Der Bourne Befehl
Steinkrug mit der einen Hand und den Teller mit der anderen und stand auf.
Es wurde immer lauter ringsum, die Gäste schütteten mit geröteten Gesichtern Bier in sich hinein. Während Boris sich seinen Weg durch die Menge bahnte, kam er zu dem Schluss, dass Amateure die allerschlimmsten Gegner waren. Sie kannten die Spielregeln nicht und waren deshalb unberechenbar.
Da war eine kleine Lücke zwischen der jungen Frau und ihrem Nachbarn – einem Deutschen mit dickem Hals, der sich den Bauch vollschlug und Bier trank. Als Boris ihn aufforderte, ein bisschen Platz zu machen, sah ihn der Dicke mit funkelnden Augen an.
Er wollte etwas sagen, doch Karpow war schneller. »Sie haben Fett im ganzen Gesicht.«
Der Dicke grunzte wie ein Schwein, wischte sich mit dem Handrücken über den Mund und hievte seine Körpermasse ein Stück zur Seite.
»Danke, mein Herr«, sagte Karpow, stieg etwas unbeholfen über die Bank, um sich zu setzen, und stieß absichtlich mit dem Ellbogen gegen die junge Frau.
»Je suis désolé, Mademoiselle.«
Sie riss den Kopf zu ihm herum. Zufrieden sah er, dass er sie mit seinem Französisch aufgeschreckt hatte. Dann schloss sich eine Tür in ihren Augen, und sie drehte sich weg und blickte auf die Zeitschrift hinunter, die sie in der Hand hielt. Eine englischsprachige Zeitschrift, keine deutsche. Vanity Fair . Sie las eine Geschichte über Lady Gaga, einen dieser absolut idiotischen Popstars, wie es sie nur in Amerika geben konnte.
Er wandte sich wieder seinem Essen zu. Wenig später hob sie ihre Zeitschrift, damit ein Kellner ihr einen Teller mit Wiener Schnitzel hinstellen konnte. Sie warf einen Blick auf das Essen, dann rümpfte sie angewidert die Nase, schob den Teller weg und las weiter.
Boris schluckte ein Stück Bratwurst hinunter und rief eine vorbeigehende Kellnerin.
»Noch ein Bier, bitte.« Die Kellnerin nickte. Als sie weitergehen wollte, fügte Boris hinzu: »Und eines für die junge Dame.«
Die Frau wandte sich ihm zu. »Danke, nein«, sagte sie in schnippischem Ton.
»Bringen Sie es trotzdem«, rief Karpow der Kellnerin nach.
Die junge Frau hatte dunkles Haar, einen cremefarbenen Teint und war auf eine typisch amerikanische Art hübsch. Ihr Gesicht strahlte etwas Gesundes und Vitales aus und war absolut ebenmäßig, mit anderen Worten, es war nichtssagend und langweilig und erinnerte ihn an dieses Wonderbread-Weißbrot, das er einmal in New Jersey gegessen hatte. Die breiige Masse aus Brot und Erdnussbutter hatte bei ihm einen Würgereiz ausgelöst.
Er wandte sich erneut seiner Sitznachbarin zu und sprach sie diesmal auf Englisch an. »Wollen Sie Ihr Schnitzel nicht essen?«
»Bitte«, stieß sie angewidert hervor.
Boris betrachtete das panierte Kalbsschnitzel. »Ja, davon nehmen Sie locker zwei Pfund zu«, sagte er mit amerikanischem Akzent.
Seine Aussprache schien nun doch ihr Interesse zu wecken. »Wo kommen Sie denn her?«
»Mensch, Midge«, sagte er mit breitem Akzent, »das wollte ich Sie auch grade fragen.«
Sie lachte. »Midge! Den Namen habe ich nicht mehr gehört, seit ich keine Archie-Comics mehr lese.« Sie fasste offenbar einen Entschluss und streckte ihm die Hand entgegen. »Lana Lang.«
Er schüttelte ihr die Hand. Sie war kühl und an den Rändern schwieliger, als er erwartet hatte. Vielleicht doch keine Amateurin, dachte er. »Das ist ein Scherz, nicht wahr?«
»Nö«, sagte sie mit einem durchtriebenen Lächeln. »Mein Dad war ein riesiger Superman-Fan.«
»Hallo, Lana Lang. Bryan Stonyfield.«
»Ich weiß, wer Sie sind«, sagte sie leise.
Boris hielt ihre Hand immer noch in der seinen und drückte sie etwas fester. »Woher? Wir sind uns noch nie begegnet.«
»Ich bin Wagners Tochter.« Sie zog ihre Hand aus der seinen und legte mehr als genug Euro-Scheine auf den Tisch, um für sie beide zu bezahlen. »Und jetzt müssen Sie mit mir kommen, ohne Fragen zu stellen.«
»Moment mal«, erwiderte Karpow angespannt. »Ich gehe nirgendwohin mit Ihnen.«
»Aber Sie müssen«, beharrte Lana. »Sie sind in Lebensgefahr. Ohne mich sind Sie spätestens morgen früh tot.«
VIERZEHN
Die Fahrt den Berg hinunter verlief ohne Zwischenfälle. Bourne hatte gut daran getan, auf Vegas’ Kenntnis der Gegend zu vertrauen. Dank seiner Abkürzung waren sie nicht nur den Straßensperren des Militärs ausgewichen, sondern auch allen Patrouillen von Suarez’ FARC-Kämpfern, die vielleicht nach ihrem Kommandanten suchten.
Bourne erkundete den Flughafen und die
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