühlung; seine Hände und Füße waren gefühllos, aber er spürte die Kälte nicht mehr. Gleichzeitig zitterte er so heftig, daß er fürchtete, nicht mehr zielsicher schießen zu können, wenn es soweit war.
Um fünf Uhr waren beide Attentäter in Position. Yeats, der hinter einem mächtigen Baum auf dem Bauch lag, beobachtete seinen SAS-Mann, der sich aus Ästen und belaubten Zweigen einen Sichtschutz gebaut hatte. Yeats zog seine Pistole, eine 9mm-Walther mit aufgesetztem Schalldämpfer. Auch Wilde war mit einer Pistole dieser Art bewaffnet. Beide Männer wußten, daß sie den SAS-Männern an Feuerkraft weit unterlegen waren.
Wollten sie ihren Angriff überleben, mußten die ersten Schüsse treffen.
Yeats richtete sich plötzlich auf einem Knie auf und schoß.
Die Walther mit Schalldämpfer war fast nicht zu hören. Die ersten Schüsse trafen mit dumpfen Aufschlägen den Oberkörper des SAS-Manns und warfen ihn nach hinten. Den Geräuschen nach trug er eine kugelsichere Kevlarweste, was bedeutete, daß er bestimmt noch lebte.
Yeats sprang auf und stürmte durch die Dunkelheit vorwärts.
Er war bis auf wenige Meter herangekommen, als der SAS-Mann sich plötzlich aufsetzte und zu schießen begann. Auch das Sturmgewehr war mit einem Schalldämpfer ausgerüstet, so daß nur ein leises metallisches Klicken zu hören war.
Aber Yeats hatte sich bereits zu Boden geworfen, so daß die Schüsse über seinen Kopf hinweggingen und in Bäume hinter ihm einschlugen. Yeats wälzte sich zur Seite, blieb auf dem Bauch liegen und hielt die Walther in seinen ausgestreckten Händen. Er zielte und drückte zweimal rasch nache inander ab, wie er's in der Army gelernt hatte. Seine Schüsse trafen den SAS-Mann im Gesicht. Er brach tot zusammen.
Yeats sprang wieder auf, stürmte vorwärts, riß dem toten SAS-Mann sein Sturmgewehr aus den Händen und rannte dorthin, wo die E4-Männer ihren Beobachtungsstand hatten.
Wilde hatte es leichter. Der SAS-Mann, den er
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