Der Brandstifter
allzu lange. » Warte mal. Wie konnte ich das vergessen: Was ist eigentlich aus dem Fall Haworth geworden und dem Druck auf Gil Maddick? Haben sie seine Wohnung durchsucht?«
» Haben sie. Da ist aber nichts Ungewöhnliches zum Vorschein gekommen. Ein paar Stücke Damenbekleidung haben sie gefunden, eine Haarbürste, ein bisschen Kosmetik– nichts, was sich auf Rebecca zurückführen lässt. Ganz schöner Aufreißer, was? Sieht er wenigstens gut aus?«
» Vielleicht, wenn man auf solche Typen steht. Alles okay mit Louise?«
» Soweit ich weiß, ja.«
Jetzt, da Selvaggi verhaftet war, wurde es höchste Zeit, das Hauptaugenmerk von den Taten des Brandstifters auf Rebeccas Tod zu verlagern, und ich hoffte, dass wir mit den zusätzlichen Kapazitäten die nötigen Beweismittel auftreiben konnten, um auch Gil Maddick festzunehmen. Außerdem hatte ich jetzt nicht mehr das Gefühl, Louises einzige Schutzinstanz zu sein, und das war eine große Erleichterung.
Eine Krankenschwester steckte den Kopf durch die Tür und tippte vielsagend auf ihr Handgelenk, als sie Rob sah.
» Ich geh mal lieber, bevor die mich hier rausschmeißen.«
Ohne nachzudenken, streckte ich die Hand nach ihm aus. » Nein. Bleib noch.«
» Du musst dich ausruhen, und ich muss arbeiten.« Seine Stimme war ebenso sanft wie entschlossen, als er aufstand. » Wir müssen noch ein paar Einzelheiten nachgehen– der Fall muss wasserdicht werden. Die Staatsanwaltschaft will auf gar keinen Fall, dass da was schiefgeht.«
» Ja, völlig klar.« Ich spürte, wie ich rot wurde. Schließlich waren wir ja nur Kollegen. Wir hatten über unsere Arbeit gesprochen. Kaum anzunehmen, dass Rob mich mit anderen Augen sah. Sicher nahm er an, dass ich noch weiter über die Arbeit reden wollte. » Wenn du losmusst, ist das völlig in Ordnung. Am liebsten würde ich ja mitkommen.«
» Dafür ist immer noch Zeit. Wann lassen die dich denn hier raus?«
Ich zuckte die Schultern. » Mir sagt doch hier keiner was.«
» Wohnst du dann wieder in Primrose Hill?« Sein Tonfall war täuschend beiläufig, aber ich entdeckte ein Funkeln in seinen Augen.
» Wie dir nicht entgangen sein dürfte, hat Ian sich von mir verabschiedet. Wir haben uns getrennt. Ich hab vor, zu meinen Eltern zu ziehen und mich dort zu erholen.«
» Wie nett. Lass dich nur richtig verwöhnen.«
» Ich werde bestimmt bald wieder fit sein, weil ich so schnell wie möglich von dort wegwill.«
» Sag mir Bescheid, wenn sie dich hier entlassen. Wenn du willst, helfe ich dir beim Umzug zu deinen Eltern.«
Meine Gedanken waren schon wieder ganz woanders. » Rob, was hat dir Ian beim Gehen eigentlich zugeflüstert?«
Ein Lächeln breitete sich langsam über sein ganzes Gesicht aus. » Das sag ich dir ein anderes Mal.«
» Rob!«
Er beklopfte sacht meine Hand. » Reg dich nicht auf. Denk an deinen Blutdruck.«
» Langton, du bist ein blöder Idiot.«
Er stand auf und streckte sich. Dann beugte er sich vor und betrachtete mein Gesicht. » Es gibt echt keine unversehrte Stelle, wo ich dich küssen könnte.« Schließlich entschied er sich für ein Küsschen auf meine Nasenspitze. Und noch ehe ich über eine angemessene Erwiderung nachdenken konnte, war er gegangen.
In den nächsten Tagen riss der Besucherstrom kaum ab, aber trotz alledem hatte ich die Nase vom Krankenhaus gestrichen voll, als ich endlich entlassen wurde. Mit meiner Mutter, die sich vor lauter Fürsorge fast umbrachte, einer halben Apotheke und einem Aktenordner unter dem Arm fuhr ich nach Hause. Die Akte hatte Chief Superintendent Godley mir überreicht, als er mich besuchen kam, an meinem Bett saß und so locker mit meinem Vater plauderte, als würde er ihn schon seit Jahren kennen. Dabei hatte er ihn zum ersten Mal gesehen, als er am Samstagmorgen bei meinen Eltern klingelte, um sie darüber zu informieren, was passiert war. Er hatte sie sogar persönlich zum Krankenhaus gefahren. Beim Aufeinandertreffen meiner beiden Welten war mir ein bisschen unbehaglich zumute. Ihrem finsteren Gesichtsausdruck nach zu urteilen, fand es Mutter ziemlich absurd, dass Godley mich bat, meinen Genesungsurlaub mit der Arbeit an einer Ermittlungsakte zu verbringen. Aber es war mir mehr als recht, an der Aufklärung des Verbrechens an Rebecca Haworth mitwirken zu können. Insofern war die Akte das schönste Genesungsgeschenk, das ich mir vorstellen konnte. Sie half mir, mich nicht nutzlos zu fühlen, und hielt mich davon ab, zur Arbeit zu gehen, bevor ich
Weitere Kostenlose Bücher