Der Bourne Befehl
weiß, dass Estevan und ich ohne dich nie hier angekommen wären. Dafür danke ich dir. Und …« Sie starrte in ihr golden schimmerndes Sherryglas, dann holte sie tief Luft und atmete langsam wieder aus. »Also, was vergangen ist, ist vergangen. Für mich ist das erledigt.« Sie wandte sich ihm zu und sah ihm in die Augen. »Für dich sollte es auch so sein.«
Bourne nickte und trank seinen Sherry aus. Er winkte ab, als Don Fernando ihm nachschenken wollte.
»Es würde mir helfen«, sagte er, »wenn du mir von deinem Vater erzählen könntest.«
Kaja lachte bitter, dann nahm sie einen kräftigen Schluck von ihrem Sherry. Ihre Augen schlossen sich für einen Moment. »Ich würde mir selbst wünschen, dass mir irgendjemand mehr von ihm erzählen könnte. Eines Tages ging er einfach weg. Er hat uns verlassen, als wären wir irgendein Spielzeug, für das er zu alt geworden war. Ich war neun damals. Zwei Jahre später ist meine Mutter …« Statt den Gedanken zu Ende zu führen, nahm sie einen Schluck Sherry. Ihr Glas funkelte im Licht, als sie es zum Mund führte. Sie schluckte schwer. »Das war vor dreizehn Jahren. Es kommt mir vor wie eine Ewigkeit.« Sie ließ die Schultern hängen.
»Er war ein Spion, ein Killer«, sagte Bourne. »Für wen hat er gearbeitet?«
»Ich weiß es nicht«, sagte Kaja. »Und glaub mir, ich habe wirklich versucht, es herauszufinden.« Ihr Blick schweifte für einen Moment zur Seite. »Ich bin mir ziemlich sicher, dass Mikaela, meine andere Schwester, dahintergekommen ist.«
»Sie hat es dir nicht gesagt?«
»Sie haben sie umgebracht, bevor sie es mir oder Skara sagen konnte.«
»Drillinge«, warf Don Fernando ein.
Jetzt begannen sich die Teile des Puzzles aneinanderzufügen. »Dann seid ihr zwei untergetaucht, du und Skara, und habt die Identität gewechselt«, sagte Bourne.
» Ich habe es jedenfalls getan.« Kaja senkte den Kopf und drückte den Rand ihres Glases an die Stirn. »Ich ging so weit weg von Stockholm, wie ich konnte.«
»Aber die Organisation deines Vaters hat dich trotzdem gefunden.«
Sie nickte. »Es waren zwei Männer. Einen habe ich getötet, den anderen verwundet. Ich lief gerade vor ihnen weg, als ich dem Ozelot in die Quere kam.«
Bourne überlegte einen Augenblick. »Kannst du mir irgendetwas über diese Männer sagen?«
Kaja erschauderte und atmete tief durch. Zum ersten Mal wirkte sie so richtig jung und verletzlich, das Mädchen, das von seinem Zuhause in Stockholm weggelaufen war. Und in diesem Augenblick konnte Bourne erahnen, wie viel Kraft es erforderte, ihre Identität als Rosie aufrechtzuerhalten.
»Die Männer sprachen Englisch miteinander«, sagte sie schließlich. »Aber am Ende sagte der eine noch etwas, bevor ich ihn tötete. Das war nicht Englisch. Es war Russisch.«
ZWANZIG
Hendricks beendete gerade die achte Strategiesitzung von Samaritan in den letzten sechsunddreißig Stunden – es ging diesmal um die Sicherheitsteams zur Absperrung des Geländes von Indigo Ridge –, als Davies, einer seiner Assistenten, hereinkam.
»Wir haben den POTUS auf einer sicheren Leitung«, flüsterte ihm Davies ins Ohr und verschwand gleich wieder.
»Okay, das wär’s fürs Erste«, sagte Hendricks zu den Anwesenden. »Aber halten Sie sich bereit für letzte Anweisungen. Die Leute müssen in vier Stunden auf ihren Posten sein.«
Als alle draußen waren und die Tür geschlossen war, drehte sich Hendricks mit seinem Stuhl und blickte einen Moment lang aus dem Fenster, auf den frisch gemähten Rasen mit den massiven Betonbarrieren, die man 2001 zum Schutz vor Terroranschlägen aufgestellt hatte. Irgendjemand hatte – möglicherweise als ironische Geste – Blumentöpfe daraufgestellt. Als würde man auf einem Kriegsschiff Blumen pflanzen , dachte er.
Man konnte sie dekorieren, wie man wollte – der Zweck der Barrieren ließ sich dadurch nicht verbergen. Auf der anderen Seite strömten die Touristen vorbei, doch der Rasen war makellos, nicht das kleinste Unkraut war zu erkennen. Der Anblick der leeren Rasenfläche hatte für Hendricks etwas leicht Deprimierendes.
Mit einem leisen Seufzer griff er zum Telefon, das über eine abhörsichere Leitung mit dem Weißen Haus verbunden war.
»Chris, sind Sie da?«
Hendricks hörte das typische Geräusch des Verschlüsselungssystems. »Ich bin da, Mr. President.«
»Wie geht’s, mein Freund?«
Hendricks’ Magen krampfte sich zusammen. Die Stimme des Präsidenten hatte diese etwas aufgesetzte Herzlichkeit,
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