Der Bourne Befehl
überrascht!
Rosie lächelte ihm zu. »Pero yo no lo soy.« Ich nicht. »Du musst uns erzählen, wie du das geschafft hast.«
»Aber nicht jetzt.« Vegas schlug mit der Handfläche gegen die Wagentür. »Hat jemand überlebt?«
»Von ihrer Seite nicht.«
»Cada vez mejor.« Das wird ja immer besser. Er blickte den Berghang hinauf, über dem immer noch dichter grauer Rauch hing. »Ein Riesenfeuer.«
»Euer Haus«, sagte Bourne. »So werden sie eine ganze Weile nicht wissen, ob ihr noch lebt, du und Rosie.«
»Excelente.« Vegas nickte. »Wohin jetzt, hombre? «
»Zum Flughafen Perales«, antwortete Bourne. »Aber Militär und FARC haben auf der Hauptstraße Sperren errichtet. Kennst du irgendeine Abkürzung?«
Vegas’ Lächeln wurde breiter. »Fahr mir einfach nach, amigo .«
Marlon Etana war fast gleichzeitig mit Jalal Essai in Cádiz angekommen, wenn auch nicht mit dem Auto, sondern mit einem privaten Charterflugzeug. Er betrachtete nachdenklich die schöne antike Fassade von Don Fernando Herreras Haus am Meer. Hier in Cádiz spürte Etana wie nirgends sonst das schreckliche Gewicht der Geschichte. Marlon Etana war wie seine ganze Familie bestens mit der Geschichte vertraut. Sie waren hervorragende Geschäftsleute und verstanden es, ihr Wissen über die Vergangenheit in Geld und Macht umzumünzen. Es waren die Etanas, die den Monition Club gegründet hatten, um Severus Domna überall auf der Welt Stützpunkte zu verschaffen, wo man sich treffen konnte, ohne Aufsehen zu erregen oder den wahren Namen verwenden zu müssen. Nach außen handelte es sich um eine philanthropische Organisation zur Förderung der Anthropologie und alter Philosophien. Es war eine hermetisch abgeschirmte Welt, in der sich die Mitglieder der Gruppe berieten, ihre Arbeit verglichen und neue Aktivitäten planten.
Was die Etanas vorhatten, war nicht weniger als eine internationale Verschwörung von Geschäftsleuten, die die östliche und die westliche Welt umspannte. Auf diese Weise wollte man einen Einfluss erlangen, wie ihn selbst die größten multinationalen Konzerne nicht annähernd erreichten.
Marlons Ururgroßvater hatte langfristige Pläne für Severus Domna entworfen: Mit ihrer Hilfe sollte die Welt zu einer Einheit zusammenwachsen, anstatt sich immer weiter aufzusplittern. Es war ein edler Traum, der vielleicht sogar hätte verwirklicht werden können, hätte er nur lange genug gelebt. Aber der Mensch ist nun einmal fehlbar und anfällig für alle Arten von Verführungen – und die schlimmste Verführung stellt die Macht dar. Es gibt nur wenige, die sich von ihr nicht korrumpieren lassen, und selbst einige der Etanas erlagen ihren Verlockungen. Nicht zuletzt Marlons Vater, ein schwacher Mensch. Um eine Bedrohung aus dem Inneren der Domna abzuwenden, hatte er sich auf ein Bündnis mit Benjamin El-Arian eingelassen. Doch der clevere El-Arian hatte ihm nicht aus seiner misslichen Lage geholfen, sondern seinen Untergang beschleunigt. El-Arian hatte bereits seine Leute innerhalb der Gruppe in Position gebracht, mit deren Hilfe er den älteren Etana leicht aus seinem Amt drängen konnte. Wenig später nahm sich Marlons Vater das Leben, eine furchtbare Sünde für einen Muslim. Marlon erinnerte sich an einen Koranvers, als er das leblose Gesicht seines Vaters sah: »Und tötet euch nicht selbst, Allah ist barmherzig gegen euch.«
Marlon wusste nicht, ob sein Vater geglaubt hatte, dass Allah ihm gnädig war oder dass er ihn verlassen hatte. Auf jeden Fall hatte er sein letztes bisschen Kraft zusammengenommen, um einen Aufruhr innerhalb der Domna zu entfachen, aus dem sich, so hoffte er, eine breite Diskussion über das eigentliche Wesen der Organisation entwickeln würde.
Benjamin El-Arian war jedoch ein schlauer Teufel und hatte jegliche Diskussion unterbunden. Und so war Marlon heute als einziger Vertreter seiner einst so stolzen Familie in einer höheren Position, aber als Befehlsempfänger von Benjamin El-Arian. Wie ein geprügelter Hund musste er froh sein, wenn vom großen Kuchen der Organisation ein paar Krümel für ihn abfielen.
Kurz nach Mittag beobachtete Marlon, dass sich in Herreras Haus etwas tat. Jalal Essai und Don Fernando kamen heraus. Sie sprachen einige Minuten, dann schüttelten sie einander nach westlicher Art die Hand. Herrera stieg in ein Auto und fuhr allein weg. Als das Auto außer Sichtweite war, drehte sich Essai um und ging zum Wasser hinunter. Marlon folgte ihm in sicherem Abstand.
Essai spazierte
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