Der Brennende Salamander
voll Zorn deinen Namen rief, Barnabas rief, Barnabas! Und dann verdammte ich dich. Kochendes Blut tut nicht gut, sagte meine Amme.
Ich wachte verstört auf, sah sie neben meinem Strohsack sitzen. Sie strich mir behutsam über das Haar, über meine heißen Hände. Schlaf weiter! Kochendes Blut tut nicht gut, sagte sie dann noch einmal sanft.
Ich ließ mich zurückfallen. Mein Blut wird immer kochen, flüsterte ich schlaftrunken. Kochendes Blut tut gut. Wenn es kocht, weiß ich, daß ich lebe. Und im Halbschlaf ließ ich alle Klöster der Stadt vor mir Revue passieren, die ich noch nach dir absuchen könnte: die Klöster der Franziskaner, der Serviten, der Karmeliter, der Cölestiner, der Augustiner, der Mendikanten, der Zisterzienser, der Benediktiner, der Vallombrosaner, der Basilianer, der Brüder von der Reue Jesu Christu, der Silvestriner und alle Klöster, die im Norden vor dem zweiten Mauerkreis lagen.
Mein Wunsch ist also, du möchtest eines Tages erfahren, daß es mich gibt. Durch diese ricordanze sollst du von mir erfahren, eine ricordanze im umgekehrten Sinn, eine Erinnerung, niedergeschrieben vom Sohn für den Vater – wie ich hoffe, eine schmerzhafte Botschaft, die dir eines Tages sagt, wer dieser Sohn ist. Irgendwann muß alles abgegolten sein. Ich senke meine Fäuste. Ich feßle meine Zunge, damit sie nicht mehr schreit.
3.Ich erinnere mich an meine letzte Nacht im Ospedale.
Ich hatte bereits am Tag zuvor die wenigen Dinge, die mir gehörten, zusammengepackt und in meine neue Behausung gebracht. Der Raum, den mir mein Meister als Schlafkammer anwies, war winzig, aber er machte mich glücklich, weil ich zum erstenmal in meinem Leben für mich allein war. Daß esin diesem Raum im Sommer sicher kaum auszuhalten war, da er unter dem Dach lag, war mir klar, aber das gedachte ich klaglos hinzunehmen – ich hatte ein Reich, in dem ich Gonfaloniere war.
An diesem letzten Abend gingen Rocco und ich noch einmal in die Weinschenke nahe der Porta del duomo, wo wir sowohl den Malvasier fanden, einen Wein aus dem Friaul, den wir gerne tranken, wie auch den Trebbiano aus dem Neapolitanischen. Von dem gekochten Wein, dessen Alkoholgehalt besonders hoch war, hielten wir uns meist fern, bot man ihn Fremden an, so durfte man sicher sein, daß man sie in irgendeiner Sache hereinlegen wollte. Am sichersten war man natürlich bei toskanischem Wein, dessen Preis von der Behörde in jedem Vierteljahr neu festgesetzt wurde. Jetzt, im Frühsommer, war er nicht ganz so teuer wie im Spätsommer, da kostete er doppelt soviel wie im vorausgegangenen Herbst.
Wir hatten uns an diesem Abend beeilt, in die Schenke zu kommen, da nach dem Abendläuten jeglicher Weinausschank verboten war. Freitags waren die Schenken zum Gedächtnis an Christi Martyrium ohnehin bis zum Läuten der Terza geschlossen, am Karfreitag völlig.
Es war uns beiden klar, daß wir in Zukunft Mühe haben würden, uns zu treffen, da wir nun beide in entgegengesetzten Stadtteilen lebten. Ich wohnte am Corso de tintori, wo das Gewerbe der Färber seit dem Beginn des Trecento konzentriert war, nachdem die Betriebe früher nahezu über die ganze Stadt verteilt waren. Der Treffpunkt für die Färber war die Kirche Sant Onofrio, zu der auch ein Spital gehörte.
Weshalb ich mich diesem Beruf zugewandt hatte, begriff Rocco vermutlich auch an diesem Abend nicht. Es gibt kaum ein Gewerbe, bei dem es so viele Querelen gibt, sagte er kopfschüttelnd. Denke nur an den ständigen Ärger mit der Arte della lana, deren Meister die Tarife für das Färben ziemlich willkürlich festsetzen und ihren Verpflichtungen dann mit einem Hochmut sondergleichen nur alle vier bis fünf Jahre nachkommen! Die Färber hatten versucht, mit den Aschenbrennern und Krapphändlern eine eigene Zunft aufzubauen, aber nach einer kurzen Probezeit, die ihnen eingeräumt wurde, blieb alles wieder beim alten, und sie kamen erneut in die Abhängigkeit der Arte della lana.
Ich versuchte, Rocco klarzumachen, daß ich mir diesen Beruf ausgewählt habe, weil ich gerne mit Farben zu tun haben wollte, schließlich hatten wir gemeinsam die Faszination der Farben entdeckt und auf diese Art und Weise Daniele kennengelernt.
Du wirst nie wieder im ganzen Leben saubere Hände haben, widersprach Rocco. Du kannst machen was du willst, du bekommst sie nicht mehr sauber, genauso wie die Wollarbeiter den Uringeruch beim Bearbeiten der Wolle nie aus der Nase bekommen.
Die Haut wächst nach, sagte ich kühn, weil
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