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Der Brennende Salamander

Der Brennende Salamander

Titel: Der Brennende Salamander Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingeborg Bayer
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Schnappsack steckte und eine Flasche mit Wein füllte.
    Vom besten, den ich im Keller finden konnte, sagte er spöttisch und machte einen Kratzfuß. Ihr erlaubt doch gewiß?
    Dann machte er sich daran, das Haus zu verlassen.
    Das Pferd bleibt aber hier, sagte ich ruhig, als er die hintere Tür öffnete. Es gehört nicht nur mir.
    Ich weiß, ich weiß, besänftigte er mich heiter. Es gehört auch Eurem Milchbruder, nicht wahr, wobei er ›Bruder‹ so dehnte, daß jedermann hätte annehmen müssen, daß ich mit Rocco f lorenze , wie das bei den Fremden hieß. Ich bekomme im nächsten Dorf ganz gewiß ein Pferd, fuhr er zuversichtlich fort und lief mit ausgebreiteten Armen auf die Felswand zu. Man braucht einen Zauberspruch, sagte er dann augenzwinkernd, kennt Ihr ihn?
    Da ich keinerlei Lust hatte, länger in der Kälte zu stehen und mir seinen Hokuspokus anzusehen, ging ich zu meiner Arbeit zurück. Ich malte bis in den späten Nachmittag hinein und war glücklich, daß ich die Hand der Jungfrau Maria einigermaßen hinbekommen hatte. Dann ging ich hinter das Haus, um wie üblich mein Pferd zu füttern.
    Aber die Stute war verschwunden. Der Strick, mit dem ich sie festgebunden hatte, hing zerfetzt am Haken.
    Ich spürte, wie der Zorn in mir emporstieg. Und obwohl mir hätte klar sein müssen, daß alles nicht so sein konnte, wie es im Augenblick schien, schrie ich diesen Zorn irgendwo in eine Richtung, von der ich annahm, daß Messer Noldani es hören konnte. Und Brigida auch. Einen Dieb heiratest du also, einen miesen kleinen Strauchdieb, für den dein Kopf völlig überflüssig ist. Einen, der dich gar nicht mehr zu heiraten braucht, weil er ein Alraunenmännlein besitzt, das er hegt und pflegt, als sei's ein Kind – und von dem er hofft, daß es ihm all das bringt, wozu deine Mitgift nicht ausreicht. Einen Dieb, den das Eigentum anderer Leute nicht einen Pfifferling schert.
    Ich blieb stehen, die Hände zu Fäusten geballt, und schaute in die Runde, weil ich immer noch hoffte, mein Pferd habe sich nur losgerissen und komme, wenn es mich hört, angetrabt. Aber plötzlich spürte ich ein leichtes Beben auf mich zukommen wie die heranrollenden Wellen am Strand. Bevor ich mich recht besinnen konnte, empfand ich das Beben stärker, ich fühlte, wie es einem Strom gleich durch meinen Körper hindurchfloß, als lösten sich dabei Schichten um Schichten. Die Schichten verrutschten in mir, ließen meinen Kopf wirbeln und gaben mir das Gefühl, auf einer schwankenden Eisscholle zu treiben, von der ich nicht sicher war, wo und ob sie sich irgendwo festhaken würde. Dann war alles zu Ende, so rasch, wie es gekommen war.
    Ich rannte in das Haus zurück, stolperte über die aufgeworfenen Fliesen im Flur, die nun fast senkrecht in die Höhe standen. Ich sah, daß die Wand, an der ich all die Tage über vom frühen Morgen an gearbeitet hatte, fingerdicke Risse zeigte: Meine Madonna, deren Arm und Hand ich mit so viel Hingabe gemalt hatte, streckte nun den Arm – ihm fehlte jetzt die Hand, als habe man sie, um einen Diebstahl zu sühnen, abgehauen – hilflos nach dem Jesuskind aus. Das Kind aber befand sich jenseits des Risses, als habe die Mutter es aus Unachtsamkeit fallen lassen. Gottvater starrte mit einem zerbrochenen Auge gen Himmel, und Petrus war in die Arme von Luzifer gerutscht, so daß es aussah, als küßten sie sich inbrünstig. Und da die Gesichter aller Figuren nur Skizzen und noch nicht ausgemalt waren, konnte man glauben, eine Schar von Hühnern habe hier im Sand gescharrt. Niemand würde sich je wieder dafür interessieren, wieviel Unzen Aquamarin wir nötig hatten, um Marias Gewand anzulegen.
    Ich spürte, wie mir die Tränen kamen. Nicht aus Erleichterung darüber, daß mir nichts geschehen war, sondern weil ich die Zerstörung meines Werkes kaum verkraften konnte.
    Ich rannte in den Wohnraum, zerrte am Fenster, das nun noch stärker klemmte als am Tag meines Kommens, und riß es schließlich auf. Ich beugte mich über die Brüstung, und ich wunderte mich nicht: Das Wasser schoß den Berg hinauf. Genau wie am ersten Tag.
    Und irgendwo weit in der Ferne wieherte ein Pferd.
    D AS H AUS AM A RNO
    Du hast also in ihrem Bett geschlafen?
    Das Tribunal begann am frühen Morgen. Es war Sonntag, und wir saßen außerhalb des zweiten Mauerkreises der Stadtmauer am Arno, wo wir immer zu fischen pflegten. Rocco hatte bereits zum erstenmal das Netz geleert und die gefangenen Fische sortiert, ich hoffte, später ein paar

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