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Der Brenner und der liebe Gott

Der Brenner und der liebe Gott

Titel: Der Brenner und der liebe Gott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Haas
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verantwortlich, dass man dir das anvertraute Kind aus dem Auto entführt hat.
     
    Dabei hätte der Herr Simon als Exkollege wissen müssen, dass der Peinhaupt auch nur seinen Job macht. Der muss das machen, ob er will oder nicht. Sicher, ein bisschen übermotiviert war der Peinhaupt beim Verhören schon, das ist klar. Nach der Blamage im Operationssaal natürlich der zweihundertprozentige Bulle, frage nicht. Der hat den Fall regelrecht an sich gerissen, und jedes einzelne Peinhaupt-Wort hat eine Härte und Konsequenz gehabt, als würde es direkt aus dem in letzter Sekunde doch nicht zerstörten Samenstrang schießen, sprich: Das Imperium schlägt zurück.
     
    Den Herrn Simon hat es ganz wahnsinnig gemacht, wie viel Zeit der Peinhaupt damit vergeudet, ihm einen Strick daraus zu drehen, dass er nicht früher angerufen hat. Weil alte Wahrheit, dass alles auf der Welt nur halb so lange brauchen würde, jede Arbeit ginge dreimal so schnell, wenn nicht immer ein Mann dabei wäre, der allen beweisen muss, dass er einer ist. Brauchst du dir nur den Peinhaupt anschauen. Mit der Energie, mit der er den Chauffeur auseinander genommen hat, hätte er schon zehn neue Helenas machen können. Nur die eine, um die es gegangen ist, hat er dabei ein bisschen aus den Augen verloren.
    Zumindest dem Herrn Simon ist es so vorgekommen.
    Weil schon das vierte Verhör, gleich nach der Verhaftung stundenlanges Verhör, in der Nacht Verhör, am Morgen Verhör und jetzt statt dem Mittagessen schon wieder Verhör. Als Exkollege hat er natürlich auch wieder alles von der Besserwisserseite aus gesehen, quasi Naturgesetz. Und ich muss ganz ehrlich sagen, er hat zwar der Kripo vorgeworfen, dass sie die Zeit mit ihm verschwendet, statt dass sie endlich die Entführer findet, aber er hat durch sein störrisches Verhalten auch nicht gerade dazu beigetragen, dass das Verhör ruckzuck über die Bühne geht. Weil wenn der Mensch ein schlechtes Gewissen hat, macht er meistens alles noch viel schlimmer. Und vor lauter schlechtem Gewissen und vor lauter Mann gegen Mann hat der Herr Simon die längste Ansprache seines Lebens gehalten.
    »Jetzt hast du mich schon dreimal gefragt, ob ich das Auto zugesperrt habe, und ich hab dir dreimal gesagt, ja, zugesperrt. Und bevor ihr noch mehr Zeit verplempert, sag ich es gleich noch ein viertes Mal: Das Auto war zugesperrt! Nicht offen! Zu! Ich hab in der Polizeischule auch gehört, dass >Verhör< von >verhören< kommt, aber ... «
    Das muss ich dir kurz erklären, wie das mit dem Verhören gemeint war. Weil alter Verhörtrick, dass man so tut, als ob man sich bei der ersten Antwort verhört hätte, und wenn jemand sagt, das Auto war zugesperrt, dann tut man fünf Minuten später so, als hätte er gesagt, es war nicht zugesperrt. Darum polizeiinterner Scherz: »Verhör« kommt von »verhören«. Und den Herrn Simon hat es natürlich gekränkt, dass der Peinhaupt ihm mit diesem alten Hut kommt. Er hat ja nicht wissen können, was der Peinhaupt gestern durchgemacht hat, sonst hätte er jetzt vielleicht nicht eine gar so lange Rede gehalten.
    »Und du kannst mich jetzt noch fünfmal fragen«, hat er, ich muss schon fast sagen, gebrüllt, »ob mir irgendwas aufgefallen ist, ob jemand hinter mir hergefahren ist, und ich werde dir noch fünfmal sagen, niemand ist hinter mir hergefahren. Und du kannst mich noch zehnmal fragen, warum ich nicht am Vorabend getankt habe, und ich werde dir zehnmal sagen, ich weiß es nicht, es war ein Versehen, es war keine böse Absicht, genauso wie es von euch keine böse Absicht ist, dass ihr hier eine Ewigkeit auf sinnlosen Fragen herumreitet, statt dass ihr das Kind sucht. Sondern ihr könnt es einfach nicht besser.«
    »Und das Auto war zugesperrt?«, hat der Peinhaupt seelenruhig gesagt und ihn blöd angeschaut, so wie man als Mann eine Frau anschaut, zu der man zum dritten Mal sagt: Und du bist dir ganz sicher, dass wir lieber zu mir als zu dir gehen sollen, obwohl sie schon zweimal gesagt hat, lass mich in Ruhe, du Arsch.
    Der Herr Simon war sich ehrlich gesagt nicht sicher, ob das Auto, bevor er es tausendmal auf- und zugesperrt hat, ganz am Anfang zu war. Aber Auto offen oder zu, das macht für einen Kriminellen ungefähr so einen Unterschied wie für eine Pistolenkugel die Frage, welchen Schutzfaktor die Sonnencreme hat, an der sie auf dem Weg in deine Stirn vorbeikommt.
    »Lass mich in Ruhe, du Arsch«, hat er dem Peinhaupt geantwortet.
     
    Weil er hat genau gewusst, dass es dem

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