Der Brander
Sir.«
Bolitho nickte. »Halte nach Steuerbord.« «Kurz wandte er sich um nach seinem Schiff, aber es wurde schon vom Vorland verdeckt. Nur die Masttoppen und Bramrahen ragten über den Kamm, als seien sie dort eingepflanzt.
Bolitho spürte Evans auf der Ducht herumrutschen und sah ihn die Faust um den Griff seines Dolchs krampfen. Konnte man mit einer Nadel einen angreifenden Bullen bremsen? dachte Bolitho. Laut sagte er: »Ich habe Sie für den Fall mitgenommen, daß Sie etwas wiedererkennen.«
Der Junge sah zu ihm auf. »Ich weiß, Sir«, sagte er leise. Sein Blick wanderte über die Sperre zum Hafen, aber er schwieg.
Bolitho erriet, daß Evans wieder die
Sparrowhawk
vor sich sah, wie sie hier unter den Kanonen des Forts geankert hatte. Sein erstes Kriegsschiff, eine Heimat auf Zeit und die erste Sprosse auf seiner Karriereleiter, aber auch mit Freunden an Bord wie jenem Midshipman, den er hatte sterben sehen. Trotzdem – irgendeine Kleinigkeit konnte bei ihm eine wichtige Erinnerung auslösen. Sie mußten nach jedem Strohhalm greifen.
Allday erstarrte beim scharfen Knall einer Muskete, und Bolitho sah die Kugel querab eine Gischtspur aufwerfen, ehe sie versank.
Er sagte: »Pullt weiter. Nicht aus dem Takt kommen.«
Seine ruhige Stimme gab den Bootsgasten neuen Mut, die mit dem Rücken zur Sperre saßen und damit rechnen mußten, daß die nächste Kugel sie traf.
Bolitho straffte sich. Sein Zweispitz und die Goldepauletten mußten für jeden Scharfschützen ein gutes Ziel abgeben.
Aber es fielen keine Schüsse mehr. Als die Barkasse das Steuerbordende der Sperre rundete, sah Bolitho ganze Trupps neugieriger Bewaffneter zu ihnen herüberspähen. Einer schüttelte drohend seine Muskete in der erhobenen Faust.
Jetzt gab es kein Zurück mehr. Jeder Fluchtweg war ihnen versperrt. Auf dem Kai unterhalb des Forts sah Bolitho eine Gruppe Männer beisammenstehen. Plötzlich schien ihm Sir Hayward Sheaffes stilles Dienstzimmer in der Admiralität, wo all dies begonnen hatte, unendlich weit entfernt.
Bolitho hatte sich keine genaue Vorstellung vom Gouverneur der Insel San Felipe gemacht, aber dennoch überraschte ihn Sir Humphrey Rivers’ Erscheinung. Er war hochgewachsen und beleibt, fast aufgeschwemmt, mit einem vom heißen Klima und vom Trunk geröteten Gesicht. Aber er begrüßte Bolitho mit jovialem Lächeln und geleitete ihn zuvorkommend sofort in den kühleren Schatten der Festungsmauern.
Als sie eine eisenbeschlagene Tür durchschritten und einen mit Fellen und Gemälden dekorierten Korridor, sprach Rivers ununterbrochen. »Später werden Sie mir hoffentlich in meinem Haus die Ehre geben«, sagte er über die Schulter. »Aber jetzt, schätze ich, möchten Sie wohl zuerst Ihren Auftrag hinter sich bringen.«
Vor Bolitho öffnete sich eine zweite Tür, ein schwarzer Lakai mit Perücke verbeugte sich tief, als sie an ihm vorbeigingen.
Rivers wischte sich das Gesicht mit einem Seidentuch, dann musterte er Leutnant Trevenen und den kleinen Kadetten mit unverhohlener Belustigung.
»Bei Gott, Bolitho, haben Sie wirklich nur diese Kindereskorte, um den Wünschen der Admiralität Nachdruck zu verleihen?«
Auf sein Fingerschnippen trat ein zweiter Lakai lautlos mit einem Tablett voller Weingläser heran.
Rivers lächelte mit schmalen Lippen. »Vielleicht möchten sich Ihre jungen Begleiter jetzt zurückziehen?«
»Einverstanden.« Es hatte keinen Sinn, die beiden noch mehr zu gefährden.
Anschließend fragte Bolitho: »Sie kennen den Grund meiner Anwesenheit, Sir Humphrey?«
Rivers rückte seine Massen auf einem Stuhl zurecht und musterte kritisch sein Weinglas.
»Natürlich. Den kennt jeder. Und genauso wissen auch Sie, was ich davon halte?« Kichernd nahm er einen tiefen Schluck. »Ich entschuldige mich für diese lästige Sperre, aber sie war leider notwendig.« Dann erst schien ihm aufzufallen, daß Masters nicht mit Bolitho zurückgekehrt war, und er fragte abrupt: »Wo ist mein Milizhauptmann?«
»An Bord der
Achates,
Sir Humphrey.«
»Aha.« Er ließ sich Wein nachschenken. »Alles spricht dafür, daß der Wind auffrischen wird. Sie wissen aus eigener Erfahrung mit unseren Gewässern, daß es hier selbst zu dieser Jahreszeit ziemlich rauh werden kann. Wir wollen doch nicht, daß Ihrem – äh – Flaggschiff so dicht unter Land etwas zustößt?«
Bolitho versuchte den Wein und wunderte sich, daß er angesichts der Umstände so ruhig bleiben konnte. Rivers hatte offensichtlich an alles gedacht,
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