Der Brandstifter
nicht die letzten Haare aus.«
Unwillkürlich griff ich mir an den Kopf und fühlte einen Verband. » Kannst du erkennen, wie viel sie davon abgeschnitten haben? Die Schwester hat mir versichert, dass der Chirurg den Kopf nicht rasiert hat.«
Er lachte. » Tut mir leid. Ich konnte nur einfach nicht widerstehen. Nee, nee, unter dem Verband hast du bestimmt eine Mähne wie aus der Shampoowerbung.«
» Keine Ahnung, warum mich das so beschäftigt«, stellte ich verwundert fest. » Sonst sind mir solche Sachen doch auch egal.«
» Möglicherweise hat dieser Schlag auf den Kopf deine Persönlichkeit verändert. Wenn du Glück hast, wird aus dir jetzt ein richtiges Mädchen.«
» Ich bin schon ein richtiges Mädchen«, sagte ich würdevoll. » Du weißt es nur nicht.«
» Du kannst es eben gut verbergen.« Wahrscheinlich sah ich daraufhin so beleidigt aus, dass er sich zu mir beugte und beschwichtigend meine Hand tätschelte. » Ich mach doch nur Spaß, Kollegin. Du bist völlig okay.«
» Na egal. Noch mal zurück zu dem, was neulich in der Nacht passiert ist.« Erwartungsvoll sah ich ihn an.
» Ich darf mit dir nicht über Dienstliches reden.«
Ich schnaubte frustriert, woraufhin er die Hände hob. » Okay, du hast mich überzeugt… Also, woran erinnerst du dich noch?«
» Katy«, sagte ich als Erstes. » Wie…«
» Gut. Besser als dir sogar. Beulen und blaue Flecken und eine Brandverletzung vom Elektroschocker.«
Ich atmete langsam aus. Jemand anderen zu fragen hatte ich mich nicht getraut, und wahrscheinlich hätte mir sowieso niemand etwas gesagt. Aber ich war ziemlich sicher, dass Rob mir die Wahrheit sagte. » Dann war er es also.«
» Ja. Höchstwahrscheinlich. Der Brandstifter in der ganzen Pracht seiner 24 Jahre.«
» Willst du mich verarschen?«
Er schüttelte den Kopf. » Erinnerst du dich an das ständige Gelaber von der Psychologin? Dass er Ende 30 bis Mitte 40 ist, allein lebt, wahrscheinlich schon durch Gewalttaten aufgefallen ist, bla bla bla? Da lag sie ganz schön daneben.«
» Was ist es denn für einer?«
Andächtig hörte ich zu, als Rob mich in allen Einzelheiten über Razmig Selvaggi informierte.
» Er ist voll das Muttersöhnchen und kann sich zu Hause alles erlauben. Seine Schwester meint, Mami lässt ihm alles durchgehen. Er kann tun und lassen, was er will.«
» Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, wie so was geht«, warf ich nachdenklich ein.
» Razmig wohnt in einer quasi abgeschlossenen Wohnung im ausgebauten Dachboden des Hauses, wo der Rest der Familie nicht reindarf. Er ist dort vollkommen ungestört. Die Eltern arbeiten bis sonst wann in ihrem Pizza-Imbiss, und die Schwestern kriegen gar nicht mit, was er macht und wo er ist. Und natürlich gehört der Motorroller zum Geschäft, sodass er nicht mal das Benzin zahlen muss.«
» Was will man mehr, wenn man auf Mördertour geht.«
» Genau. Und mit der Pizza hat er auch gleich sein Eröffnungsmanöver– ein leckeres Häppchen für umsonst anzubieten funktioniert doch perfekt, wenn man Mädchen in ein Gespräch verwickeln will.«
» Hat er gestanden?«
» Ihm blieb kaum was anderes übrig«, sagte Rob freimütig. » Bei der Hausdurchsuchung haben sie Schmuckstücke gefunden, die mit denen übereinstimmen, die bei den Opfern fehlten– von einem blutverschmierten Hammer mal ganz zu schweigen.«
» Das ist ja genau das, wonach wir gesucht haben.«
» Exakt. Sogar seine Anwältin war ziemlich schweigsam, als sie ihm beim Verhör die Fotos von den Fundstücken auf den Tisch geknallt haben. Wenn man so tief in der Scheiße steckt, kann man eigentlich nur noch reden. Was unser Freund Razmig dann auch getan hat.«
Meine Gedanken überschlugen sich. » Hat er sich zu allen Fällen bekannt? Was ist mit Rebecca Haworth?«
Rob lehnte sich grinsend zurück. » Funktioniert ja offenbar alles noch bestens bei dir im Oberstübchen. Nein, den Mord an Rebecca hat er nicht gestanden. Dafür hat er sogar ein Alibi. An dem Tag, als Rebecca starb, hat seine Cousine geheiratet, und er war den ganzen Abend bis tief in die Nacht auf der Hochzeitsfeier. Es gibt sogar ein Video davon und alles. Gegen neun war er schon sturzbesoffen, und die Hochzeit fand noch dazu in Hertfordshire statt. Er hätte also sowohl in der Lage sein müssen, an zwei Orten gleichzeitig zu sein als auch Frauenmord im Akkord zu betreiben.«
» Ich wusste es.«
» Er war ziemlich sauer auf den, der da offensichtlich sein Tatmuster geklaut hat, und musste
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