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Der Brandstifter

Der Brandstifter

Titel: Der Brandstifter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Casey
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nur Bescheid gegeben hätte, bevor sie losgerannt ist, um Katy zu helfen …
    Außerdem war ich ziemlich neugierig, was mit dem jungen Mann passiert war, den ich um Haaresbreite verhaftet hätte. Aus dem, was ich bislang wusste, ließ sich mit einiger Sicherheit schließen, dass er der von uns gesuchte Serienmörder war. Und dass wir bei unseren Ermittlungen meilenweit danebengelegen hatten. Normalerweise geht man davon aus, dass Serienmörder nicht plötzlich aus dem Nichts auftauchen; meist kommt es im Vorfeld zu einer Folge von Gewalttaten, ehe sie zum Mord eskalieren. Aber der Grünschnabel, mit dem ich mich geprügelt hatte, sah nicht so aus, als hätte er genug Zeit für massenhafte Verbrechen gehabt. Und aus der Kartei vorbestrafter Perverslinge, die wir stundenlang durchforstet hatten, kam er mir auch nicht bekannt vor. Ich war mir beinahe sicher, dass er uns bisher noch nicht untergekommen war. Also war er entweder verdammt clever, oder– was wahrscheinlich war– wir hatten uns bei unserer Suche total verpeilt.
    Angesichts dessen, was vor seiner Verhaftung passiert war, rechnete ich nicht damit, dass der Arzt ihn schon für vernehmungsfähig erklärte. Ich wäre es zumindest nicht gewesen. Im Moment hatte ich noch ungefähr so viel Biss wie ein zerkochter Brokkoli. Aber offensichtlich war er zäher als ich, denn als ich gegen sechs im Revier eintraf, sah ich als Erstes Chris Pettifer, der im Flur einen ausgedehnten Vortrag von Judd über sich ergehen ließ. Pettifer war einer unserer Verhörspezialisten, und seine Anwesenheit zu dieser frühen Stunde konnte nur bedeuten, dass der Verdächtige fit, gesund und gesprächsbereit war. Ich ging an ihnen vorbei, ohne anzuhalten, wobei mir auffiel, dass Judd noch verbissener wirkte als sonst. Ich war heilfroh, dass es nicht meine Aufgabe war, an ein Geständnis zu kommen.
    Im Vernehmungsraum traf ich auf Peter Belcott, was nicht weiter verwunderlich war. Er schaffte es immer wieder, genau dann aufzutauchen, wenn es spannend wurde.
    » Nun erzähl mal, Kumpel, mit wem haben wir es denn zu tun?«
    » Ich bin nicht dein Kumpel«, maulte Belcott. » Er heißt Razmig Selvaggi.« Dabei ließ er sich die Silben auf der Zunge zergehen und genoss den Klang des Namens. » 24 Jahre alt. Seine Mutter ist Armenierin, der Vater Italiener. Wohnt in Brixton bei seinen Eltern, die haben einen Imbiss mit Lieferdienst. Er macht die Auslieferungen. Kein Eintrag in der Datenbank. Mehr wissen wir nicht.«
    » Hat er schon gestanden?«
    » Sie wollen jetzt gleich mit der Vernehmung anfangen. Du kannst sie dir dort drüben live ansehen, wenn du Lust hast.« Belcott deutete mit dem Kopf zu einem kleinen Besprechungsraum, wo ein Bildschirm flimmerte.
    » Ja, vielleicht.« Ich wandte mich zum Gehen.
    » Hab gehört, die Kerrigan hat vollen Körpereinsatz gegeben? Wär ja nicht das erste Mal, dass sie auf Männer so ’ne Wirkung hat.«
    Meine Hände ballten sich zur Faust, noch ehe ich nachdenken konnte. » Sie ist schwer verletzt worden, weil sie der Kollegin helfen wollte. Darüber würde ich an deiner Stelle keine Witze machen. Was hast du eigentlich letzte Nacht gemacht? Heißes Date mit World of Warcraft, was?«
    » Verpiss dich.«
    » Mit Vergnügen.«
    Ich ging in den Besprechungsraum, wo schon ein paar von den Jungs saßen und darauf warteten, dass die Show endlich losging. Ich stellte mich ganz hinten hin und lehnte mich gegen die Wand. Mein Arm pulsierte dumpf vor sich hin, und ich fühlte mich sauelend. Ich wollte Selvaggi noch einmal sehen, und gleichzeitig war ich auch froh über die Ablenkung.
    Auf dem Bildschirm sah man, wie die Tür sich öffnete und Pettifer hereinkam, gefolgt von Judd. Obwohl der Ton ausgeschaltet war, sah ich, dass der Inspektor immer noch auf Pettifer einredete. Offensichtlich traute er ihm den Job nicht so recht zu. Pettifer sah ziemlich genervt aus, was man ihm nicht verdenken konnte. Ein Kollege, der direkt vor mir saß, kommentierte das Geschehen mit lauten Buhrufen und warf eine zerknüllte Papierkugel in Richtung Fernseher. Obwohl Judd die Verhaftung vorgenommen hatte, würde er auf der Beliebtheitsskala so schnell keine Punkte gewinnen. Pettifer sah sich kurz nach der Kamera um. Er wusste, dass wir zusahen und mit ihm fühlten, und ich fragte mich, ob ihm das half oder ihn eher noch mehr unter Druck setzte.
    Als sich die Tür erneut öffnete, kam Selvaggi mit seiner Anwältin herein. Inzwischen hatten sich noch mehr Kollegen im Besprechungsraum

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