Der Brandstifter
vorstellen, wie es wäre. Und dann hab ich es eben gemacht.« Er schien immer noch ganz erstaunt über seine eigene Kühnheit. » Es war, als ob mich irgendwas überkommt, und dann hab ich gemerkt, wie ich meine Hand mit dem Elektroschocker ausstrecke. Sie hat das gar nicht mitgekriegt. Eben hatte sie mir noch was über ihren Abend erzählt, und dann lag sie plötzlich da.«
» Aber als sie auf der Erde lag, haben Sie nicht aufgehört, nicht wahr? Sie haben sie in den Park gebracht und so lange auf sie eingeschlagen, bis sie tot war.«
» Genau das wollte ich schon ewig. Und da hab ich es endlich mal gemacht. Und keiner hat mich dabei gesehen.« In seiner Stimme schwang ein absurder Mix aus Verlegenheit und Triumph mit, als wüsste er genau, dass er etwas Falsches getan hatte, auf das er aber trotzdem stolz war.
» War es so, wie Sie es sich vorgestellt hatten?«, schien Pettifer mit ehrlichem Interesse zu fragen. » Als Sie es geplant haben, meine ich. Entsprach es Ihren Erwartungen?«
» Sie zu töten?« Selvaggi sah ihn mit funkelnden Augen an. » Es war besser. Viel besser.«
Mir wurde wieder entsetzlich schlecht, und ich wandte mich ab. Das war ein absolut eindeutiger Fall. Er würde sich schuldig bekennen und lebenslänglich bekommen. Keine Chance, jemals wieder rauszukommen. Damit war der Gerechtigkeit Genüge getan.
Aber dann musste ich daran denken, wie viele Opfer das gekostet hatte, und irgendwie schaffte ich es nicht, mir einzureden, dass es das wert war.
12
Maeve
Durch Gottes Gnade und mithilfe der Engel holperte ich zurück ins Leben. Das waren ganz reale Engel, wie zum Beispiel die Rettungssanitäter, die mir während der Blaulichtfahrt ins Krankenhaus halfen weiterzuatmen. Oder die Ärzte, die die richtigen Entscheidungen trafen, und die Schwestern, die in den entscheidenden Stunden, als keiner wusste, ob ich bis zum nächsten Morgen überleben würde, unermüdlich über mich wachten. Und dazu noch sämtliche Engel und Heiligen im Himmel, wenn es nach meiner Mutter ging, die sich Runde um Runde in ihren Rosenkranz flüchtete und auf die Heilige Jungfrau Maria sowie die zahlreichen nachgeordneten Ränge in der himmlischen Hierarchie vertraute. Später erzählte mir mein Vater, dass sie buchstäblich jeden in Aufruhr versetzt hatte, angefangen bei Chief Superintendent Godley bis hin zu Ian, der die meiste Zeit außer Reichweite im Wartezimmer verbracht hatte.
Zu jener Zeit hatte ich von all dem natürlich keinen Schimmer. Ich kannte nur noch den Schmerz in Kopf und Körper und die eigentümliche Verwirrung, die sich einstellt, wenn man in der Isolation eines Krankenhauszimmers aufwacht und sich kaum erinnern kann, wie man dorthin gelangt ist. Ich wusste nicht, was ich dort sollte oder was mit mir passiert war, ob es Tag oder Nacht war, ob ich leben oder sterben würde, aber meistens ging es mir so miserabel, dass mich das alles überhaupt nicht interessierte.
Als ich das erste Mal wieder ein wenig zu Bewusstsein kam, war meine erste Wahrnehmung ein über mich gebeugter Arzt in OP -Kleidung. Er hatte eins meiner Augenlider zurückgezogen und leuchtete mir mit einem hellen Licht direkt ins Auge.
» Au.« Meine Stimme war von Nichtgebrauch und Durst ganz eingerostet, und ich hustete kurz und schmerzhaft.
» Hallo, da sind Sie ja. Können Sie mir sagen, wie Sie heißen?«
» Ja, kann ich. Und können Sie mir Ihren Namen verraten?«
» Erst muss ich Ihren hören, fürchte ich.«
» Maeve Áine Kerrigan. Jetzt Sie.«
Er lachte. » Scheint ja alles in Ordnung zu sein mit Ihnen, was?«
» Was ist denn los mit mir? Warum bin ich hier?«
» Erinnern Sie sich, was passiert ist?«
Ich wollte antworten, nur damit er endlich verschwand, aber als ich den Mund aufmachte und sprechen wollte, war da nichts. Ich runzelte die Stirn.
» Nehmen Sie sich Zeit.«
» Brauche ich nicht.« Ich zupfte an der Decke, mit der ich zugedeckt war und fühlte, wie sich ein Angstzittern von der Magengegend her ausbreitete und mein Rückgrat hinaufkroch. » Ich denke gleich darüber nach.«
» Hmm.« Der Arzt richtete sich auf und zog einen Stift aus der Tasche, um auf meinem Krankenblatt etwas zu vermerken. Ich fühlte mich, als hätte ich gerade eine Prüfung vergeigt.
» Mir tut der Kopf weh.«
» Kein Wunder. Sie haben einen gebrochenen Schädel.«
» Oh.«
Das klang gar nicht gut. Ich klappte die Augen wieder zu und versuchte, mich zu erinnern, wie und warum das passiert sein mochte. Autounfall? Ich hatte in
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