Der Brandstifter
scheinen sah, machte mein Herz vor lauter Glück einen Sprung. Noch nie hatte ich etwas so Schönes wie die verwitterten Ornamente an den Fassaden der College-Gebäude gesehen oder so etwas wie den Torbogen an der Hauptstraße, der so perfekt geformt war wie ein gespannter Bogen, oder den graugrün unter der Magdalen Bridge dahinfließenden Fluss. Nichts war ärmlich oder dürftig oder nagelneu. Ich lief eine Weile umher, bis es so dunkel war, dass der goldgelbe Stein grau wurde, fand den Weg zum Latimer College und betrat es durch die kleine Tür in dem großen, schweren Eichentor. Die Pflastersteine unter meinen Füßen waren ganz blank und ausgetreten von Generationen von Studenten, die darübergegangen waren, und ich nahm mir fest vor, dass ich einer von ihnen sein würde– nicht einfach nur die kleine Bewerberin, die gerade aufgeregt vor der Pförtnerloge stand und verschüchtert nuschelte, dass sie wegen einer Bewerbung hier war, und daraufhin einen Schlüssel mit rundem Metallanhänger in die Hand gedrückt bekam, von dem ihre verschwitzten Hände seltsam nach Münzgeld rochen.
Mein Zimmer befand sich im Gartenhaus. Es hatte hohe Fenster, die zum Fluss hinausgingen, und über dem Bett hingen leere Bücherregale. Ich saß auf dem Bettrand und schaute auf die kahlen Bäume, die sich um die Angel & Greyhound Meadow, die großen Flutwiesen, gruppierten, und auf den Magdalen Tower, der fahl im Scheinwerferlicht über allem wachte. Im Korridor war Lärm zu hören, andere Bewerber unterhielten sich laut und selbstbewusst, beschlossen, auszugehen und zu probieren, ob man sie in die nächstgelegene Kneipe hineinließ. Ich rührte mich nicht von der Stelle, denn ich war viel zu schüchtern, jemanden anzusprechen. Außerdem hätte ich dazu auch gar keine Lust gehabt. Viel lieber wollte ich den Ort, an dem ich mich befand, in allen Einzelheiten aufnehmen, den Geruch, die Geräusche, das Gefühl, dort zu sein– für den Fall, dass ich nie wieder Gelegenheit bekommen sollte, etwas Derartiges zu erleben. Ich wagte es nicht, mir vorzustellen, dass dieses Zimmer einmal meins sein könnte und wie ich darin wohnen würde. Die Studentin, die normalerweise hier wohnte, hatte sämtliche Privatgegenstände beseitigt, bis auf die kleinen Leuchtsternchen, die überall an der Decke klebten und die ich erst bemerkte, als ich das Licht ausschaltete.
Mein erstes Gespräch fand am nächsten Vormittag um zehn Uhr statt, und wenn es nach mir gegangen wäre, hätte ich wahrscheinlich das Frühstück sausen lassen, aber das Mädchen von nebenan klopfte um acht an meine Tür und fragte, ob ich mit ihr frühstücken kommen wolle. Sie brauchte moralische Unterstützung, behauptete sie, obwohl sie die ganze Zeit plapperte, als wäre sie schon viele Male hier gewesen, und sich ganz selbstverständlich hier bewegte. Für Geschichte hatte sie sich beworben. Sie hatte ein rundes Gesicht mit Sommersprossen, aber an ihren Namen kann ich mich nicht mehr erinnern. Sie wurde nicht angenommen, trotz ihres Selbstvertrauens. Ich redete nicht viel und versuchte, auf dem Weg vom Gartenhaus zur Mensa so viel wie möglich in mich aufzunehmen; und in der Mensa war ich für Unterhaltungen viel zu beschäftigt damit, mir die Eichentäfelung anzuschauen, die großen, goldgerahmten Porträts an den Wänden und die langen, schweren Tische. Hunderte von Leuten saßen auf den Bänken an den Tischen und unterhielten sich lautstark, obwohl mir auffiel, dass ein beträchtlicher Teil von ihnen vor lauter Aufregung ganz schweigsam war. Ich würgte etwas Toast und lauwarmen Tee hinunter, während ich… nennen wir sie einfach Joan, da ich mich beim besten Willen nicht an ihren Namen erinnern kann… während ich Joan zuhörte, die mich über all ihre Freundinnen und Hobbys aufklärte und darüber, dass sie sich kaum vorstellen konnte, in Oxford zu studieren, weil es eben doch ziemlich arbeitsintensiv war und ihre Kumpels alle bloß darüber gelacht hatten, dass sie sich überhaupt beworben hatte.
Nach dem Frühstück hatte ich es geschafft, Joan mit der Begründung abzuschütteln, dass ich mich auf mein Gespräch vorbereiten musste, und so schlenderte ich durch das College. Ich schaute mir alles genau an, angefangen bei den mit Kreide über den Türen vermerkten Ruder-Ergebnissen im zweiten Innenhof bis hin zum Geruch von Messingpolitur vor der College-Kapelle. Es war ein klarer, kalter Tag, der Himmel strahlte hell und blau über mir, und die Farben waren unglaublich
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