Der Bourne Befehl
Plan ebenso genial wie amüsant erschienen. Im Gegensatz zu anderen Ländern, deren politische Systeme die Domna erfolgreich unterwandert hatte, erwiesen sich die Vereinigten Staaten als besonders schwieriger Fall. Das lag unter anderem an der Vielfältigkeit, der enormen Größe und der unbändigen Kraft des Landes. Aber auch an den hoch entwickelten Kontrollmechanismen des politischen Systems hatte sich die Domna bisher die Zähne ausgebissen.
Maggie war gegen den Plan der Domna gewesen, die amerikanische Währung durch Manipulationen des internationalen Goldmarktes anzugreifen – ein Vorhaben, das Jason Bourne durch sein Eingreifen vereitelt hatte. Sie musste jedoch zugeben, dass es eine brillante Idee war, die Mine von Indigo Ridge mit ihren riesigen Vorkommen von seltenen Erden aufs Korn zu nehmen. Die Vertreter der Domna in China hatten erreicht, dass der Export von seltenen Erden gedrosselt wurde. Damit kappte man die Versorgung der amerikanischen Streitkräfte mit den modernsten Waffensystemen. Phase eins des Plans war somit erfolgreich abgeschlossen. Der viel schwierigere Teil war jedoch Phase zwei, in der es um die Mine selbst ging. Über ihre amerikanischen Agenten hatte die Domna frühzeitig vom Plan der US-Regierung erfahren, den Abbau in Indigo Ridge voranzutreiben und das nötige Kapital über einen Börsengang zu beschaffen. Die Frage der Sicherheit war für den amerikanischen Präsidenten von zentraler Bedeutung. Benjamin El-Arian hatte sofort eine Liste der möglichen Kandidaten zusammengestellt, denen der Präsident die Verantwortung für die Sicherheit der Mine übertragen konnte. Maggie hatte die überraschend kurze Liste gesehen, die nur drei Namen enthielt: Brad Findlay, der Leiter der Homeland Security, M. Errol Danziger, der Direktor der Central Intelligence, und Christopher. Danziger schied allein deshalb aus, weil die CI traditionell für Auslandsangelegenheiten zuständig war. Von seinem Amt her wäre wohl Findlay die logische Wahl gewesen, doch Benjamin wusste, dass der Präsident am allermeisten Hendricks vertraute. Für El-Arian stand deshalb so gut wie fest, dass Hendricks mit der Aufgabe betraut werden würde. Deshalb beschloss er, Christopher aufs Korn zu nehmen. Sein Plan war, einen Skandal zu provozieren, der die Sicherheitspläne zum Scheitern brachte und die Aufmerksamkeit der Verantwortlichen zumindest so lange von Indigo Ridge ablenkte, bis die Domna Phase zwei vollendet hatte.
Doch jetzt wusste Maggie plötzlich nicht mehr, was sie tun sollte. Von einem Moment auf den anderen schien sich alles um sie herum zu verändern, oder vielleicht sah sie einfach die Welt mit anderen Augen. Und deshalb hatte sie die unglaubliche Gelegenheit ergriffen, die Christopher ihr während des Picknicks in den Schoß gelegt hatte. Sie hatte ihm indirekt geraten, die Verantwortung für Indigo Ridge abzugeben und sie dem inkompetenten Danziger zu überlassen. So hoffte sie, Christopher zu retten, und damit auch sich selbst. Sobald er mit Indigo Ridge nichts mehr zu tun hatte, würde er auch für die Domna nutzlos sein. Und sie konnte ihre Mission abbrechen.
Sie fragte sich, warum Benjamin noch nicht angerufen hatte. Er musste doch inzwischen erfahren haben, dass Hendricks nicht mehr für die Sicherheit der Mine zuständig war. Das Warten war eine Qual. Mit einem leisen Stöhnen griff sie zum Telefon, rief den Zimmerservice und bestellte ein Porterhouse-Steak mit Pommes frites und Cremespinat. Wenn sie schon litt, wollte sie wenigstens etwas Ordentliches essen.
Sie legte sich auf die Tagesdecke und breitete die Arme aus. Den Blick auf die Zimmerdecke gerichtet, atmete sie tief ein. Die Verkehrsgeräusche von draußen erschienen ihr kalt, fremd und feindselig. Sie zitterte, obwohl sie sich fiebrig fühlte. Die Schatten an der blassblauen Decke erschienen ihr wie Wolken am Himmel. Sie erschrak, als sie plötzlich ihren Vater sah. Wenn sie von ihm träumte, ging er immer weg, sein großer Wollmantel füllte die Tür ihres Hauses in Stockholm aus. Dahinter war nichts als Schnee, der wie Zucker in der Sonne glitzerte. Und jedes Mal verschwand er in dem weißen Meer, als hätte er nie existiert. Wenn sie aus diesen Träumen erwachte, glaubte sie zu wissen, wie sein Leben gewesen war. Später war sie sich dann nicht mehr so sicher. Womöglich waren ihre Erinnerungen an ihn nur Überbleibsel ihrer kindlichen Fantasie. Das hätte all ihre Vorsätze zunichtegemacht. Nein, sagte sie sich, sie musste an dem
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