Der Brandstifter
einem Mann, der gerade mit einer Art Geweih auf dem Kopf und einem Augenverband an uns vorbeigeführt wurde. Er trug weiße Kniestrümpfe und grüne Unterhosen, das war alles. Ich verstand, was sie meinte.
Ich wünschte ihr alles Gute, ging zu der bezeichneten Kabine und zog vorsichtig den Vorhang beiseite. » Klopf, klopf.«
Aber weder im Bett noch daneben war Maeve zu sehen. Stattdessen lag dort unsere VE – Katy, wie mir wieder einfiel– und hielt sich die Hand vor das blasse Gesicht. Eine Kollegin war bei ihr und hielt ihr ein Wasserglas hin. Als Katy mich sah, stützte sie sich auf die Ellbogen.
» Was ist mit Maeve? Wie geht es ihr?«
» Das versuche ich auch gerade rauszufinden.« Dann fiel mir meine gute Erziehung wieder ein. » Äh… und wie geht es Ihnen?«
» Beschissen«, antwortete sie und legte sich wieder hin.
» Sie hat überall Prellungen«, sagte ihre Freundin. » Aber zum Glück hat er ihr sonst nichts weiter antun können.«
» Mir nicht, aber dafür anderen«, warf Katy ein. Dann sah sie mich wieder an. » Wenn Sie Maeve gefunden haben, können Sie mir dann bitte sagen, wie es ihr geht?«
» Geht klar.«
Ich ging hinaus und lief direkt der Schwester über den Weg, mit der ich schon zuvor gesprochen hatte. Auf ihrem Namensschild stand » Yvonne«. Das war eine andere Kollegin. »Haben Sie noch jemanden von uns hier gesehen?«
» Nein, aber ich sehe Sie gerade. Kommen Sie mal mit.« Sie bereitete eine Behandlungskabine vor, und ehe ich den Mund aufmachen konnte, um zu widersprechen, fand ich mich mit zurückgelehntem Kopf auf der Liege wieder, und eine grelle Lampe leuchtete mir ins Gesicht. » Das muss genäht werden. Der Doktor wird sich darum kümmern.«
Yvonne reinigte die Wunde, während ich erschöpft die Augen schloss.
» Wo haben Sie sich denn das geholt, wenn ich fragen darf?«
» Bei einer Verhaftung.«
» Na, das sieht nach ’ner handfesten Prügelei aus. Wer hat denn den Kürzeren gezogen?«
» Ich«, gab ich zu. Aber schließlich drohte mir im Gegensatz zu meinem Gegner auch kein Lebenslänglich– seine Motivation war also ungleich größer.
» Jetzt brennt es gleich ein bisschen.«
Recht hatte sie, das Desinfektionsmittel war schlimmer als die Wunde an sich. » Aua.«
» Sie müssen noch kurz tapfer sein, bin gleich fertig.«
» Können Sie rausfinden, was mit meiner Kollegin ist? Sie heißt Maeve Kerrigan.« Ich blinzelte sie an. » Bitte.«
Sie nickte. » Wo hat er Sie sonst noch erwischt?«
Keine Chance, etwas vor ihr zu verbergen. Also schob ich meinen Ärmel hoch und zeigte ihr meinen Arm. » Nur hier noch.«
Sie runzelte die Stirn. » Ach du Schreck. Da hole ich am besten gleich den Doktor.«
» Können Sie es denn nicht einfach ein bisschen sauber machen und ein Pflaster draufkleben?«
» Bei menschlichen Bisswunden sind wir sehr vorsichtig. Wann ist das denn passiert?«
Ich hatte keine Ahnung. » So vor einer Stunde vielleicht.«
» Sie müssen es im OP gründlich auswaschen und versorgen lassen. Aber keine Sorge, das tut nicht weh.«
Ich ärgerte mich, dass ich ihr den Biss überhaupt gezeigt hatte. » Hören Sie, ich würde mir ja gern noch dafür Zeit nehmen, aber ich bin gerade ein bisschen im Stress, und…«
Ein großer Kopf mit Hängebacken schob sich zwischen den Vorhängen hindurch. » Was machst du denn hier, sag mal?«
» Sam, wo hast du gesteckt, verdammt noch mal? Wie geht es Maeve? Hast du sie gefunden?«
» Ja und nein. Ich hab sie nicht direkt gesehen, aber dafür weiß ich, wo sie ist. Den Gang runter im Rea-Raum. Sie sind noch dran an ihr.« Er sah ganz grau aus im Gesicht, als wäre er um zehn Jahre gealtert, seit ich ihn zum letzten Mal gesehen hatte. » Schädelbruch, denken sie. Sie machen sich Sorgen wegen innerer Blutungen.«
» Kriegen sie es hin?«
Er zuckte hilflos die Schultern. » Sie tun ihr Bestes.«
Ich befreite meinen Arm aus Yvonnes Griff, stand auf und griff nach meiner Jacke.
» Wo wollen Sie denn bitteschön hin?«
» Zu unserer Kollegin.«
» Aber Sie müssen vorher noch Ihren Arm versorgen lassen.«
Sam sah sich die Bisswunde genauer an. » Oh, oh. Mit so was ist echt nicht zu spaßen. Ich kenne einen Kerl, der ist bei einer Prügelei vor ’nem Club im East End gebissen worden. Hinterher mussten sie ihm fast die Hand abnehmen.«
» Ja, ja, schon gut, Sam. Hab’s kapiert.« Ich wandte mich an die Schwester: » Wie lange dauert das denn? Also, mit dem OP , das klappt doch bestimmt nicht
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