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Der Brandstifter

Der Brandstifter

Titel: Der Brandstifter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Casey
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Verdruss an die Scheibe und präsentierte seinen Dienstausweis. Die Damen überschlugen sich daraufhin zwar nicht gerade vor Eifer, aber zumindest ließ sich eine dunkelhaarige Frau mit müden Augen schließlich dazu herab, sich Sams Anliegen schildern zu lassen. Dann verschwand sie wieder, und Sam drehte sich zu mir um. » Sie fragt mal nach.«
    » Ich geh mich schnell ein bisschen hübsch machen. Nicht ohne mich abhauen, ja?«
    » Wie könnte ich.«
    Nach kurzer Inspektion der Herrentoilette entschied ich mich doch lieber für das Behinderten- WC . Das hatte zudem den großen Vorteil, dass man es für sich allein hatte. Ich riskierte einen Blick in den Spiegel und entdeckte die Platzwunde, die direkt durch meine rechte Augenbraue lief und der Sanitäterin Sorgen gemacht hatte. Im Gesicht und am Hals war Blut heruntergelaufen– ich sah also ungefähr so prächtig aus wie die Jungs im Wartezimmer. Um mich ein wenig vertrauenerweckender herzurichten, betupfte ich die Blutflecke mit angefeuchtetem Toilettenpapier. Mein Auge war auf dem besten Wege zum Veilchen, und am Kiefer, wo er mir einen linken Haken versetzt hatte, prangte eine Prellung. Aber ansonsten war es gar nicht so dramatisch. Ich streifte meine triefnasse Jacke ab und ließ sie zu Boden fallen. Dann schälte ich mich aus dem Sweatshirt, das ich darunter trug, und fluchte vor mich hin, als es an dem halb getrockneten Blut auf meinem Arm kleben blieb. Die Bisswunde sah gar nicht gut aus, das konnte selbst ich erkennen. Seine Zähne hatten die Haut durchdrungen und dabei zwei Halbkreise hinterlassen, die noch immer bluteten. In der Mitte war ein übler blauer Fleck zu sehen, und das Ganze tat mörderisch weh. Ich wusste nicht mehr genau, ob man bei menschlichen Bisswunden eine Tetanus-Auffrischung brauchte, aber ich hatte den vagen Verdacht, dass man so etwas nicht auf die leichte Schulter nehmen sollte. Jemand sollte sich das wohl mal ansehen, dachte ich unverbindlich und ohne konkrete Realisierungspläne.
    Ich zog mein T-Shirt aus, wobei ich meinen Arm vorsichtig durch den Ärmel beförderte. Dann drehte ich mich vor dem Spiegel hin und her und suchte meinen Oberkörper nach weiteren Kampfspuren ab. Am Brustkorb entdeckte ich noch ein paar leichte Blessuren, aber keine weiteren offenen Wunden. Alles nichts Spektakuläres, kein Grund zur Sorge also. Aber ich war hundemüde und total durchgefroren. So lehnte ich einen Moment am Waschbecken und fühlte mich so sterbenselend, dass ich nur mit Mühe die Kraft fand, mich wieder anzuziehen.
    Das T-Shirt war nass und am Kragen rosa verfärbt durch das Blut, das an meinem Hals heruntergelaufen war. Daher stopfte ich es in den Mülleimer, zog jedoch das Sweatshirt wieder an, das noch halbwegs vernünftig aussah. Dann durchsuchte ich meine Jackentaschen und beförderte mein Handy und das von Maeve in meine Hosentasche. Mit Maeves Telefon hatte ich Ian im Auto auf dem Weg zum Krankenhaus angerufen. Ich fühlte mich dazu verpflichtet, denn an seiner Stelle hätte ich das auch erwartet. Seine Reaktion durchlief das ganze Spektrum von Verärgerung über Besorgnis bis hin zu blanker Panik, wie ich sie selbst auch empfand. Allerdings hatte er– im Gegensatz zu mir– auch das Recht dazu, rief ich mir ins Gedächtnis.
    Als ich mit der Jacke in der Hand wieder herauskam, war Sam verschwunden. Wütend ging ich zur Rezeption, wo ich der Frau mit den müden Augen auffiel.
    » Ihr Freund ist schon reingegangen. Kommen Sie hier an die Tür, ich lasse Sie durch.«
    Das verstand er also unter warten. Im Inneren der Notaufnahme sah es auch kaum besser aus: zu wenig Personal, zu viele Patienten. Ich lief eine Weile suchend umher, ohne Sam zu entdecken, und sprach dann kurzerhand eine vorübereilende Krankenschwester an, die mittleren Alters, dünn und sehr gestresst war.
    » Ich bin von der Polizei und suche eine Kollegin, die gerade aus Kennington hergebracht wurde– sie wurde tätlich angegriffen.«
    » Ach ja, die. Sie liegt dort drüben.« Sie zeigte auf eine Kabine in der Ecke, bei der die Vorhänge zugezogen waren.
    » Geht es ihr einigermaßen? Ich meine– kann ich zu ihr?«
    » Ja, es geht ihr ganz gut. Wir haben nur die Vorhänge zugemacht, damit sie ein bisschen Ruhe hat. Heute geht’s hier zu wie im Irrenhaus.«
    Erleichterung war gar kein Ausdruck für das, was ich empfand. Ich griente sie an. » Ich dachte, so etwas sind Sie gewohnt.«
    » Daran gewöhnt man sich nie.« Sie schaute mit hochgezogenen Augenbrauen zu

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