Der Brennende Salamander
lächerlich, sagte Lazzaro und begann mit dem Schnitzen der Holzspieße. Was wollt ihr eigentlich aus ihr machen? Einen zweiten Leonardo? Einen zweiten Michelangelo? Nur weil sie als Kind irgendwann einmal mit einem Stöckchen ein paar Linien in den Sand gezeichnet hat, die ihr beachtenswert fandet? Habt ihr sie deswegen unter eure brüderlichen Fittiche genommen, und verschwendet ihr deswegen Zeit und Geld an sie? Für ein Lächeln, oder? Was anderes bekommt ihr gewiß nicht als Lohn, das ist euch vermutlich klar!
Leonello warf ihm zornig einen abgeschnittenen Fischkopf vor die Füße. Sie hat nicht nur ein paar Linien in den Sand gezeichnet, und wir sind auch nicht die einzigen, die sagen, daß sie durchaus fähig wäre, Malerin zu werden. Und weshalb sollte sie diese Kunst nicht ausüben können, wenn Gott ihr diese Gabe gegeben hat?
Gott! spottete Lazzaro und reckte die Hände in die Luft. Sie wird diese Kunst nie ausüben, weil sie eine Frau ist, fuhr er dann fort und blies die Späne von seinen Spießen. Gott hat ihr zu nichts anderem das Leben gegeben als zum Kindergebären und um einen Haushalt zu führen. Und das ist in der ganzen Welt so, überall. Ich sehe nicht ein, weshalb es bei uns anders sein sollte. Und eines dürfte feststehen – Lazzaro richtete sich drohend vor Rocco auf –, meinen Platz im Atelier bekommt sie nie.
Überflüssig, sich darüber aufzuregen, beschwichtigte ihn Rocco, und falls es dich beruhigt: Sie bekommt gar keinen Platz im Atelier. Glaubst du im Ernst, Mona Orelli würde das zulassen?
Ach ja, spottete Lazzaro und deutete auf Daniele, und wer breitet sich jeden Tag ein wenig mehr in meiner Ecke aus, damit mein Revier immer kleiner wird? Mein Licht im Atelier ist das beste, und das wird auch so bleiben. Schließlich war ich der erste in diesen Räumen.
Du vergißt, daß Rocco in unserer compagnia derjenige ist, der entscheidet, wer welchen Platz in diesem Atelier bekommt, sagte Daniele und brach das Brot in gleich große Stücke. Auch das ist überall auf der Welt so.
Lazzaro warf die Spieße auf den Boden und wandte sich mit einem wilden Fluch zum Gehen.
Mußtest du ihn unbedingt wieder herausfordern, sagte Rocco, als Lazzaro sich mit heftigen Schritten vom Ufer entfernte. Schließlich war er wirklich als erster von uns mit Mona Orelli bekannt. Und ich weiß bis heute nicht, wie bekannt er eigentlich mit ihr ist.
Hört auf damit! warf ich ein. Keiner von uns weiß, was wirklich los ist. Und wir leben immer noch von ihrem Geld.
Von seinem, korrigierte ihn Leonello.
Rocco rüttelte prüfend an dem Poller, befestigte das Tau und wusch seine Hände im Fluß. Deine Stute kam allein angetrabt, sagte er dann plötzlich, während er sich einen Platz an der Feuerstelle suchte, wo inzwischen die Fische brieten. Weshalb eigentlich?
Ich weiß nicht, erwiderte ich verärgert, dieser Bräutigam hat sie wohl mitgenommen.
Lazzaro kam mit einem Reisigbündel zurück und ließ es auf den Boden plumpsen, daß der Sand hochspritzte. Mitgenommen? Er lachte. Du hättest dich wie ein Verrückter gebärdet und wild in die Gegend geschimpft, hat er gesagt. Dabei war dieses störrische Pferd lediglich nicht richtig festgebunden. Er sagt, er habe gesehen, wie es nach dem zweiten Beben hilflos in der Gegend herumirrte.
Auf jeden Fall war es spurlos verschwunden, wie von einem Zauberer weggehext.
Leonello sagte: Vielleicht ist er ja auch einer. Es heißt, daß er ein Dukatenmännlein besitzt. Aber ich glaube es nicht.
Er besitzt eines, sagte ich. Ich habe es gesehen. Er hat es sogar gewaschen und mit Kleidern versehen.
Eine Zeitlang unterhielten wir uns über Alraunenmännchen und das Goldmachen, dann fragte Daniele nach dem Ringtag und ob wir es wohl erreichen würden, daß er ein drittes Mal verschoben würde.
Solange Messer Orelli auf Reisen ist, geschieht nichts, sagte Rocco und schob sich ein Stück Fisch in den Mund, solange sind wir sicher.
Aber sie ist mißtrauisch, diese Mona Orelli, gab Daniele zu bedenken. Wir wissen nie, ob sie nicht mit diesem Bräutigam am gleichen Strang zieht, und möglicherweise verlieren wir sogar noch unsere Bleibe.
Ein Mann, dem die Klugheit seiner Frau nichts bedeutet, ist nicht wert, daß er sie bekommt, entrüstete sich Leonello und fügte hinzu, er könne sich diesen Bräutigam sehr gut gevierteilt vorstellen. Wir stöhnten auf, da wir Leonellos Hang zu brutalen Todesarten bisweilen kaum ertrugen. Er hatte eine ganze Sammlung von Flugblättern
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