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Der Brennende Salamander

Der Brennende Salamander

Titel: Der Brennende Salamander Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingeborg Bayer
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meiner Arbeit. Manchmal stellte ich mir dann vor, sie würde mit mir in diese Kammer kommen, einen Gutenachtkuß auf meine Stirn drücken und die Decke über meine Schultern ziehen.
    Versucht Euch in die Gedankenwelt der Transmutation einzuleben! rief sie mir nüchtern nach, ohne meine kindlichen Wünsche zu erraten. Macht Euch klar, um was es geht! Dann wird Euch auch die Angst verlassen.
    Ich weiß nicht, wann der große Umschwung gekommen war.
    Es mußte geschehen sein, ohne daß ich dessen gewahr wurde. Vermutlich auch, ohne daß Ghita es merkte. Oder auch nicht. Ich verstehe zu wenig von Frauen, um darüber eine verläßliche Aussage machen zu können.
    Sie kam eines Nachts in die ehemalige Kapelle, einen losen Umhang über ihrem Nachtgewand, die Haare locker auf ihre Schultern fallend. Sie legte den Finger auf den Mund und flüsterte: Malt weiter, ich bin nicht hier!
    Ich hatte den Kopf kaum gewendet, spürte aber ihre Anwesenheit und merkte, daß sich sofort alles veränderte. Ich war ein anderer, meine Ideen für dieses Bild waren andere. Ich fühlte ihre Nähe durch meinen groben Kittel hindurch, hatte das Gefühl, als sei sie plötzlich im Zentrum dieses Bildes, das ich gerade malte. Es war, als malte ich dieses Berggrün, das Plinius einst Chrysocolla genannthatte, nun für sie, genausowie das Gewand der Frau, das ich mit Drachenblut hatte malen wollen, einer Farbe, die ebenfalls schon in der Antike bekannt war und aus dem Harz des Drachenbaumes gewonnen wurde.
    Nach einer Weile drehte ich mich um, sie stand zögernd auf, legte wiederum den Finger auf die Lippen und verließ den Raum, das Gesicht mir zugewandt wie ein ehrfürchtiger Lakai.
    Ich merkte, wie mir der Schweiß ausbrach. Ich wischte den Pinsel ab und setzte mich auf meinen Schemel. Schließlich stand ich auf und ging zu meiner Waschschüssel. Ich wusch mich flüchtig, schlüpfte in mein Nachtgewand und legte mich schlafen. Aber bereits nach wenigen Minuten wußte ich, daß ich nicht schlafen konnte. Also stand ich wieder auf, zog mich an und machte mich erneut an mein Wandbild. Ich malte die halbe Nacht hindurch und stieg auf die Leiter, um in einer völlig verkrampften Haltung auch die Decke zu einem Drittel miteinzubeziehen. Und wußte, daß ich am anderen Morgen vermutlich alles würde übermalen müssen – die ausschweifende Bacchantin, die ich gemalt hatte, überschäumend vor Freude, trug zu genau die Züge Ghitas.
    Am nächsten Tag begannen die Näherinnen an mir Maß zu nehmen. Ob es mir recht sei nach dem Morgenmahl, hatte Ghita fragen lassen. Ich hatte zugestimmt, mehr verlegen als erbaut von der Idee, daß auch für mich ein Kostüm genäht werden solle. Alle bekommen Kostüme, auch der Gärtner, hatte Ghita gesagt, aber ich konnte mir nicht recht vorstellen, welches Kostüm für mich passend sein sollte, und die Näherinnen hatten lachend abgewinkt und gesagt, es sei für alle eine Überraschung.
    Am Abend nach ihrem seltsamen nächtlichen Besuch fragte mich Ghita, ob ich Lust hätte, ihr heute bei ihrer Arbeit zu helfen. Sie bereite einen neuen Versuch vor und könne einen Helfer gut gebrauchen, Nardo sei gerade in Bologna.
    Es war der erste Abend, an dem wir völlig allein waren in ihrem Laboratorium, auch ihre Vertrauten hatte sie weggeschickt. Ich stellte mich zunächst ungeschickt und ungelenk an wie immer, wenn ich mich in Lebensumständen wiederfand, die mir nicht vertraut waren. Aber nach und nach lebte ich mich ein in die Rolle, ein Nardo ebenbürtiger Gehilfe zu sein. Ich spürte, wie meine Unsicherheit sich verlor, reichte Ghita die gewünschten Gegenstände wie ein Adlatus seinem Meister: das Dampfrohr für die Serpente, das Ablaufrohr für die Luftkühlung der Retorte, die Kühlschüssel für den Mohrenkopf. Und nachdem sie mir die Funktion der drei Öfen gezeigt hatte, konnte ich ihr auch hier zur Hand gehen: der Sandofen war für die langsam vor sich hinköchelnden Essenzen gedacht; der Galeerenofen, mit dem größere Mengen zur gleichen Zeit destilliert werden konnten, stand halb im Freien, da sich die Apparatur ziemlich stark erhitzte; den dritten Ofen konnte man für längere Zeit unbeaufsichtigt lassen  – er hieß deshalb ›Fauler Heintz‹ –, da das verbrauchte Holz sofort durch das über einen Schacht nachrutschende Brennmaterial ergänzt wurde.
    Das gemeinsame Arbeiten erfüllte mich mit großem Glück: Für geraume Zeit war es so, als seien wir zwei Menschen, die gemeinsam den Ursprung der Welt

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