Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Brandstifter

Der Brandstifter

Titel: Der Brandstifter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Casey
Vom Netzwerk:
verschwand.
    Als er seine Autotür aufschloss, hatte ich ihn eingeholt. » Du hast mir übrigens immer noch nicht gesagt, was Ian dir im Krankenhaus zugeflüstert hat.«
    » Stimmt, hab ich nicht.« Er sah mich einen Moment an, dann beugte er sich zu mir herunter, und zu meiner völligen Überraschung küsste er mich. Ich brachte es tatsächlich fertig, die Fassung zu wahren, konnte aber nicht das Bedürfnis unterdrücken, mich vorsichtig umzudrehen, ob jemand im Haus uns gesehen hatte.
    » Pass auf, dass du dich nicht verkühlst«, sagte Rob so ruhig, als sei nichts gewesen. » Du bist nicht warm genug angezogen.« Er ließ sich auf den Fahrersitz fallen und stellte den Motor an.
    Ich wickelte mich fester in meine Strickjacke und versuchte, ebensolche Gelassenheit an den Tag zu legen wie er, obwohl ich ganz kribbelig war. » Geht schon. Und jetzt sag mir endlich, was er zu dir gesagt hat. Ich meine es ernst, Rob.«
    » Okay, wenn du es unbedingt wissen musst: Er hat mir viel Glück gewünscht. Und er meinte, ich würde es brauchen.«
    Ich hatte keine Ahnung, was ich sagen sollte, und Rob half mir kein bisschen. Mit hochgezogener Augenbraue schloss er die Fahrertür, setzte rückwärts aus der Einfahrt, preschte davon und ließ mich mit Millionen unbeantworteter Fragen und stapelweise Papierkram zurück.
    Ich brauchte Tage, um alles durchzuarbeiten und mir nebenher Notizen zu machen, angetrieben durch Unmengen von Tee und immer mal wieder unterbrochen von den üblichen Kontroversen mit meiner Mutter. Dad floh derweil ins Wohnzimmer, wo es einen riesigen Fernseher und Sky Sports gab, und vorübergehend kam ich mir wieder vor wie ein Teenager. Der Eindruck verstärkte sich noch, als Mum meinen Bruder Dec verpflichtete zu helfen, meine Sachen aus Ians Wohnung zu holen. In Kisten und Säcke verpackt, sah mein Leben beklagenswert überschaubar aus. Dec trug alles nach oben in mein altes Zimmer, wo es stehen blieb, wie es war, weil ich mich weigerte, es auszupacken.
    Dec konnte sich mal wieder nicht beherrschen und versuchte gleich, mich zu überreden, auf Dauer zu bleiben. » Mum und Dad würden sich so freuen, wenn du öfter hier wärst. Sie sehen dich viel zu selten.«
    Er war gerade mal vier Jahre älter als ich, wirkte aber schon sehr gesetzt. Mit 25 hatte er geheiratet und war inzwischen Vater von zwei Töchtern. Er wohnte in Croydon, nicht weit entfernt von Mum und Dad, machte aber kein Hehl daraus, dass ich mich seiner Ansicht nach mehr um sie kümmern müsste. Schließlich hatte er Verpflichtungen. Ich offenbar nicht.
    Nun hätte man annehmen können, dass die Enkelkinder meiner Mutter genug Ablenkung bescherten, doch sie brachte es immer noch fertig, mir zu grollen, wenn ich nicht oft genug bei ihr anrief. Generell hatte ich den Eindruck, dass Dec sich gekränkt fühlte, weil seine Aufopferung nicht angemessen gewürdigt wurde. Er hatte offenbar noch nicht begriffen, dass das Leben manchmal ungerecht ist. Also ignorierte ich seine Bemerkungen einfach. Außerdem nahm ich mir fest vor, dass der Genesungsurlaub zu Hause nur vorübergehend war. Ich wollte so bald wie möglich wieder auf eigenen Füßen stehen, obwohl ich noch keinen Schimmer hatte, wo das sein würde.
    Aber das war längst nicht das Einzige, was mir durch den Kopf ging. Normalerweise gab es immer wesentlich mehr, was ich nicht wusste, im Vergleich zu dem, was ich wusste– und das galt sowohl privat als auch beruflich. Nur mit dem Unterschied, dass mir die polizeilichen Ungewissheiten in der Regel keine Kopfschmerzen bereiteten. Mein Verstand war unablässig mit der Verarbeitung dessen beschäftigt, was ich gelesen, gesehen oder gehört hatte. Und als ich schließlich nach drei Tagen endlosen Lesens den letzten Papierstoß von mir wegschob, hatte ich vor mir ein eng mit Notizen und Fragen beschriebenes Blatt liegen und spürte eine wachsende Gewissheit, dass die Antwort zum Greifen nahe war. Nunmehr hatte ich eine Liste von Verdächtigen, die allesamt eindeutig ein Motiv hatten, Rebecca Haworth umzubringen. Sie hatte wesentlich mehr Feinde gehabt als eine durchschnittliche 28-Jährige. Einige davon hatten gelogen– und zwar mehr als einmal, das konnte ich beweisen. Aber ich konnte nach wie vor nicht beweisen, wer von ihnen ihr Mörder war.
    Ich kramte noch einmal in den Kartons, die ich noch nicht ausgepackt hatte, und stieß dabei auf DCI Garlands dicken eselsohrigen Ordner über Adam Rowley. Ich blätterte ihn durch und fand schließlich den

Weitere Kostenlose Bücher