Der Brander
einen Strich nach Luv. Bemannt die Brassen dort!«
Gischt schoß über Bugspriet und Vorschiff und sprenkelte das Deck wie ein tropischer Regenguß.
Aber auch das andere Schiff hatte mehr Segel gesetzt und schien zügig Distanz zu gewinnen.
Unter Bolithos Füßen erzitterten die Planken, als
Achates
den Kamm einer See erklomm und ins nächste Wellental krachte. Er spürte die stärkere Zugkraft des zusätzlichen Tuchs und hörte das riesige Großsegel sich donnernd entfalten, sobald die Gordings oben lose kamen.
Bolitho stieg auf eine Lafette und richtete sein Glas auf das Schiff vor ihnen. Es wurde jetzt schnell heller, deshalb konnte er schon das vergoldete Schnitzwerk an Heckgalerie und Poop des Fremden schimmern sehen und den Glanz der rötlichen Morgensonne auf seinen Heckfenstern, als hätten sie Feuer an Bord.
»Kein Franzose«, stellte Keen fest.
»Vielleicht ein Holländer«, überlegte ein anderer.
Aber sie irrten sich alle. Bolitho hatte schon ganz ähnliche Schiffe gesehen und glaubte die Werft zu kennen, wo sie auf Kiel gelegt worden waren.
Er sagte: »Ein Spanier. Ich habe mit seinesgleichen schon manchen Strauß gefochten.«
Niemand antwortete, und Bolitho mußte sich ein Lächeln verkneifen. Ob er nun recht hatte oder nicht, niemand wiedersprach einem Admiral, und wenn er noch so jung war.
Keen nickte. »Und ich stimme dem Flaggleutnant zu, Sir. Sie ist zu groß für eine Fregatte. So, wie sie aussieht, hat sie mindestens fünfzig Kanonen, schätze ich.«
»Signalisieren Sie, sie soll Segel kürzen.«
Bolitho spürte, wie sich um ihn Gleichgültigkeit verbreitete. Die Jagd war vorbei, ehe sie richtig begonnen hatte.
Die Signalflaggen stiegen auf zu ihrer Rah, wo sie knatternd auswehten. Aber die Signalrah drüben blieb leer, nicht einmal das Bestätigungssignal wurde geheißt.
»Sie fällt jetzt ein bißchen ab, Sir.«
Bolitho richtete sein Glas neu aus und glaubte, neben einer der Pooplaternen drüben Sonnenlicht von einer Teleskoplinse reflektieren zu sehen.
Achates’
Kurswechsel im Schütze der Nacht mußte sie ziemlich überrascht haben.
Keen befahl: »Folgen Sie der Drehung! Neuer Kurs West zu Süd.«
Er warf einen Blick auf Bolithos unbewegte Miene, »Lassen Sie das Signal stehen«, sagte dieser.
Beide Schiffe fuhren nun in Kiellinie, als schleppe der Fremdling
Achates
an einer unsichtbaren Trosse ab.
Keen schritt ruhelos auf und ab und versuchte, den nächsten Zug des fremden Kommandanten zu erraten. Wenn er weiter nach Lee abdrehte, blieb die
Achates
im Vorteil. Wenn er aber auf so kurze Distanz nach Luv aufkreuzen wollte, mußte er kostbare Zeit verlieren, und
Achates
konnte leicht zu ihm aufschließen.
Der Leutnant der Achterwache ließ sein Glas sinken. »Sie bestätigt immer noch nicht, Sir. Dabei sollten sogar die Dons mittlerweile unseren Signalkode kennen!«
Quantock brüllte: »Notieren Sie diese Männer, Sergeant!« Wütend fuchtelte er mit seinem Sprachrohr zu einem Achtzehnpfünder hinüber, dessen Mannschaft ihre Station verlassen hatte, um nach dem fremden Schiff auszuspähen. »Hol mich der Teufel, was fällt denen ein?«
Keen meinte: »Wenn der Wind so bleibt, lasse ich Leesegel setzen…«
Bolitho wischte sich die tränenden Augen und hob abermals das Glas.
Achates
hielt mit dem Fremdling mit, obwohl dieser die Royals gesetzt hatte, um ihr zu entkommen. Aber der Wind konnte abflauen oder ganz einschlafen. Wenn
Achates
sie nicht vor Einbruch der Nacht gestellt hatte, würden sie nie erfahren, was da vor sich ging.
Seltsam, das Ganze. Bolitho konzentrierte sich völlig auf die kleine, lautlose Welt in der Linse seines Fernrohrs. Das fremde Schiff trug einen frischen Farbanstrich, als wäre es wie die
Achates
eben erst aus dem Dock gekommen. Aber auf dem breiten roten Streifen quer übers Heck fehlte der Schiffsname. Entweder war sie überhastet in See gegangen, oder sie wollte ihre Identität verschleiern.
Er hörte
Achates’
Ruder knarren, als das Schiff vor ihnen weiter nach Lee abfiel.
Noch einmal spähte er scharf hinüber, denn er glaubte zunächst, seine überanstrengten Augen hätten ihm einen Streich gespielt. Aber nein, zu beiden Seiten des Ruders drüben hob sich der Deckel einer Stückpforte, und noch während er hinsah, begann das Licht auf den langen Rohren der beiden Heck-Kanonen zu spielen.
Quantock explodierte. »Hölle und Teufel, er wird es doch nicht wagen, auf ein englisches Kriegsschiff zu feuern!«
Aber da erzitterte die Luft
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