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Der Brennende Salamander

Der Brennende Salamander

Titel: Der Brennende Salamander Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingeborg Bayer
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seidengewandeten Körper mit grünen Federn beklebt. Der Faun kam zu mir heran, umtänzelte mich zunächst spielerisch, ergriff meine Hand, entnahm seiner Tasche mit einem raschen Griff eine kleinen Phiole und tupfte dann einige Tropfen einer Essenz auf meine Fingerspitzen – dies alles ohne ein Wort zu sagen. Der Duft des Sommers kehrte noch einmal zurück, und ich hatte das Gefühl, als sei ich in ein fremdes Land versetzt, das einzig dazu diente, die Menschen zu erfreuen. Das Spiel ging weiter. Der Faun nahm mich bei der Hand und holte den Lyraspieler an seine Seite, Bacchantinnen liefen lachend auf uns zu und tanzten zum Klang des Instruments. Wir zogen zu diesem Glaskugelbaum, der nunmehr enthüllt war: Ein Amor schlug mit einem Metallstäbchen die Kugeln an, die einen sanften Harfenton von sich gaben und in ihren schillernden Farben zitterten. Das Licht der Fackeln zuckte über den Palazzo, auf dem Wasser tummelten sich in Booten kostümierte Cupidi, und auf einem etwas abseits gelegenen Platz fand ein Schachspiel mit lebendigen Figuren statt: Ghita hatte mich gebeten mitzuspielen, und wir hatten uns auf die Rolle des Turms geeinigt. Selbstverständlich war Nardo der König und Ghita die Dame. Das Spiel fand großen Gefallen, nicht zuletzt, weil die verlorenen Figuren eingelöst werden mußten: Zu jeder Seite der Spieler lagen Ketten und Ringe als Pfänder aufgehäuft.
    Zu später Stunde – es hatte inzwischen ein Wetttrinken stattgefunden und ein Teil der Gäste lag in weinseliger Stimmung irgendwo am Boden oder badete unter Wachen in der Lagune – zupfte mich jener Seidenhändler am Arm, der sich zuvor bei den Gesprächen im Garten blamiert hatte und der sich nun mit Hartnäckigkeit an meine Fersen heftete, weil er den neusten Klatsch aus Florenz erfahren wollte oder an mir persönlich Interesse hatte.
    Wißt Ihr eigentlich, was hinter jener farbigen Wand dort drüben ist? wollte er wissen und deutete zu den Büschen hinüber.
    Ich wischte ein Stäubchen von meinem Hermes-Ärmel und schüttelte den Kopf.
    Er schaute sich um und beugte sich dann zu mir herüber. Es heißt, daß es da allerlei seltsame Dinge gibt, flüsterte er dann, ein Labyrinth, ein Oktogon und einemagische Wand. Wer durch sie hindurchgeht, kehrt nie mehr zurück. Und man erzählt von einem wunderschönen Glaskugelbaum, der Zauberkräfte haben und die meiste Zeit unsichtbar sein soll. Habt Ihr ihn je gesehen?
    Ich sagte: Er steht dort drüben, ist soeben enthüllt worden und ganz und gar ohne Geheimnis.
    Es heißt auch, sie feiert dort hinter der Wand schwarze Messen, fügte er dann verschwörerisch hinzu und ließ mich dabei nicht aus den Augen.
    Ich blieb abrupt stehen und starrte ihn an. Ihr müßt nicht recht bei Verstand sein, sagte ich dann schroff. Und ich hoffe nur, Ihr hütet Eure Zunge. Ihr wißt schon vor wem.
    Er lachte. Die Inquisition? Die wird zum zahnlosen Tiger, wenn man Beziehungen hat und Bestechungsgelder bezahlen kann.
    In der Nacht – ich war vor den letzten Gästen zu Bett gegangen – hörte ich noch zu später Stunde jemanden durch die Gänge tapsen und an irgendwelche Türen klopfen. Ich rührte mich nicht. Ghita konnte es nicht sein, da sie wußte, wo ich schlief, an weiteren Klatschgeschichten des Seidenhändlers hatte ich keinerlei Interesse und an seiner Person schon gleich gar nicht.
    In meiner Phantasie jedoch stellte ich mir im Morgengrauen auf meinem Lager schwarze Messen vor, ohne freilich recht zu wissen, was dabei eigentlich geschah.
    Und wieder mußte Nardo nach Bologna.
    Oder wollte nach Bologna; mit mir sprach er darüber nicht. Wie ich überhaupt den Eindruck hatte, daß es zwischen ihm und mir zunehmend eine Barriere gab, die damals bei meinem Besuch im Turm in Florenz nicht existiert hatte. Und je öfter er abwesend war, um so seltsamer wurde das Klima zwischen seiner Mutter und mir. Ich spürte, wie allmählich Angst in mich hineinkroch, ohne zu wissen, weshalb. Manchmal fürchtete ich mich wie ein Kind im Dunkeln, manchmal hatte ich das Gefühl, ich müsse nun alle Eierschalen von mir abwerfen und mich so verhalten, wie sich vermutlich Lazzaro verhalten hätte oder Rocco.
    Und dann kam der Nachmittag, an dem Ghita zu mir in die ehemalige Kapelle stürzte, so erregt, daß ich erschrak und dachte, es sei etwas Schlimmes geschehen. Sie nahm mich hastig bei der Hand, in der ich ausnahmsweise keinen Pinsel hielt, und zog mich aus dem Raum. Ihr müßt unbedingt mitkommen! Beeilt Euch! Wir

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