Der Bourne Betrug
schaffen.«
Bourne riss sich plötzlich die Elektroden ab, sprang auf und stürmte wortlos aus dem Behandlungszimmer. Er rannte einen Korridor mit Marmorboden entlang, auf dem seine Schuhe kleine klickende Geräusche machten, als verfolge ihn ein vielbeiniges Tier. Teufel â was fiel ihm ein, wie kam er dazu, jemanden an seinem Gehirn herumpfuschen zu lassen?
Die beiden Toiletten waren nebeneinander angeordnet. Er stieà die Tür mit der Aufschrift HERREN auf, stürmte hinein und kam am weiÃen Porzellanwaschbecken, auf das er die Arme stemmte, zum Stehen. Vor sich hatte er sein geisterhaft blasses Gesicht in dem Spiegel, der ihm die reflektierten Kacheln hinter ihm zeigte, die denen im Bestattungsunternehmen so ähnlich waren. Er sah Marie, die mit auf ihrem flachen Sportlerbauch gefalteten Händen still dalag. Sie trieb wie auf einem Kahn davon, als werde sie ihm von einer schnellen Strömung entführt.
Er drückte seine Stirn an den Spiegel. Die Schleusen öffneten sich, Tränen traten ihm in die Augen, liefen ihm ungehindert übers Gesicht. Er erinnerte sich an Marie, wie sie gewesen war: mit im Wind wehenden Haaren, ihre Haut im Nacken glatt wie Satin; wie sie mit dem Kanu den weià schäumenden Snake River hinuntergefahren waren, wobei ihre sonnengebräunten kräftigen Arme das Paddel durchs Wildwasser gezogen
hatten, während der weite Himmel des Westens sich in ihren Augen spiegelte; wie er auf dem gleichmütig zuhörenden Granitpflaster der Georgetown University um ihre Hand angehalten hatte, sie im kleinen Schwarzen mit Spaghettiträgern unter einem kanadischen Lammfellmantel, als sie lachend und Händchen haltend auf dem Weg zur Weihnachtsparty seiner Fakultät waren; wie sie kirchlich geheiratet hatten â mit den kanadischen Rockys hinter ihnen, ihre Hände mit den neuen Trauringen miteinander verschränkt, ihre Lippen aufeinandergepresst, ihre Herzen vereint schlagend. Er erinnerte sich, wie sie Alison zur Welt gebracht hatte. Zwei Tage vor Halloween hatte sie an der Nähmaschine gesessen, um Jamie ein Geisterpiratenkostüm zu nähen, als ihre Fruchtblase geplatzt war. Alisons Geburt war langwierig und schwer gewesen. Zuletzt hatte Marie Blutungen bekommen. Schon damals hätte er sie fast verloren, aber er hatte ihre Hand umklammert gehalten, sie durch reine Willenskraft dazu gezwungen, ihn nicht zu verlassen. Jetzt hatte er sie für immer verloren â¦
Er merkte, dass er hemmungslos schluchzte und nicht mehr aufhören konnte.
Plötzlich tauchte aus seinen Erinnerungen, einem Gespenst gleich, das ihn verfolgte, erneut das blutige Gesicht der Unbekannten auf, um seine geliebte Marie zu verdrängen. Blut tropfte von ihr herab. Ihre Augen starrten blicklos zu ihm auf. Was wollte sie von ihm? Wieso verfolgte sie ihn? Bourne hielt sich verzweifelt und laut stöhnend die Schläfen. Er wünschte sich nichts mehr, als diese Etage, dieses Gebäude verlassen zu können, aber er wusste, dass er nicht flüchten durfte. Nicht in diesem Zustand, nicht ständigen Angriffen seines eigenen Gehirns ausgesetzt.
Â
Dr. Sunderland wartete mit geschürzten Lippen, geduldig wie ein Fels, in seinem Behandlungszimmer. »Soll ich?«
Bourne, dessen Sinne noch immer durch das blutige Gesicht blockiert waren, atmete tief durch und nickte. »Ja, bitte.«
Er nahm auf dem Behandlungsstuhl Platz, und Dr. Sunderland brachte die Elektroden erneut an. Dann schaltete er das Gerät auf dem kleinen Wagen ein und fing an, die Skalen zu verstellen â manche rasch, andere langsamer, fast behutsam.
»Keine Sorge«, sagte Dr. Sunderland freundlich, »Sie werden überhaupt nichts spüren.«
Bourne spürte tatsächlich nichts.
Zufrieden betätigte Dr. Sunderland einen weiteren Schalter, worauf aus einem Schlitz des Geräts ein langer EEG-Streifen kam, der Ãhnlichkeit mit einem Elektrokardiogramm hatte. Darauf konnte er Bournes im Wachzustand aufgezeichnete Gehirnströme begutachten.
Er machte sich keine Notizen auf dem Ausdruck, sondern nickte lediglich, indem er zugleich düster die Stirn runzelte. Bourne konnte nicht abschätzen, ob dies ein gutes oder schlechtes Zeichen war.
»Also gut«, sagte Dr. Sunderland schlieÃlich. Er schaltete das Gerät aus, rollte den kleinen Wagen weg und ersetzte ihn durch den zweiten.
Aus einer Schale auf der glänzenden
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