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Der Botschafter

Der Botschafter

Titel: Der Botschafter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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SAS-Gewehrs an den Hinterkopf drückte.
    »Gavin, nein«, bat er. »Bitte, Gavin!«
    »Keine Sorge, Sam. Dich erwartet eine bessere Welt.«
    Spencer drückte ab.
    Um sechs Uhr klingelte das Telefon auf Michaels Nachttisch in seinem Gästezimmer im Winfield House. Er wälzte sich zur Seite und riß den Hörer vor dem zweiten Klingeln von der Gabel. Am Apparat war Graham Seymour, der aus seinem Haus in Belgravia anrief.
    »Zieh dich an. Ich hole dich in einer halben Stunde ab.«
    Graham legte ohne ein weiteres Wort auf. Michael duschte, rasierte sich und zog sich rasch an. Fünfundzwanzig Minuten später fuhr ein Rover mit Chauffeur vor Winfield House vor.
    Michael stieg hinten bei Graham Seymour ein.
    Graham bot ihm einen Pappbecher Kaffee an. Er sah wie ein Mann aus, der durch eine Hiobsbotschaft geweckt worden ist.
    Seine Augen waren rotgerändert, und er hatte sich offenbar in größter Eile und nur unvollständig rasiert. Während die Limousine bei Tagesanbruch rasch durch den Regent's Park fuhr, berichtete Graham mit tonloser Stimme, was sich in der Nacht auf der Farm in den Sperrin Mountains ereignet hatte.
    »Jesus!« flüsterte Michael erschrocken.
    Der Rover raste den Outer Circle entlang und folgte dann der Euston Street ein kurzes Stück nach Osten, bevor er auf der Tottenham Court Road nach Süden weiterfuhr. Michael umklammerte seine Armlehne, während ihr Chauffeur sich durch den noch flüssigen Morgenverkehr schlängelte.
    »Willst du mir nicht verraten, wohin wir fahren?« erkundigte Michael sich.
    »Ich wollte dich überraschen.«
    »Ich hasse Überraschungen.«
    »Ich weiß«, sagte Graham mit schwachem Lächeln.
    Fünf Minuten später rasten sie die Whitehall hinunter. Dann hielt der Chauffeur vor dem Stahltor, das die Downing Street absperrte. Als Graham sich bei dem Wachhabenden ausgewiesen hatte, wurde das Tor geöffnet. Die Limousine fuhr weiter und hielt erneut - diesmal vor der berühmtesten Tür der Welt. Michael sah Graham fragend an.
    »Komm mit, Schätzchen«, forderte sein Freund ihn auf. »Wir dürfen den großen Mann nicht warten lassen.«
    Sie betraten die Nr. 10, gingen durch den vorderen Korridor und stiegen die berühmte Treppe zwischen den Porträts von Tony Blairs Vorgängern hinauf. Ein Mitarbeiter führte sie ins Arbeitszimmer des Premierministers. Blair saß in Hemd und Krawatte an seinem unaufgeräumten Schreibtisch, auf dem auch ein unberührtes Frühstückstablett stand.
    »Als ich das Unternehmen Kesselpauke genehmigt habe, Gentlemen, habe ich nicht geahnt, daß es uns so teuer zu stehen kommen würde«, sagte Blair, ohne darauf zu warten, daß die beiden ihm vorgestellt wurden. »Mein Gott, zwei E4-Beamten und zwei SAS-Männer tot!«
    Graham und Michael warteten schweigend darauf, daß der Premierminister fortfahren würde.
    »Nach den Siebenuhrnachrichten weiß ganz Nordirland davon, und die Katholiken werden hell empört reagieren.«
    Graham räusperte sich. »Premierminister, ich kann Ihnen versichern, daß ...«
    »Ich habe Ihre Versicherungen gehört, Gentlemen, aber jetzt will ich endlich Ergebnisse sehen. Soll der Friedensprozeß überleben, müssen wir Schluß mit der Waffengewalt in der irischen Politik machen - also die paramilitärischen Gruppen entwaffnen. Und in dieser aufgeheizten Atmosphäre gibt die IRA niemals ihre Waffen ab.«
    »Darf ich etwas sagen, Premierminister?« fragte Michael.
    Blair nickte knapp. »Ja, bitte.«
    »Aus der Tatsache, daß die Ulster Freedom Brigade dieses Unternehmen riskiert hat, schließe ich, daß sie angebissen hat.
    Sie hat die Absicht, Botschafter Cannon in Norfolk zu ermorden. Und wenn sie das versucht, versetzen wir ihr einen vernichtenden Schlag.«
    »Warum werden Gavin Spencer und diese Rebecca Wells nicht gleich verhaftet? Auch das wäre ein schwerer Schlag gegen die Ulster Brigade. Und es würde den Katholiken beweisen, daß wir etwas tun, um dieser Mörderbande das Handwerk zu legen.«
    »Die RUC hat nicht genügend Beweise gegen Spencer, die vor Gericht verwertbar wären«, sagte Graham. »Und was Rebecca Wells betrifft, ist sie für uns auf freiem Fuß mehr wert als hinter Gittern.«
    Blair begann in Akten zu blättern, um zu signalisieren, die Besprechung sei zu Ende.
    »Sie können vorläufig weitermachen«, sagte er, dann machte er eine kurze Pause. »Auch wenn meine Kritiker das Gegenteil behaupten, neige ich nicht zu Übertreibungen. Aber wenn diese Gruppe nicht zerschlagen wird, ist der Friedensprozeß

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