Der Bourne Befehl
gewesen.«
»Weil man es ihm dadurch nie zugetraut hätte.«
Bourne nickte.
Kaja stand auf. Don Fernando blickte zu Bourne herüber. Der Spanier wollte offenbar, dass er das Thema ruhen ließ. Kaja stand am Fenster und betrachtete ihr Spiegelbild, so wie Bourne es in Vegas’ Haus getan hatte, in der Nacht vor dem Hubschrauberangriff.
Eine angespannte Stille legte sich über das Zimmer – und das lag vor allem an Kaja. Bourne und Don Fernando hielten es für klüger, erst einmal zu schweigen.
»Glaubt ihr, dass es wahr ist?« Kajas Stimme klang wie von weit her.
Schließlich drehte sie sich um, blickte von einem zum andern und wiederholte ihre Frage.
»Nach dem, was du uns erzählt hast«, begann Bourne, »ist es zumindest sehr wahrscheinlich.«
»Scheiße«, stieß Kaja hervor. »Scheiße-scheiße-scheiße.«
Don Fernando rutschte unruhig auf seinem Platz hin und her. »Es kann natürlich immer noch sein, dass sich Jason irrt.«
Kaja lachte, doch es klang bitter. »Sicher. Danke, Don Fernando, aber ich bin ein bisschen zu alt, um noch an Märchen zu glauben.« Sie wandte sich Bourne zu, die Hände in die Hüften gestemmt. »Also. Irgendeine Idee?«
Bourne wusste, was sie meinte; sie wollte wissen, für wen genau ihr Vater gearbeitet haben könnte. Er schüttelte den Kopf. »Er hat außerhalb von Russland gearbeitet und war selbst nicht Russe, deshalb wäre der SWR – das russische Gegenstück zur amerikanischen Central Intelligence – eine Möglichkeit. Aber ehrlich gesagt könnte er genauso gut für die Mafia gearbeitet haben.«
Sie runzelte die Stirn. »Das klingt logischer, wenn man es aus seiner Sicht betrachtet.«
»Kaja«, wandte Don Fernando ein. »Ich fürchte, dass man bei dieser Sache mit Logik nicht weiterkommt.«
»Don Fernando hat recht«, meinte Bourne. »Wir haben keine Ahnung, in was für einer Situation dein Vater war. Es könnte auch sein, dass er gezwungen wurde, für die Russen zu arbeiten.«
Doch Kaja schüttelte bereits den Kopf. »Nein, so viel weiß ich über meinen Vater: Er ließ sich sicher nicht zwingen.«
»Auch nicht, wenn dein Leben und das deiner Schwestern davon abhing?«
»Er hat uns einfach so verlassen«, erwiderte sie mit festem Blick. »Wir waren ihm egal. Andere Dinge waren ihm wichtiger.«
»Er hat sich seinen Lebensunterhalt als Killer verdient«, sagte Bourne. »Dazu muss man ein ganz eigener Mensch sein, vor allem um dabei erfolgreich zu sein.«
Sie sah ihm in die Augen. »Genau das meine ich. Kein Mitleid, keine Reue, keine Liebe. Nichts Menschliches mehr.« Sie zog die Schultern trotzig zurück. »Ich meine, nur so bringt man es fertig, zu töten – nicht ein Mal, sondern immer wieder. Man darf keinen emotionalen Bezug zu anderen Menschen mehr haben. Wenn ein Mensch für einen nur noch ein Ding ist, dann ist es nicht so schwer, ihm eine Kugel in den Kopf zu jagen.«
Bourne wusste, dass sie damit auch ihn meinte, nicht nur ihren toten Vater. »Es gibt Momente, in denen es notwendig sein kann, zu töten.«
»Ein notwendiges Übel.«
Er nickte. »Egal, wie du es nennen willst – es kann Situationen geben, in denen man keine Wahl hat.«
Kaja wandte sich wieder der Nacht zu, die hinter der Glaswand schimmerte.
»Lasst Christien Norén dort, wo er ist«, warf Don Fernando ein. »Sein Leben ist vorbei, Kaja. Es ist Zeit, dass ihr nach vorn schaut, du und deine Schwester.«
Kaja lachte dunkel – es klang mehr wie ein Bellen. »Sag das Skara, Don Fernando. Sie hat noch nie auf mich gehört. Warum sollte sie es ausgerechnet jetzt tun?«
»Weißt du, wo sie ist?«, fragte Herrera.
Kaja schüttelte den Kopf. »Als wir uns trennten, haben wir uns geschworen, einander nicht zu suchen. Wir haben seit über zehn Jahren keinen Kontakt mehr. Damals waren wir Kinder, und jetzt …« Sie drehte sich zu ihm um. »Jetzt ist alles anders. Aber vielleicht hat sich in Wahrheit überhaupt nichts verändert.«
»Es wäre schlimm, wenn es so wäre. Zumindest für dich.« Don Fernando stand auf und trat zu ihr ans Fenster. Er legte ihr die Hand auf die Schulter. »Es gibt Hoffnung für dich, Kaja, das glaube ich ganz fest. Aber Skara …« Seine letzten Worte hingen unheilvoll in der Luft.
»Sie hat keine Chance, nicht wahr?«
Don Fernando wandte sich ihr zu, und sein Gesicht sah tief bekümmert aus.
Bourne trat zu ihr. »Warum sagst du so etwas?«
Kaja blickte zur Seite.
»Weil Skara krank ist«, sagte Don Fernando. »Sie leidet an multipler
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