Der Bourne Befehl
Hubschrauber stieg gerade über den vom Nebel verhüllten Bergkamm, als ihn das Geschoss traf. Die Maschine explodierte in einem Feuerball und spuckte geschmolzene Metall- und Kunststofftrümmer aus wie ein Vulkan.
Bourne und Vegas waren bereits hinter einem der alten Jeeps in Deckung gegangen.
»Du solltest Rosie holen«, sagte Bourne. »Wir müssen so schnell wie möglich verschwinden. Sind die Jeeps aufgetankt?«
Vegas nickte. »Wie gesagt, ich bin vorbereitet.«
Er wollte gerade zum Haus zurückgehen, als sie erneut das unverkennbare Wop-wop-wop hörten.
»Du hast hoffentlich noch eine Rakete«, sagte Bourne.
Vegas sprintete ins Haus. Der zweite Helikopter von Severus Domna zog über denselben Bergkamm herauf wie der erste, doch dann drehte er plötzlich ab, um sich dem Haus in einem weiten Bogen zu nähern. Die Crew hatte offenbar den Feuerball gesehen; sie würden etwas vorsichtiger zu Werke gehen.
Vegas kam heraus. »Ich bin so weit!«
Er nahm das Startrohr auf die Schulter, während der Hubschrauber hinter einem Kiefernwäldchen in Position ging. Das würde ihm jedoch nicht viel nutzen. Das lasergelenkte Geschoss würde ihn finden, selbst wenn er überhaupt nicht mehr zu sehen war.
»Los geht’s!«, rief Vegas, und Bourne trat einen Schritt von ihm weg. Er drückte den Abzug.
Nichts passierte.
Als Soraya Amun Chalthoum am Flughafen Charles de Gaulle empfing, wusste sie sofort, dass sie nicht mit Aaron hätte herkommen sollen. Es hatte sich angeboten, weil sie danach mit Aaron zu Laurents Chef in den Monition Club fahren würde. Kaum hatte Amun ihren Begleiter erblickt, war klar, dass er den französischen Inspektor hasste.
Als Soraya das erkannte, bat sie Aaron, zu warten, während sie zu Amun ging.
»Wer zum Teufel ist das?«, fragte Amun, als er mit seinem Handgepäck auf sie zukam.
»He, wir haben uns wie lange nicht gesehen – ein Jahr? Und so begrüßt du mich?«
»Ja, über ein Jahr, und du kommst mit einem anderen Mann, und mit einem, der gar nicht so schlecht aussieht, wenn man bedenkt, dass er Franzose ist.«
»Rein beruflich, Amun. Inspektor Aaron Lipkin-Renais leitet die Ermittlungen in diesem Fall.« Kaum hatte sie Aarons vollen Namen ausgesprochen, wusste sie, dass sie den nächsten Fehler begangen hatte.
»Du arbeitest mit einem Juden zusammen?«
Amun war groß, schlank und gut gebaut, mit breiten Schultern und kräftigen Armen. Er war ebenso charismatisch wie entschieden in seinen Ansichten und den Anweisungen, die er gab. Seine Männer gehorchten ihm, ohne Fragen zu stellen.
»Er ist Franzose und zufällig auch Jude«, erwiderte Soraya und küsste ihn auf den Mund. Dann hakte sie sich bei ihm unter. »Komm und begrüße ihn. Er ist ein kluger Kopf, du wirst gut mit ihm zusammenarbeiten.«
»Das kann ich mir nicht vorstellen«, brummte Amun, doch er ließ sich durch die Menschenmenge zu Aaron führen, der geduldig wartete.
Als Soraya die beiden Männer einander vorstellte, spürte sie sofort die unangenehme Spannung zwischen ihnen, und sie wusste, dass es eine Illusion gewesen war, zu glauben, die zwei würden miteinander auskommen.
Auf der Fahrt zurück nach Paris, die ebenfalls schweigend verlief, hatte Soraya reichlich Gelegenheit, diese abstoßende Seite an Amun kennenzulernen. Gewiss, man musste bedenken, dass er als Agent eines Geheimdienstes immer schon mit Spionageringen zu tun gehabt hatte, die zum Teil auch vom israelischen Mossad kontrolliert wurden. Aber dazu kam, dass ihm wahrscheinlich schon in seiner Jugend ein tiefer Hass gegen die Israelis und überhaupt alle Juden eingebläut worden war. Sie hatte nie mit ihm darüber gesprochen, aber jetzt fragte sich, ob sie dem Thema vielleicht ausgewichen war, weil sie diese Seite an ihm – seine Vorurteile und seine Engstirnigkeit – nicht hatte sehen wollen. Ein beschämender Gedanke.
Sie fühlte sich plötzlich einsam. Sie hatte dieses Leben selbst gewählt, niemand hatte sie dazu gezwungen, doch es gab Momente, in denen sie sich so allein fühlte wie eine alte Frau am Ende ihres Lebens.
Aarons Stimme durchbrach das unangenehme Schweigen. »Ich glaube, wir sollten Mr. Chalthoum in seinem Hotel absetzen. Wir müssen zu unserem Treffen.«
»Ich habe kein Hotel«, erwiderte Amun mit einer Stimme, die ein angreifendes Nashorn aufgehalten hätte. »Ich schlafe bei Soraya.«
»Dann setzen wir Sie in ihrem Hotel ab.«
»Ich würde lieber zu diesem Gespräch mitkommen.«
Aaron schüttelte den Kopf. »Ich
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