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Der Brenner und der liebe Gott

Der Brenner und der liebe Gott

Titel: Der Brenner und der liebe Gott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Haas
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Bier gilt.
    Der Milan hat im Vorbeigehen gesagt: »Deine Frau telefoniert immer mit ihrem Freund. Jugo-Liebhaber!«
     
    Der Magere hat gelacht, weil er hat eh keine Frau gehabt, jetzt war die Bemerkung keine richtige Beleidigung, sondern sogar sehr nett vom Milan gemeint, der sonst oft dem Mageren gar keine Antwort gegeben hat, weil im Lauf des Tages wirst du als Tankwart müde im Hirn von deinen Shopsäufern.
     
    »Te te te te te te te!«, haben die Wurstfinger vom Bauchredner wieder gemacht. Da waren es bestimmt schon fünfzehn Minuten, seit der Jimi Hendrix zum letzten Mal gesungen hat, und der Herr Simon hat sich immer noch nichts dabei gedacht. Wie der Milan mit dem Espresso gekommen ist, hat der Brenner ihn gefragt: »Und die Frau, wie heißt sie?«
    »Wie heißt deine Frau?«, hat der Milan die Frage grinsend an den Mageren weitergegeben.
    »Angelina Jolie.« Der Magere hat dabei so seriös dreingeschaut, als hätte er gerade bei der Notaufnahme im Krankenhaus den Namen seiner Frau bekannt gegeben. »Heidi Klump«, hat der Fette seine Frau auch gleich vorgestellt.
     
    Aber dem Herrn Simon war nicht zum Lachen. »Die Frau auf dem Überwachungsvideo«, hat er den Milan gedrängt. »Die Rothaarige, die jeden Tag einkaufen kommt.« »Keine Ahnung. Sie wohnt gleich da drüben. Ich sehe sie immer in das Haus hineingehen. Aber wie die heißt, keine Ahnung. Sie kommt oft zweimal am Tag und kauft-«
     
    Was die kauft, das hat der Herr Simon nicht mehr gehört. Aber das kann man ihm nicht zum Vorwurf machen, weil es ist ja von dem gewaltigen Schrei übertönt worden und von dem lauten Scheppern, mit dem das CD-Regal und die Feuerzeugbox und das Taschenlampen-Sonderangebot und der Glückslose-Automat und die Schlüsselanhänger auf den Boden geknallt sind.
     
    Nicht überhören hätte er vorher sollen, dass sein Handy verstummt ist, seit er am Shopklo war. Das Shopklo picobello sauber, da gibt es gar nichts, aber pass auf, der Herr Simon hat das Handy draußen am Stehtisch liegen gelassen, und wie er aus dem Shopklo zurückgekommen ist, hat er sich nichts dabei gedacht, dass es nicht mehr klingelt. Da muss man schon fast seinem Unbewussten die Schuld geben, da hat ja jeder Mensch geheime Wünsche, frage nicht, und womöglich wollte er endlich erwischt werden, womöglich hat er es sich sogar irgendwo ganz weit hinten in seinem Kopf gewünscht, dass der fette Shopsäufer die Gelegenheit ergreift und aus Jux den Anruf annimmt, während er am Klo ist.
     
    Der Herr Simon ist dem Shopsäufer später auch nie böse dafür gewesen. Im Gegenteil, er hat ihn ja nach dem Begräbnis sogar eingeladen. Auf sich selber ist er böse gewesen, und ich muss auch sagen, einer, der früher einmal bei der Kripo war, darf in so einer Situation nicht einfach froh sein, dass das Handy nicht mehr nervt. Weil wenn ein penetranter, über eine Stunde gehender Telefonterror auf einmal aufhört, dann musst du dich immer fragen, warum. Das ist, wie wenn der Ehepartner nicht mehr keppelt, dann weißt du, er betrügt dich. Und wenn die Angehörigen deines entführten Kindes nicht mehr anrufen, dann weißt du, sie haben dich.
     
    Der Herr Simon hat es erst in dem Moment kapiert, wie der Polizist ihn von hinten derart brutal zwischen den Beinen gepackt hat, dass er hinter seinem Schmerzensschrei die Frage des Polizisten gar nicht richtig verstanden hat, obwohl der ihm ins Ohr gebrüllt hat: »Wo hast du das Kind?«
     
    Aber ich sage, dem Peinhaupt ist es in der Sekunde gar nicht in erster Linie um eine sofortige Antwort gegangen. Sondern er hat auch die Schmach abbauen müssen, dass ihn seine zwei Kollegen, die jetzt draußen die Fluchtwege gesichert haben, also der Zand Erich den Shopeingang und der Sykora den Hintereingang, an diesem verfluchten Morgen auf dem Sterilisationstisch überrascht haben. Für den Peinhaupt ist die Panik der Klinikchefin nach dem gespenstischen Telefonat mit dem Shopsäufer natürlich die Chance zur Rehabilitierung gewesen. Und da greifst du vielleicht etwas fester zu, obwohl du noch gar nicht weißt, dass du gerade vor dem größten Fall deines Lebens stehst.
     

6
     
    Zu den weniger sympathischen Seiten am Menschen gehört, dass er oft einen Zorn auf das eine hat, aber ihn an was anderem auslässt. Du gibst der Bierdose einen Tritt, weil deine Wurstsemmel mehr Haut als Wurst enthält. Du schreist deine Ehefrau zusammen, weil die Geliebte eine blöde Frage gestellt hat. Oder du machst den Polizisten dafür

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